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Rasant und Unwiderstehlich

Rasant und Unwiderstehlich

Titel: Rasant und Unwiderstehlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecily von Ziegesar
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Augen zu schließen und eine Zeitreise in die Vergangenheit zu unternehmen. Ins alte Rom. In die Zwanzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts. Nach Woodstock. Pompeji. Egal wohin, solange es nur nicht Waverly in der Jetzt-Zeit war.
    Wenn es wenigstens Heath gewesen wäre, der ihr Techtelmechtel mit Kara in die Welt hinausposaunt hätte, dann hätte sie stinksauer sein können anstatt so grässlich niedergeschlagen. Sie wollte es jemandem heimzahlen, irgendjemandem. Egal wem, außer Kara, auch wenn es im Grunde allein Karas Fehler gewesen war, Callie anzuvertrauen, was sich da in aller Heimlichkeit zwischen ihnen entwickelt hatte. Kurz spielte Brett mit dem Gedanken, auf Callie wütend zu sein, weil die so oberflächlich war und zu besoffenem Klatsch neigte, aber auch das befriedigte sie nicht wirklich.
    Sie lehnte sich in ihrem unbequemen hölzernen Schreibtischstuhl zurück und drückte die Wirbel gegen die harten Holzlatten. Sie mochte Kara wirklich, aber waren sie jetzt so etwas wie ein Liebespaar ? Waren sie zum Paradebeispiel eines lesbischen Pärchens in Waverly geworden? Vor ihrem inneren Auge sah sie einen Waverly-Gästeführer, der einen Trupp Anwärter samt Eltern über den Campus schleifte und schließlich zu Bretts Fenster hinaufzeigte und tönte: »Willkommen in Dumbarton, der stolzen Residenz des einzigen lesbischen Paares in Waverly!«
    Brett ließ die Stirn auf die kühle Oberfläche ihres Schreibtischs sinken, und ihre Hände umfassten die kurzen roten Rattenschwänzchen, zu denen sie ihr Haar am Morgen zusammengebunden hatte. Sie kam sich vor wie Pippi Langstrumpf, nur dass Pippi wahrscheinlich keine Mädchen küsste. Immerhin hatte Tinsley den Anstand gehabt, sich zu verziehen. Als Brett am Morgen matt aus dem Bett gekrochen war, hatte sie ein erfreulich leeres Zimmer begrüßt, in dem nur noch ein Hauch von Tinsleys Yves St. Laurent Baby Doll gehangen hatte.
    »Hallo?« Kara Whalens Gesicht erschien in der Tür. Sie trug eine katzenaugenförmige Hornbrille, die ihre großen grünlich braunen Augen noch größer wirken ließ, und ihr Blick glitt nervös durch den Raum. »Ist Tinsley in der Nähe?«
    »Die ist weg.« Brett setzte sich wieder auf und zwirbelte einen der Rattenschwänze um ihren Finger.
    Kara wirkte erleichtert. »Dachte ich mir’s doch, dass ich sie draußen im Innenhof gehört habe.« Zögernd setzte sie sich auf Bretts Bett. Sie trug ein eng anliegendes NYU-T-Shirt, das ihre Rundungen betonte, und eine ausgewaschene Jeans.
    »Ich hab dich noch nie mit Brille gesehen.« Brett schob ihr Lateinbuch beiseite und wandte sich Kara zu. »Sehr sexy.« Sie merkte, wie sie rot wurde. Himmel, musste sie unbedingt sexy sagen?
    »Danke.« Kara grinste. Sie schob die rote Haarspange zurecht, die eine Strähne ihres seidigen honigblonden Haars aus der Stirn hielt, und Brett musste daran denken, wie sie das Haar ihrer Puppen mit Büroklammern festgeklammert hatte, als sie ein kleines Mädchen gewesen war. »Von dem ganzen Rauch haben meine Augen gebrannt. Ich hab meine Linsen heute Morgen nicht einsetzen können.«
    Brett nickte stumm. Sie wollte nicht mehr an gestern Abend denken. Während ihrer ersten zwei Jahre in Waverly hatte sie ständig in der Angst gelebt, die feine Waverly-Welt könnte herausfinden, dass sie die Tochter eines schnöden neureichen Schönheitschirurgen war und ihre Kindheit in einem kitschigen Pseudo-Herrenhaus in New Jersey verlebt hatte. Inzwischen erschien Brett ihre vergoldete Leopardendruck-Vergangenheit gar nicht mehr als so großer Makel. Sie strich die Knitter aus ihrer weißen Theory-Bluse. Es hatte gebrannt. Sie hatte eine Loverin . Ihre Vergangenheit war da das geringste Übel.
    »Ich hab dich gar nicht beim Frühstück gesehen.« Kara griff nach einer Ausgabe von Absinth , dem abgehobenen Literaturmagazin von Waverly, das auf Bretts Nachttisch lag, und blätterte es durch. Brett las die Zeitschrift fast nie, doch sie landete bei ihr wie bei allen Waverly-Eulen regelmäßig im Briefkasten, und Brett ließ sie gerne offen herumliegen. Sie fand, dass es sie vielleicht interessant und besonders wirken ließ. Angesichts der jüngsten Ereignisse musste sie allerdings wahrscheinlich nie mehr irgendjemanden davon überzeugen, dass sie besonders war. Kara musterte Brett über den Rand ihrer Brille.
    Brett stand auf und streckte sich. Ihre nackten Zehen gruben sich in den weichen mintgrünen Chenille-Läufer. Sie hatte das Frühstück bewusst ausfallen lassen, in der

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