Raus aus der Suchtfalle
die Gehirnfunktionen
Was verändern Suchtmittel in unserem Gehirn? Um zu verstehen, wie sie auf der biologischen Ebene in unser Denken, unsere Gefühlswelt und unser Verhalten eingreifen, schauen wir uns zunächst die Arbeitsweise der Nervenzellen im Gehirn an. Die Suchtmittel wirken nämlich auf die Nervenzellen und die Verbindungen der Nervenzellen ein.
Suchtmittel wirken entweder selbst wie Nervenbotenstoffe oder beeinflussen die Übertragung an der Schaltstelle zwischen den Nervenzellen.
Nervenzellen . Eine ganz wesentliche Eigenschaft der Nervenzellen ist ihre Verbindung zu anderen Nervenzellen und zu den Körperorganen und Sinneszellen. Die Nervenzellen schicken ihre Information als elektrische Impulse über ihre Axone weiter. Die Axone sind gewissermaßen Kabel, an deren Ende die Kontaktstellen, die Synapsen, sind. Wenn die elektrischen Signale über die Axone an der Synapse angekommen sind, bewirkt dies, dass die Nervenzelle Botenstoffe (Neurotransmitter) ausschüttet. Die Neurotransmitter docken an die Rezeptoren der zweiten Nervenzelle an und bewirken dort neue elektrische Impulse.
Neurotransmitter . Natürliche Neurotransmitter sind beispielsweise Adrenalin, Noradrenalin, Serotonin, Dopamin und GABA (Gamma-Aminobuttersäure). Suchtmittel wirken entweder selbst wie Neurotransmitter oder beeinflussen die Übertragung an der Synapse. Dabei gibt es sowohl hemmende als auch aktivierende Einflüsse durch die Suchtmittel auf die Synapse. Wir können also feststellen: Suchtmittel fördern oder hemmen die Übertragung von Nervenimpulsen.
Info
Suchtmittel wirken auf die Schaltstellen zwischen Nervenzellen
Wir hatten schon gesagt, dass die Suchtmittel direkt oder indirekt in die Funktion der Synapsen eingreifen:
Sie können die Freisetzung von Neurotransmittern (z. B. Dopamin, GABA) fördern oder hemmen.
Sie können die Andockstellen (Rezeptoren) der zweiten Nervenzellen blockieren und somit unempfindlich für den Neurotransmitter machen.
Oder sie hemmen den Abbau des Neurotransmitters, sodass er länger wirksam ist.
Synapse . Die möglichen Vorgänge an der Synapse sind sehr kompliziert; letztlich geht es jedoch darum, ob die zweite Nervenzelleebenfalls einen elektrischen Impuls weiterleitet oder nicht. Zwei wichtige Prinzipien, die an dieser Kontaktstelle zum Tragen kommen können, sind hemmende und aktivierende Einflüsse: Eine Hemmung führt dazu, dass die zweite Nervenzelle eher keinen Impuls weiterleitet, bei einer Aktivierung wird die Impulsweiterleitung wahrscheinlicher. Wird die zweite Nervenzelle ausreichend aktiviert, leitet sie einen elektrischen Impuls weiter, der dann wiederum zu weiteren Nervenzellen oder einem Organ, wie zum Beispiel einer Muskelfaser, gesendet wird.
Special: Wie wirken Suchtmittel im Gehirn?
Alkohol und Benzodiazepine beeinflussen das GABA-System . Alkohol und Benzodiazepine aktivieren vorrangig Synapsen, die mit dem Neurotransmitter GABA arbeiten. Dieser Neurotransmitter ist überwiegend hemmend. So erklärt sich, dass beide Substanzen auf das Zentralnervensystem eine hemmende Wirkung ausüben: Bei einer Vergiftung mit Alkohol oder Benzodiazepinen wird sogar das Atemzentrum gehemmt, sodass Betroffene dann an einer Atemlähmung versterben können. In geringeren Dosierungen werden Denken und Bewegungsabläufe gehemmt.
Alkohol aktiviert zusätzlich das Dopaminsystem . Ein zweiter wichtiger Neurotransmitter, der bei der Sucht eine große Rolle spielt, ist das Dopamin. Dieses wird gelegentlich auch als »Glückshormon« bezeichnet, weil es bei dem Empfinden von Glück, Genuss und Begehren beteiligt ist. Außerdem spielt Dopamin bei Lernvorgängen und damit bei der Entstehung des Suchtgedächtnisses eine wichtige Rolle (siehe → S. 61 ff.).
Alkohol hat auch Einfluss auf die Endorphine . Eine dritte Neurotransmittergruppe ist für die als angenehm erlebte Wirkung von Alkohol wichtig: Die körpereigenen Opiate, die sogenannten Endorphine. Diese Substanzen werden durch Alkohol vermehrt freigesetzt und führen zu Entspannung, Schmerzreduktion und Lösung von Ängsten und Hemmungen.
Alkohol und Benzodiazepine wirken auf unser »Belohnungssystem«
In unserem Gehirn gibt es Bereiche, die bei der Bewertung unseres Erlebens eine entscheidende Rolle spielen. Es handelt sich um Teile des Zwischenhirns, um das sogenannte limbische System. Hier sitzt auch das »Belohnungssystem«, das Nahrungsaufnahme, Sexualität und viele andere Aktivitäten steuert und den nötigen Antrieb erzeugt,
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