Ratgeber Neuropsychologie
durch technische Hilfsmittel, durch Umgestaltung des Arbeitsplatzes und des Arbeitsumfeldes und durch rechtzeitige Pausen geholfen werden kann. Besonders wichtig ist vor allem, dass der Neuropsychologe den Patienten Geduld und Zuversicht vermittelt und ihnen hilft, die vorhandenen Fähigkeiten zu erkennen und besser zu nutzen.
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Was ist eine
neuropsychologische Untersuchung?
Am Beginn jeder Behandlung steht die Diagnose. Dieser Leitsatz aus der Medizin gilt auch für die Neuropsychologie.
In den ersten Sitzungen einer neuropsychologischen Behandlung findet mittels der neuropsychologischen Untersuchung (auch Testung und testpsychologische Untersuchung genannt) eine genaue Bestandsaufnahme statt, was ein Patient noch kann oder nicht mehr kann. Dabei werden sowohl standardisierte Testverfahren mit Alters- und Geschlechtsnormen zur Einordnung der individuellen Leistungen (z.B. wie bei einem Cholesterinwert) aber auch ganz individuell auf die Situation des einzelnen Patienten zugeschnittene hypothesengeleitete Testverfahren eingesetzt. In der neuropsychologischen Untersuchung werden die verschiedenen Funktionsbereiche des Gehirns wie die Sinneswahrnehmung, die Bewegungskoordination, die Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Lernfähigkeit, das Planungs- und Problemlösungsverhalten, das Denk- und Sprachvermögen, die Gefühlsverarbeitung und die Persönlichkeitseigenschaften systematisch untersucht. Eine solche Untersuchung dauert in der Regel mehrere Stunden, oft über zwei oder mehr Termine verteilt.
Dabei sitzt der Neuropsychologe mit dem Patienten an einem Tisch oder neben dem Bett, sofern der zu Untersuchende noch bettlägerig ist. Der Neuropsychologe braucht für seine Arbeit keine Nadeln, keine Elektroden noch sonst irgendein schmerzhaftes Werkzeug. Seine Untersuchungsmethoden sind – wie Fachleute sagen – „nicht invasiv“. Bei der Untersuchung der Wahrnehmungsfunktionen zeigt der Neuropsychologe Gegenstände, Bilder, Symbole oder Wörter und bittet den Patienten, seine Wahrnehmung zu benennen. Eine Testung des Gedächtnisses besteht in der Regel darin, dass dem Patienten eine Liste von Wörtern oder eine Reihe von Gegenständen dargeboten wird. Er wird gebeten, sich die Wörter oder Gegenstände zu merken und anschließend im freien Abruf wieder zu geben. Wird dieser Vorgang wiederholt, erhält man neben der unmittelbaren Merkspanne auch Auskunft über die Lernfähigkeit und über längerfristiges Behalten. Eine Untersuchung des Problemlösens und des Denkvermögens (Intelligenz) erfolgt in der Regel mit Aufgaben auf Aufgabenblättern. Der Neuropsychologe gibt dabei die Instruktionen zu den einzelnen Aufgaben in standardisierter Form vor und überwacht die Einhaltung der Bearbeitungsregeln und die zur Verfügung stehende Lösungszeit. Untersuchungen der Psychomotorik, Reaktionsgeschwindigkeit und der Aufmerksamkeitsfunktionen (geteilte Aufmerksamkeit, selektive Aufmerksamkeit etc.) erfolgen häufig mithilfe von Computerprogrammen. Hierbei sollen die Patienten auf zuvor definierte Stimuli schnell reagieren – bzw. auf andere Stimuli gezielt nicht reagieren.
Bevor also die Therapie bestimmter Funktionsbereiche wie Gedächtnis, Aufmerksamkeit oder Handlungssteuerung beginnt, ermittelt der Neuropsychologe ein Leistungs- und Verhaltensprofil des individuellen Patienten. Vor allem werden auch die noch verbliebenen, meist zahlreichen Fähigkeiten erfasst und dargestellt. Auf diese Befunde stützen sich Ärzte, Sozialarbeiter, Erzieher, Sprechtherapeuten, Krankenpflegepersonal und viele andere Helfer. Auf der Basis dieser testdiagnostischen Untersuchungen wird schließlich das Therapieprogramm erstellt.
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Was bringen
mir die neuropsychologischen Tests?
Neben zahlreichen Fragen zur Krankengeschichte sowie der aktuellen und früheren Situation eines Patienten werden in den ersten Sitzungen einer neuropsychologischen Behandlung viele Testuntersuchungen durchgeführt. Mit ihnen stellt der Neuropsychologe mögliche Störungen des Gedächtnisses, der Wahrnehmung, der Gefühlsverarbeitung oder das veränderte Verhalten eines Patienten seinen Mitmenschen gegenüber fest.
Oft ermöglicht es erstmals diese neuropsychologische Erstuntersuchung, die psychischen Funktionsstörungen eines Patienten, die durch die Hirnschädigung verursacht sind, aufzuklären und in ihrem Ausmaß richtig zu erfassen. Die neuropsychologischen Tests geben Auskunft darüber, welche Gehirnfunktionen beeinträchtigt und welche noch intakt sind.
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