Raumschiff 2 - Nancia
Schrank in Hüfthöhe aus. Flix taumelte dagegen, ließ den Korb darauf fallen und setzte sich mit einem Ausdruck leichter Überraschung auf den Hosenboden. Zwei der orangeblühenden Apfrüchte stürzten von dem
hochaufragenden Gebinde und rollten auf Nancias
Befehlskonsole zu, wobei sie eine Flasche Schaumhereot in der Mitte des Korbs freilegten. »Ich weiß schon, daß dir Daddy lieber gewesen wäre. Oder Jinevra. Jedenfalls jemand, der der Ehre auch würdig wäre, die du dem Haus Perez y de Gras bereitet hast. Hast sie auch verdient«, fügte er hinzu, nachdem er sich mit einem Satz darum bemüht hatte, die jubanischen Apfrüchte wieder einzufangen. »Hast eine Blaskapelle und einen roten Teppich verdient anstelle von diesem Dingsda.« Er fuhr mit einer Hand über die weiche Fläche des sandfarbenen Standardsynthoteppichs, mit dem Nancias interner
Wohnbereich ausgestattet war.
»Du… du meinst wirklich, daß ich dem Haus keine Schande gemacht habe?« fragte Nancia. Schließlich hatte sie sich doch tatsächlich gefragt, ob das nicht vielleicht der Grund dafür war, weshalb niemand zu ihrer Abschlußfeier und Ernennung gekommen war. Daddy hatte doch von ihrer Abschlußfeier immer mit den Worten gesprochen: »Wenn du erst den Daleth gewonnen hast…« – und das war ihr nun doch nicht gelungen.
Flix wandte den Kopf zu der Titansäule und gewährte Nancia denselben ungläubigen, leicht verächtlichen Blick, den er schon dem beigefarbenen Synthoteppich zugemutet hatte.
»Dummchen«, tadelte er. »Das einzige Mitglied der Familie, mit dem ich mich überhaupt unterhalten mag – unsere Nancia.
Die einzige, die mir nicht stundenlang in den Ohren hängt, daß ich gefälligst meine Synthkomponiererei zugunsten eines richtigen Berufs aufgeben soll – und dann stellt sich heraus, daß sie doch noch schlimmere Probleme hat als nur ein paar kleine, nichtfunktionierende Organe. Wenn man dich nach der Geburt nicht gleich in eine Schale gestopft hätte, hätte ich angenommen, daß du als Säugling auf den Kopf gefallen bist.
Natürlich hast du dem Haus Ehre gemacht, Nancia, was glaubst denn du? Die Drittbeste auf der akademischen
Hühnerleiter und die Erste in Dekomtheorie… mit so vielen Sonderauszeichnungen, daß sie die Abschlußzeremonie extra umstrukturieren mußten, um Zeit für deine Nennungen zu schaffen…«
»Wie hast du das denn erfahren?« unterbrach ihn Nancia.
Flix wandte den Blick von der Titansäule ab. Sie konnte seine Miene mit Hilfe ihrer Bodensensoren immer noch deutlich wahrnehmen, aber es wäre unhöflich gewesen, ihn daran zu erinnern. Er wirkte ohnehin schon verlegen genug. »Hatte eine Kopie des Programms«, murmelte er. »Wollte eigentlich auch aufkreuzen, falls ich überhaupt auf der Zentralwelt war, aber…
na ja, dann habe ich bei einem Synthcomposing im
Freudenpalast zwei Mädchen kennengelernt, und die haben mir beigebracht, wie man rigellianischen Stengelsaft mit
Benedictine zu einem wunderbar spritzigen Drink mixt, und…
na ja, jedenfalls bin ich erst wieder aufgewacht, nachdem die Abschlußfeier bereits vorbei war.«
Mit mürrischer Miene musterte er noch eine Weile den
Teppich, dann erhellte sich sein Gesichtsausdruck. »Noch etwas, was mir an dir gefällt, Nancia: Du bist die einzige Verwandte, die ich habe, die mir nicht sofort eine elend lange Gardinenpredigt darüber hält, wie ich mich nur so erniedrigen konnte, im Freudenpalast Synthcom zu spielen. Natürlich vermute ich, daß du keine blasse Ahnung hast, was das
tatsächlich für Schuppen sind. Trotzdem, die hat Großtante Mendocia zwar auch nicht, was sie aber nicht daran hindert, mich deswegen anzunerven.«
Er sprang auf die Beine und begann damit, Dinge aus dem Korb hervorzuziehen. »Na ja… da ich schon
unvermeidlicherweise im Freudenpalast aufgehalten wurde…
und da Jinevra am Schwanzende des Nirgendwo einem Fall von Planetenhilfebetrug nachgeht und Daddy in einer
Besprechung ist, dachte ich mir, daß ich einfach mal
vorbeischaue, während du auf einen Auftrag wartest, damit wir eine kleine Party veranstalten können.«
»Was für eine Besprechung?« frage Nancia, bevor sie sich zusammenreißen konnte. »Wo denn?« Flix hob überrascht den Blick vom Korb. »Wie?«
»Du hast gesagt, unser Vater sei in einer Besprechung.«
»Na ja, ist er das nicht immer? Nein, ich weiß nicht, wo. Das war nur eine logische Schlußfolgerung. Du weißt doch, wie voll sein Terminkalender immer ist. Weißt du, ich habe mich
Weitere Kostenlose Bücher