Rebecka Martinsson 01 - Sonnensturm
er sofort tot?«
Pohjanen zuckte mit den Schultern.
»Und die übrigen Verletzungen?«, fragte Anna-Maria.
»Die sind ihm nach Eintritt des Todes zugefügt worden. Diese vielen Stiche in Rumpf und Bauch. Ich nehme an, dass Viktor Strandgård dabei auf dem Rücken lag. Und dann ist hier noch der lange Schnitt, der seinen Bauch aufgeschlitzt hat.«
Er zeigte auf die lange rotblaue Wunde am Bauch, die jetzt von groben Klammern zusammengehalten wurde.
»Und die Augen?«, fragte Anna-Maria und musterte die klaffenden Löcher in Viktor Strandgårds Gesicht.
»Schau mal«, sagte Pohjanen und befestigte eine Röntgenaufnahme am Schrank. »Hier! Siehst du den Splitter, der sich in der Augenhöhle vom Schädel gelöst hat? Und hier? Das habe ich erst auf den Bildern entdeckt, aber danach habe ich die Augenhöhlen ein wenig gereinigt und mir den eigentlichen Schädelknochen angesehen. Die Kratzspuren am Schädelknochen sitzen gleich neben den Augenhöhlen. Der Mörder hat das Messer in die Augen gestoßen und es immer wieder umgedreht. Er hat sie herausgebohrt, könnte man sagen.«
»Was zum Teufel hat er sich bloß davon versprochen?«, rief Anna-Maria leidenschaftlich aus. »Und was ist mit den Händen?«
»Auch die wurden erst nach Eintritt des Todes abgehackt. Die eine lag ja noch am Tatort.«
»Fingerabdrücke?«
»Vielleicht auf den Armstümpfen, aber darum muss sich das Labor in Linköping kümmern. Obwohl ich mir da keine großen Hoffnungen machen würde. Es gibt zwei deutliche Greifspuren um die Handgelenke, aber soviel ich sehen kann, sind keine Fingerabdrücke vorhanden. Ich nehme an, dass Linköping sagen wird, wer immer die Hände abgehackt hat, habe Handschuhe getragen.«
Anna-Maria spürte Resignation in sich aufsteigen. Das heftige Verlangen, den Mörder zu fassen, überkam sie. Sie hatte plötzlich das Gefühl, dass sie es nicht ertragen würde, wenn diese Voruntersuchung ergebnislos im Archiv verschwände. Pohjanen hatte Recht. Bestimmt würde sie von Viktor Strandgård träumen.
»Was war es für ein Messer?«, fragte sie.
»Modell größeres Jagdmesser. Zu breit für ein Küchenmesser. Nicht zweischneidig.«
»Und der stumpfe Gegenstand am Hinterkopf?«
»Kann alles Mögliche gewesen sein«, sagte Pohjanen. »Ein Spaten, ein großer Stein …«
»Ist es nicht seltsam, dass er von hinten mit einem Gegenstand niedergeschlagen und dann von vorn erstochen wurde?«, fragte Anna-Maria.
»Ja, aber du bist hier die Polizistin«, sagte Lars Pohjanen.
»Vielleicht war das nicht nur einer«, überlegte Anna-Maria laut. »Sonst noch was?«
»Im Moment nicht. Keine Drogen. Kein Alkohol. Und er hatte seit einigen Tagen nichts mehr gegessen.«
»Was? Seit einigen Tagen?«
Anna-Maria musste derzeit alle zwei Stunden etwas zu sich nehmen.
»Er war nicht ausgetrocknet, er litt also nicht an einer Magenkrankheit oder fastete bewusst. Aber offenbar hat er nur flüssige Nahrung zu sich genommen. Das Labor wird ja feststellen, was er so alles intus hatte. Du kannst das Tonbandgerät ausschalten.«
Er reichte ihr eine Kopie des vorläufigen Obduktionsberichtes. Anna-Maria schaltete das Tonbandgerät aus.
»Ich möchte nicht spekulieren«, sagte Pohjanen und räusperte sich. »Jedenfalls nicht, wenn es aufgenommen wird.«
Er nickte zum Tonbandgerät hinüber, das jetzt in Anna-Marias Tasche verschwand.
»Aber der Schnitt an seinen Handgelenken hat so was«, sagte er dann. »Vielleicht solltest du einen Jäger suchen, Mella.«
»Hier bist du also«, erklang von der Tür her eine Stimme.
Es war Sven-Erik Stålnacke.
»Ja«, antwortete Anna-Maria und stellte fest, dass die Befürchtung, ihr Kollege könne glauben, sie handele hinter seinem Rücken, sie in Verlegenheit brachte. »Pohjanen hat angerufen und wollte schon fahren und …«
Sie verstummte. Sie ärgerte sich schrecklich darüber, dass sie mit diesen Erklärungen und Entschuldigungen überhaupt angefangen hatte.
»Schon gut«, sagte Sven-Erik. »Das kannst du mir im Auto erzählen. Wir haben ein Problem mit diesen Pastoren. Meine Güte, ich hab vielleicht gesucht. Am Ende hab ich Sonja in der Zentrale gefragt, wer dich denn angerufen hat. Du musst kommen.«
Anna-Maria schaute Pohjanen fragend an, und er zuckte mit den Schultern und hob zugleich die Augenbrauen, um zu bestätigen, dass sie fertig waren.
»Luleå ist von Färjestad zusammengefaltet worden«, sagte Sven-Erik grinsend zu dem Gerichtsmediziner und zerrte dabei Anna-Maria mehr oder
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