Ranch des Schicksals (3-teilige Serie)
Immer wenn sie und Logan stehen blieben, graste er, und wenn sie sich ins Gras setzten, lauschte er ihrem Gespräch und sah die zwei Menschen aufmerksam an.
Die Abendstimmung in der Prärie war wunderbar friedlich. Der Wind blies Mary das Haar ins Gesicht. Logan betrachtete es. Sie hatte eine schlichte herzergreifende Schönheit, die ihm immer bewusster wurde, je länger er sie kannte.
„Meine Schwester mag dich übrigens“, sagte er unvermittelt, da ihm nichts anderes einfiel, um seine Bewunderung zum Ausdruck zu bringen. Auf Komplimente stand sie bestimmt nicht. „Sie hält dich für eine Heldin, weil du das Leben anderer Menschen rettest.“
„Das ist vor allem den Hunden zu verdanken.“ Mary stützte die Unterarme auf die Knie. „Auch wenn sie natürlich nicht bewusst den Retter spielen.“
„Woher willst du das wissen?“
„Sie tun es nur, weil ihr Ausbilder es von ihnen verlangt. Aus Respekt für den Menschen, der sie füttert.“
„Menschen wie du haben meinem Neffen das Leben gerettet. Wenn du also zurückgehst …“ Logan brach ab und erlaubte sich, das „wenn“ innerlich durch ein „falls“ zu ersetzen.
„Sallys Wettbewerb ist genauso lebensrettend“, sagte Mary. „Für die Wildpferde, meine ich.“
„Na hoffentlich. Dein Vater hat wegen des Pachtlands nämlich eine Petition beim Amt für indianische Angelegenheiten eingereicht“, antwortete Logan. „Und er hat sehr mächtige Freunde.“
„Meinst du etwa Senator Perry? Die beiden kennen sich schon ewig.“
„Wie dem auch sei, er hat gute Verbindungen zum Landesverwaltungsamt. Perry gehört zum Ausschuss für Energie und nachhaltige Ressourcen. Er sitzt auf einem Gesetz, welches das Landesverwaltungsamt dazu zwingen könnte, Wildpferde und Esel zu schützen, anstatt nur dieses halbherzige Adoptionsprogramm zu lancieren. Es heißt ROAM-Act, Gesetz zur Erhaltung der amerikanischen Mustangs.“
„Wirklich?“
„Ja. Interessanterweise waren es Frauen, die sich dafür starkgemacht haben. Eine von ihnen hat den Stein überhaupt erst in Rollen gebracht, in den Fünfzigerjahren schon. Wir nannten sie Wild Horse Annie. Sie wollte verhindern, dass die Mustangs ausgerottet werden.“
„Logan, ich bin nicht mein Vater“, sagte Mary leise.
„Das wissen wir.“
„Wer ist ‚wir‘?“ Mary lachte kurz auf. „Der Name Tutan ist berüchtigt. Zumindest hier in der Gegend.“
„Dann ändere etwas.“ Als Mary ihn verwirrt ansah, zuckte Logan die Achseln. „Indem du einen anderen Namen annimmst, zum Beispiel. Das ginge auf verschiedene Weise. Durch Heirat oder Adoption …“
„Dann adoptier mich doch“, sagte sie lachend. „So etwas macht ihr doch öfter, oder? Fremde in euren Stamm aufnehmen?“
„Das war noch nicht einmal bei meinen Söhnen möglich. Ich habe sie auf staatlichem Wege adoptiert, ganz legal. Wenn ein Weißer behauptet, von den Sioux’ adoptiert worden zu sein, dann lügt er schlicht und ergreifend.“ Logan hob die Augenbrauen. „Was zählt, ist Blutsverwandtschaft.“
„Ich dachte, ihr seid der Auffassung, dass wir letztlich alle miteinander verwandt sind.“
Logan musste lachen. „Das würde ja dem, was wir vorhin gemacht haben, eine ganz neue Bedeutung geben.“
„Ich dachte nur, ich hätte das mal irgendwo gehört.“
„Du hast recht. Mitakuye Oyasin , ich bin mit allen verwandt.“ Logan setzte sich auf und wandte den Blick ab. „Wenn ich dich heiraten würde, bekämst du automatisch meinen Namen.“
„Und wenn ich meinen behalten will? Dann bliebe mir nur übrig, den Ruf des Namens Tutan zu verbessern.“
„Wenn das jemand schafft, dann du.“ Logan schnalzte mit den Fingern. „Zack. So wie du meine Schwester erobert hast.“ Er stand auf. „Und ihn. Dein Körper hat ihm irgendeine Botschaft verraten.“
Mary erschrak. „Ich …“
„Keine Sorge“, unterbrach er sie rasch. „Ich bin nicht eifersüchtig.“ Beruhigend legte er ihr eine Hand auf die Schulter.
„Wo gehen wir jetzt hin?“
„Das liegt ganz bei der Leitstute. Los, such uns grüneres Gras.“
Nachdem Adobe aus dem Bach getrunken hatte, ließ er sich friedlich in den Roundpen zurückführen. Er wirkte anders als noch vor dem Ausflug – irgendwie authentischer, mehr bei sich selbst. Seine Welt passte perfekt zu ihm, und wenn er auch nicht mehr in ihr leben konnte, tat es ihm doch gut, ihr ab und zu einen Besuch abzustatten.
Logan legte grundsätzlich Wert darauf, seinen Pferden den Übergang von einer Welt in
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