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Rangun

Rangun

Titel: Rangun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Monson
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abrupt und ging zu dem Sideboard, wo sie wie erwartet fand, wonach sie suchte.
    Etwas später kamen die beiden Ärzte in den Salon geschlendert, noch immer in ein Gespräch über die neuesten chirurgischen Techniken in Bosten vertieft. Lighters Kiefer verharrte mitten im Satz. Lysistrata hatte eine seiner dicksten Zigarren zwischen Zeige- und Mittelfinger geklemmt und blies einen Rauchring in die Luft. Ihre Nase war in einer Medizinzeitschrift vergraben, und ihre übergeschlagenen Füße ruhten auf einem dick gepolsterten Sessel. Sie blickte gleichgültig auf. »Eine mittelmäßige Havanna, Dr. Lighter, aber ich muß sagen, daß meine jungfräuliche Tante Agatha einen Sherry brennt, der kräftiger ist, als dieser Brandy.« Sie nahm einen Schluck aus dem Glas nahe ihrem Ellenbogen. »Papa, wir müssen noch einen guten Brennofen im Garten bauen.«
    »Lysistrata«, seufzte Herriott, als der Wagen zurück zur Loo Gow Street rollte, »willst du, daß ich entlassen werde, bevor ich überhaupt angefangen habe?«
    Sie lachte freudlos. »Lighter wird dich nicht entlassen, Papa. Er hat bereits unsere Passage bezahlt. Ich garantiere dir, daß er nicht einmal auch nur einen Extrapenny für eine Briefmarke ausgeben würde, um eine Anzeige wegen Ersatz aufzugeben. Um entlassen zu werden, müßtest du wahrscheinlich versehentlich die Eingeweide eines Patienten in seine Ohren stopfen, aber du bist ein zu guter Arzt. Du wirst ihm keinen Grund geben, dich los zu werden.«
    »In Boston brauchten sie keinen Anlaß.«
    »Du warst mit einer Rebellin verheiratet, und dein ältester Sohn war ein Rebell. Lighter ist Ire. Der kümmert sich nicht um amerikanische Streitigkeiten.« Sie drückte seine Hand. »Wenn er Vorurteile hat, dann hat er dich wahrscheinlich eingestellt, weil er glaubte, du seist ein Rebell.«
    Er lachte schief. »Da magst du recht haben. Als wir im Arbeitszimmer waren, erklärte er sich einverstanden, mir auf mein erstes Monatsgehalt einen Vorschuß zu geben.«
    Sie faßte ihn fester an. »Gott sei Dank... was ist mit Tellern? Hast du daran gedacht, zu fragen...?«
    »Geschirr kommt zum Lunch. Es war ihm sehr peinlich, weil er das vergessen hatte.« »Allerdings«, erwiderte Lysistrata trocken. »Stell dir vor, wenn ich die hiesigen Damen dazu einlade, Tee aus Kokosnußschalen zu nippen.«
    Herriott lachte und tätschelte ihre blaßgrüne Wange. »Wie war die Zigarre?«
    Sie lächelte freudlos. »Ich denke, ich hätte besser einen Regenschirm geraucht.«

KAPITEL 2
Ost begegnet West
    Auf ihrer Stirne brennt ein Feuer, nach vorne richtet sie den Blick stellt sich dem künftigen Geschick, fügt sich den Dingen, die ihr teuer
    ALFRED, LORD TENNYSON
    Wie Dr. Lighter vorhergesagt hatte, ließ die erste gesellschaftliche Verpflichtung der Herriotts nicht lange auf sich warten; Lysistrata, die mit der Organisation ihres Haushaltes beschäftigt war, bedauerte das nicht. Sie vermutete, daß die Einladung der Frau des britischen Kommissars sowohl aus Neugier als auch aus Höflichkeit erfolgte. Nach zwei Wochen in Rangun hatte sie bereits festgestellt, daß Lighter die Stellung einer Frau in der örtlichen europäischen Gemeinde genau geschildert hatte. Man lebte noch abgeschiedener als in Boston. Jedes neue Gesicht, sogar das ihre, mußte deshalb eine Abwechslung sein. Und wenn man auch nicht willkommen war, so war man doch zumindest ein neues Thema für Klatsch.
    Sie merkte das sehr bald. So sorgte sie für Aufsehen auf einem Marktplatz nahe der Merchant Street, wohin sie Ma Saw begleitete, um Lebensmittel zu kaufen. Als Lighter von ihrer Absicht erfuhr, informierte er sie, daß europäische Frauen ihre Diener zum Einkäufen schickten, und selbst elegante Ladenbesitzer vom Fytche Square wurden oft in europäische Häuser zitiert, um Stoffe, Juwelen und Kunstgegenstände privatim zu zeigen. Sie spottete: »Wie sonderbar, daß sie die >Verunreinigung< durch Einheimische meiden, aber Ruhr und Cholera zu ihren Dinnerpartys einladen.« Ihrem Vater gestand sie, daß sie weniger an Hygiene als an Ablenkung interessiert sei.
    Am folgenden Tag wurde sie auf dem bunten,lauten Marktplatz nicht enttäuscht. Sie stieg zwischen von Ochsen
    gezogenen Gharries, die hoch mit Bananen, Ananas, Bael und Papaya beladen waren, aus der Rikscha und blieb fasziniert stehen. Wie lockender Weihrauch würzten unter hellen Sonnenschirmen Körbe mit Safran, Betelnuß und Gelbwurz die Luft. Ihrer Nase folgend wanderte sie verträumt durch den Bazar, wobei Ma

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