Raus aus der Suchtfalle
attribuieren). Wer wiederholt die Erfahrung macht, Herausforderungen bewältigen zu können, neue Lösungen zu finden, mit Schwierigkeiten zurechtzukommen, wächst. Mit dem psychischen Wachsen vergrößert sich die sogenannte Selbstwirksamkeitserwartung – noch so ein psychologischer Ausdruck, der bedeutet, dass unsere wiederholte Erfahrung, Probleme gemeistert zu haben, unsere Zuversicht stärkt, auch künftig mit Problemen fertig zu werden.
Das Vertrauen in den Alkohol oder in Medikamente schwächt das Vertrauen in sich selbst
Die Sucht führt häufig dazu, dass die Fähigkeiten und Stärken eines Menschen immer mehr verkümmern.
Frau S. hat dagegen wiederholt die Erfahrung gemacht, mit ihren eigenen Fähigkeiten zu scheitern. Hat sie ohne Alkoholwirkung ihre Wohnung verlassen, hat sie Angst verspürt – Angst mit all den unangenehmen körperlichen, gedanklichen und emotionalen Erscheinungen. Ihr Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten nahm ab. – Psychologisch ausgedrückt: Ihre internale Erfolgsattribution wurde geschwächt. Dagegen stieg ihr Vertrauen in die Wirkung des Alkohols. Psychologisch gesprochen, stärkte sie damit ihre externale Erfolgsattribution. Sie schrieb es dem Alkohol zu, wenn sie eine Herausforderung gemeistert hatte.
Diese Schwächung der internalen Erfolgsattribution und die Stärkung der externalen Erfolgsattribution tun uns Menschen nicht gut. Wir werden kleiner, unsere Zuversicht in die eigenen Fähigkeiten – unsere Selbstwirksamkeitserwartung – schrumpft.
Und so setzt sich der Teufelskreis fort: Der Konsum von Alkohol oder Medikamenten wird immer wichtiger, weil er die Bewältigung von alltäglichen Herausforderungen kurzfristig ermöglicht. Die Wichtigkeit des Suchtmittels steigt. Gleichzeitig verkleinert sich die Selbstwirksamkeitserwartung, was wiederum die Wichtigkeit des Suchtmittels noch größer werden lässt.
Man vernachlässigt wichtige Lebensbereiche
Wenn immer mehr Situationen vermieden werden, gehen zunehmend die üblichen Quellen für das eigene Wohlergehen verloren. Viele Menschen schöpfen ja Kraft, Zuversicht und Stärke aus der befriedigenden Beziehung zu anderen Menschen, aus Erfolgen bei wichtigen Lebensaufgaben wie der Familie, der Arbeit, den Freizeitbeschäftigungen. Werden diese Bereiche immer mehr eingeschränkt, geht damit eben auch einher, dass diese Kraftquellen versiegen. Woher kommt jetzt die Stärke?
Im ungünstigen Verlauf wird an dieser Stelle das Suchtmittel für das seelische Gleichgewicht immer bedeutsamer. Das Suchtmittel tritt an die Stelle früherer Kraftquellen. Es beginnt, gelingende Beziehungen zu ersetzen, es wird wichtiges Instrument im Umgang mit sich selbst und mit anderen. Das Suchtmittel sorgt für kurzfristige Entlastung und wirkt relativ zuverlässig.
Vertrauensvolle Beziehungen zu anderen Menschen sind wichtig
Familie, Freunde, Arbeit und Hobbys werden nicht mehr als Kraftquelle, sondern eher als Belastung erlebt. An ihre Stelle tritt das Suchtmittel.
Langfristig wichtige Lebensbereiche sind soziale Beziehungen in Familie, Partnerschaft, Freundschaft, Kollegenkreis. Traditionell bietet der berufliche Bereich eine wichtige Möglichkeit für soziale Begegnungen. Gleichzeitig sorgt er für Struktur mit geregelten Abläufen, Kontakten, neuen Erfahrungen und erfordert eine Abgrenzung zwischen Arbeit und Freizeit. Ein weiterer wichtiger Bereich sind die persönlichen Hobbys, Interessen, Fähigkeiten und Stärken, die als Kraftquellen wirken, sofern sie regelmäßig genutzt werden. Das Leben und Erfahren verschiedener Lebensbereiche trägt zur Weiterentwicklung und zur Lebensqualität wesentlich bei. Misserfolgserlebnisse und Versagensgefühle in einem Lebensbereich (z. B. Verlust des Arbeitsplatzes) können zumindest teilweise aufgefangen werden, wenn die anderen Bereiche einigermaßen intakt sind. So können Menschen, zu denen eine vertrauensvolle Beziehung besteht, entscheidend dazu beitragen, dass man nicht das Selbstvertrauen und die Selbstachtung verliert. Wer es schafft, eigene Stärken zu nutzen und im Alltag regelmäßig zu erfahren, hilft damit, den Alltag zu strukturieren, Kraft für neue Herausforderungen zu beziehen und sich selbst auf gute Weise zu erleben.
Die Abhängigkeit verdrängt alles andere
Die Abhängigkeit von einem Suchtmittel überdeckt oft zunehmend wichtige andere Lebensbereiche. Auch wenn Betroffene äußerlich noch funktionieren können, reduziert sich ihre Wahrnehmung für entsprechende Sinnesreize.
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