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Rangun

Rangun

Titel: Rangun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Monson
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können uns nicht leisten -«
    Er winkte mit einem Finger. »Hier herein. Ich habe mich mal umgesehen.«
    Sie folgte ihm in einen Nebenraum, der mit großen Teakpanelen gesäumt war, geschnitzt mit Szenen aus dem Leben Buddhas. Helle Lackfarben und Vergoldung ließen den Raum trotz seiner Düsternis fröhlich wirken. Sonnenstrahlen fielen zu beiden Seiten des Raumes durch Jalousien auf einen langen, schweren Tisch, der von geschnitzten Lotusblüten getragen wurde, in die sich Ranken wanden. Die Lotusblätter waren üppig mit Elfenbein eingelegt. Lysistratas Gesicht erhellte sich. »Wie wundervoll!« Staunend fuhr sie mit ihren Fingern über die kunstvolle Intarsie von Pflanzen und Tieren auf der Tischoberfläche. »Sogar die Vogelschnäbel und die Affenaugen sind vergoldet. Hier ist ein Elefant mit echten Elfenbeinstoßzähnen. Und ein vergoldeter Leopard.«
    Ihr Vater lächelte merkwürdig. »Das ist keine Vergoldung.«
    Ihre Finger verharrten abrupt. »Du meinst doch nicht...?«
    Er nickte. »Auch an den Wänden. Wenn ich nur ein bißchen mit meinem Taschenmesser kratze, hätten wir für mehrere Jahre ausgesorgt.«
    Sie wirbelte zu ihm herum. »Papa, du denkst doch nicht etwa daran...?«
    Das merkwürdige, schiefe Lächeln tauchte wieder auf. »Natürlich denke ich... aber wenn ich auch Arzt bin und vielleicht ein Bettler, so bin ich doch kein Dieb.«
    Sie lächelte wie er, ging dann zu ihm und schlang ihre Arme um seinen Hals. »Und das wirst du auch nicht sein«, murmelte sie zärtlich, »doch sollte dieser Tag je kommen, werde ich die Beute tragen, Kumpel.«
    Er hielt sie fest, tätschelte dann ihr Gesäß. »Du hast schon genug schlechte Angewohnheiten von mir übernommen, Miß.« Er schob sie sanft zu einem scharlachroten Lackstuhl, einem von fünfen, die wahrscheinlich von einem Set von acht oder zwölf übriggeblieben waren. »Das Essen dürfte in Kürze serviert werden. Ich sah, wie San-hla es im Garten pflückte.« Als er sah, daß Lysistrata etwas niedergeschlagen wurde, hob er eine Braue. »Komm, frisches Obst nach diesen Wochen auf See ist nicht so schlecht.«
    Sie stützte ihr Kinn auf eine Hand. »Oh, ich beklage mich nicht, Papa. Wir können froh sein, daß das Haus hinten eine Speisekammer hat, aber ich bezweifle, daß es sechs Personen einen Monat lang ernähren kann. Und selbst wenn es das kann, würden unsere Verdauungsorgane rebellieren.«
    Herriott warf ihr einen seltsamen Blick zu. »San-hla ist nur eine drittel Person, und die Verdauung ihrer Familie scheint nicht übermäßig zu leiden. Natürlich muß es ein üppiges Angebot von einfachen, billigen Nahrungsmitteln auf ihren Märkten geben. Wenn wir einheimische Kost essen, wird es uns ebenso gut wie den Einheimischen gehen, sobald wir uns erst einmal daran gewöhnt haben.«
    Die erschwinglichen Hühnchen in Madras mußten in Kublai Khans Jugend geschlüpft sein, wollte sie protestieren. An denen waren nur glänzende Knopfaugen und Knochen. Aber sie schwieg. Dr. Herriott glaubte an die Vorsehung und daran, daß das Blatt beim Poker sich wendete. Manchmal war diese verbissene Zuversicht alles, was ihnen blieb, und sie war sich dessen bewußt. »Was ist mit U Pho?« fragte sie. »Meinst du, wir sollten ihn behalten?«
    Was immer er geantwortet haben würde, blieb durch Ma Saws Auftauchen im Türeingang ungesagt. In jeder Hand hielt sie geschickt ein Banjanblatt, gefüllt mit geschältem Obst, Fisch und Reis. Hinter ihr folgte Sein mit einer gelben Porzellanteekanne und zwei ungleichen billigen Tonteeschalen. Während Ma Saw die behelfsmäßigen Teller auf trug und Sein Tee einschenkte, überlegte Lysistrata, ob ihr Auftauchen berechnet gewesen war, um eine Entscheidung wegen U Pho zu verhindern.
    »Sie wollen sie bleibt, Sie brauchen mehr?« Ma Saw deutete auf ihre Tochter und Sein schaute Dr. Herriott ernst an.
    Er nahm den Blick seiner Tochter wahr. »Das ist nicht nötig, danke, Ma Saw«, er zwirbelte seinen Schnurrbart, »obwohl Seins Schönheit eine Zierde jeden Raumes ist.«
    Lysistrata merkte, daß letzteres amüsiert hinzugefügt war und betrachtete die Glasur der Teekanne.
    Nachdem die Birmesen gegangen waren, sah Dr. Herriott den hingerissenen, konzentrierten Gesichtsausdruck seiner Tochter, während sie ihren Tee nippte. »Was überlegst du, Lysistrata?«
    »Oh, ich denke nur daran, daß ich diese Art Porzellan im Athenäum von Boston gesehen habe. Der Führer sagte, es sei exklusiv für die Kaiser von China gefertigt.« Ihre Lippen

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