Rau, aber zaertlich
eine Verlagerung ihrer
"Interaktion" ins Private hätte? Devon öffnete ihre Diätlimonade und nahm einen großen Schluck. Sie war sicher, dass sie wie eine Idiotin grinste, doch wenn sie eines von ihrer Schwester, dem medienerfahrenen Rockstar, gelernt hatte, dann dass man lieber schwieg, wenn man auf eine Frage nicht antworten wollte. Einfach lächeln und hübsch aussehen, das genügte. Das mit dem hübsch Aussehen bekam Devon vielleicht nicht so gut hin wie Darcy, aber ein Lächeln würde sie doch wohl zu Stande bringen, oder?
Anscheinend nicht, denn Jake zog seine Brauen zusammen und fuhr fort:
"Schriftsteller denken wie Detectives. Wir haben eine seltsame Perspektive, als würden wir ..."
"Rückwärts denken!" Aha! Ein Thema, in dem sie sich zurechtfand. "So bezeichnet meine Freundin Sydney es. Wir fangen mit dem Ende an und arbeiten uns dann von dort aus zurück zum Anfang."
Der Kurs lief nur noch zwei Wochen, und dies war das erste Mal, dass sie sich mit Jake Tanner unterhielt, abgesehen von höflichen Begrüßungen und dem üblichen Frage-und-Antwort-Teil im Unterricht. Sicher, sie hatte diese Unterhaltung weder begonnen, noch hatte sie ein bewusstes Signal ausgesandt, dass sie ihr willkommen war. Was unbewusste Signale anging, die sie möglicherweise aussandte, konnte Devon allerdings nicht so sicher sein. In dieser Hinsicht war sie wegen ihrer Unerfahrenheit im Nachteil. Sie registrierte, dass sie sich zu Jake Tanner hingezogen fühlte - welche Frau würde nicht auf einen Mann wie ihn reagieren? Aber sie hatte genügend gute Gründe, sich zurückzuhalten.
Ihrem üblichen Verhalten entsprechend, hatte sich Devon daher an einen einsamen Ecktisch in der alten Cafeteria gesetzt, während die anderen Kursteilnehmer und ihr Ausbilder gemeinsam Dosengetränke und Schokoriegel aus den alten Automaten genossen. Es war nicht so, dass Devon nichts mit dem Rest des Kurses zu tun haben wollte - sie kam sogar immer etwas früher, um mit Mrs. Perez und deren Freundinnen aus Seminole Heights zu plaudern, die einer Bürgerwehr angehörten. Oder um mit Shawna Fielding, einer Stylistin, über Frisuren und Manikürtechniken zu sprechen. Shawna hatte den Kurs belegt, weil ihr Mann Polizist war und sie ihre Ängste wegen seiner Arbeit überwinden wollte. Devon hatte sogar Dirk und Sam, zwei Teenagern, die eine Ausbildung auf der Polizeiakademie erwogen, gegenüber zugegeben, dass sie, wie die beiden vermutet hatten, tatsächlich die Schwester der MTV-Diva D'Arcy Wilde war, was zum unausweichlichen Wunsch nach Autogrammen geführt hatte, die sie ihnen heute Morgen mitgebracht hatte.
Sechs Wochen lang hatte sie es vermieden, mit Jake Tanner zu sprechen, außer im Unterricht natürlich. Ein privates Gespräch könnte zu der Feststellung führen, dass sie ihn mehr mochte, als sie ohnehin schon vermutete. Und dass es eher feige als selbstlos war, dem Verlangen ihres Herzens nicht nachzugeben.
Sie konnte sich die Komplikationen einer Liebesaffäre aber nicht leisten - noch nicht. Aber bald. Vielleicht wenn ihre Nichte Cassie nächste Woche abgereist war. Und nachdem sie den Vertrag für ihr neues Buch unterschrieben und den sehnlichst erwarteten und dringend benötigten siebenstelligen Vorschuss erhalten hatte. Nachdem sie einen Weg gefunden hatte, wie sie vermeiden konnte, sich zu verlieben.
Bald würde sie eine allein stehende Frau sein, die nur noch für sich selbst verantwortlich war. Ihr ganzes Leben lang hatte sie sich um andere gekümmert und stets die Bedürfnisse anderer über ihre eigenen gestellt. Aber bald würde -
sie allein sein und damit zum ersten Mal in der Lage, herauszufinden, wer sie eigentlich war und was sie wollte. Besonders was Männer betraf.
Jake riss sie aus ihren Gedanken, indem er die Hand ausstreckte und mit der Metallspirale ihres Notizblocks spielte. "Ich verstehe ja nicht viel vom Bücherschreiben, aber es stimmt, Detectives müssen rückwärts denken. So habe ich das noch nie betrachtet. Man fängt mit einem Verbrechen an und arbeitet sich dann zum Motiv und zur Gelegenheit zurück. Das ist ein interessanter Gedanke."
Devon nickte und bestaunte insgeheim die Größe von Jakes Händen, die Länge seiner kräftigen Finger und die Schwielen, die er sicher vom stundenlangen Zielschießen mit seiner Pistole, einer Neunmillimeter Glock, hatte. Und erneut registrierte sie, dass er keinen Ehering trug. Das war ihr schon am ersten Tag aufgefallen. Mrs. Perez hatte ihr - unaufgefordert
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