Rangun
kämpfen mit den verheerendsten Seuchen der Menschheit, so wie wir Tee trinken. Cholera, Typhus, Lepra, Ruhr, Malaria, Elefantiasis und eine Unmenge von Dschungelkrankheiten, von denen Sie noch nie gehört haben oder die Sie sich wahrscheinlich nicht vorstellen können. Ho Lung Chi, der Kaufmann, der Ihr Haus besaß, starb mit zwei Dritteln seines Haushaltes in nur zwei Wochen an Cholera. Da er keine Erben hatte, vermachte er seinen Besitz dem Krankenhaus, ein seltener Akt von Dankbarkeit, der durch fast nutzlose Pflege erbärmlich schlecht belohnt wurde.« Er nahm tapfer einen Schluck von seinem schrecklichen Wein. »Fast das ganze Land leidet unter Unterernährung und mehr als ein
Drittel der Kinder erleben ihren ersten Geburtstag nicht. Ich will Sie nicht erschrecken, Miß Herriott, aber dieser Teil der Welt birgt Gefahren, die Sie besser erkennen sollten.«
»Ich habe mit den meisten der von Ihnen genannten Krankheiten tatsächlich nie zu tun gehabt, aber ich habe Typhus, Diphtherie und Scharlachfieberepidemien durchgemacht. Keine Krankheit ist schön, Dr. Lighter, und würde ich in Boston leben wollen, hätte ich dort bleiben sollen. Nun, Sir, wie Sie zugeben, brauchen Sie ausgebildetes Personal, und ich bin ausgebildeter als die meisten, sicher mehr, darauf wette ich, als die meisten Einheimischen.« Sie schwieg und stellte dann ruhig fest: »Ich brauche das Geld.«
Er betrachtete teilnahmslos ihren zerknautschten Serge. »Ich darf das so verstehen, daß Sie meinen, das Einkommen Ihres Vaters als Chirurg wird für Ihre Bedürfnisse nicht ausreichen.« Er runzelte die Stirn. »Ich hatte angenommen, als er zusagte...«
»Ich bin mit meinem Gehalt völlig zufrieden, Doktor«, fiel Herriott schnell ein. »Meine Tochter wollte damit nicht sagen, daß wir für Ihre Bemühungen undankbar sind.« Er lächelte schief. »Aber, sehen Sie, wir hatten nicht erwartet, Dienerschaft zu bekommen, und wir sind unvorbereitet. ..«
»Ah.« Lighters Gesicht erhellte sich. »Das ist kein Problem. Die kosten Sie nicht mehr als ein paar Kyat.«
Herriott schnitt ein Gesicht. »Unglücklicherweise sind das diesen Monat ein paar Kyat mehr, als wir uns leisten können.«
Lighter stellte nüchtern fest: »So knapp, ja?«
»Werden sie Schwierigkeiten haben, neue Arbeitgeber zu finden, wenn wir sie entlassen?« fragte Lysistrata. »Ich pflege meinen Haushalt immer allein zu führen und bin kein Personal gewöhnt.«
Lighter schüttelte den Kopf. »Sie werden feststellen, daß es in diesem Klima fast unmöglich ist, ein Haus ohne Hilfe anständig zu führen. Allein die Arbeit im Garten kann Sie völlig beanspruchen. Wegen der Größe von Chis Bungalow brauchen sie ihre gesamte Zeit zum Putzen. Die Fenster zum Beispiel...«
»Vielleicht könnten wir einige Räume einfach abschließen.«
Lighter schüttelte nachdrücklich den Kopf. »Schimmel, Ungeziefer und Holzfäule gefährden die Häuser hier. Da es Eigentum des Hospitals ist, muß das Haus erhalten werden.«
Lysistrata starrte ihn ausdruckslos an. Der alte Knicker hatte sich also mit einem Chirurgen ohne Extrakosten auch eine Haushälterin verschafft. Keine westliche Frau, die Selbstachtung hatte, würde zulassen, daß ihr Wohnsitz verkam, wie es eine Frau aus dem Osten vielleicht tat. Sie war kaum in der Position, zu widersprechen. Er erwartete zumindest nicht, daß sie die Arbeit alleine tat, aber sie war dennoch wütend.
Lighter schien ihre Gedanken zu lesen. »Natürlich werden Sie sich gelegentlich Unterhaltung wünschen. Die kleine europäische Gemeinde hier ist engverbunden. Man wird Sie einladen und erwartet, daß Sie sich revanchieren.« Er hielt inne und fügte lakonisch hinzu: »Besonders Frauen finden das Leben im Osten ohne solche Zerstreuung einsam.«
»Ich halte Krankenpflege«, rächte sich Lysistrata, »für sehr zerstreuend und für entschieden nützlicher.«
Lighters Mund verzog sich stur. »Ich bedaure. Das steht völlig außer Frage. Wenn Sie hier eine Weile gelebt haben, werden Sie mir für meine Ablehnung danken.« Er schob seinen Stuhl zurück und erhob sich. »Dr. Herriott, begleiten Sie mich auf einen Brandy und eine Zigarre ins Arbeitszimmer?« Er blickte Lysistrata kurz an. »Sie werden ein recht neues Exemplar des Tatler im Salon interessant finden, Miß Herriott. Mein Diener wird Ihnen Tee bringen.«
Derart rücksichtslos abgeschoben, durchbohrte Lysistrata Lighters Rücken mit Blicken, als er ihren Vater aus dem Zimmer geleitete. Sie erhob sich
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