Rebellen: Roman (German Edition)
alle miteinander verbunden. Nur das I stand allein. Typisch für Susan.
Aber wieso war sie in Berlin?
Sie müsste doch in London sein.
»Bitte, folgen Sie mir«, sagte der Hoteldiener und ging voran.
Assmuss folgte.
Der junge Mann in der eleganten grauen Hoteluniform schritt zügig voraus. Vom Hoteleingang des Adlon lief er mit schnellen Schritten an den wartenden Taxen vorbei, schautesich noch einmal um, winkte Assmuss ermunternd zu, überquerte die Wilhelmstraße und steuerte auf einen dunklen Van zu, der einige Meter weiter vor einem Souvenirshop am Straßenrand parkte.
Es muss etwas schiefgegangen sein, dachte Assmuss. In Gedanken blätterte er die Geschäftsvorfälle des Londoner Büros durch. Keiner schien ihm schwerwiegend genug, dass Susan ihn nicht hätte anrufen können. Er hatte das Handy doch an. Während er seine Schritte verlangsamte, zog er das Blackberry aus der Tasche. Niemand hatte versucht, ihn zu erreichen, auch Susan nicht. Einige Mails waren eingegangen, aber keines von Susan.
Seine Gedanken rasten.
Sie kündigt, dachte er. Vielleicht kündigt sie.
Aber auch diese Überlegung verwarf er sofort wieder. Das hätte sie ihm auch übermorgen persönlich sagen können. Für die Mittagszeit war ein Treffen in London verabredet. Nein, es musste etwas sehr Wichtiges sein. Etwas, was den Vorstand betraf. Vielleicht hatte es mit ihm zu tun.
Sie wollen mich feuern.
Aber es gab keine Anzeichen dafür. Der Aufsichtsrat hatte nicht getagt. Außerdem hatte er einen guten Lauf. Die Zahlen stimmten. Wichtige Projekte liefen. Einige standen kurz vor der Markteinführung.
Vielleicht doch. Sie haben sich heimlich getroffen. Susan muss das mitgekriegt haben.
Beunruhigt beschleunigte er seine Schritte wieder.
Der Hoteldiener wartete vor dem Van auf ihn. Als Assmuss ihn erreichte, zog er die Tür auf.
»Bitte«, sagte der Mann.
Assmuss schaute verwirrt in das Wageninnere.
Er sah nichts. Er schob den Kopf vor.
»Susan?«, fragte er ins Dunkel.
Da traf ihn ein Schlag in den Rücken, ein Schlag mit solcher Wucht, dass er mit dem Oberkörper vornüber in den Wagenstürzte. Er fühlte, wie er an den Füßen hochgehoben und in den Van geworfen wurde. Dann klackte die Wagentür.
Der Hoteldiener war über ihm.
Ein zweiter Schlag traf ihn am Kopf, und er dachte nichts mehr.
3. Ankommen
Eine Fledermaus.
Dengler spürte, wie sie auf seinem Arm krabbelte. Sie wurde immer größer, schwerer, er spürte ihr Gewicht auf seinem Oberarm. Er wollte sich nach vorne beugen, damit sie von ihm abglitt. Er wollte weiterfliegen. Glücklich sein. Der Druck auf seinem Arm wurde fester.
»Sie müssen aufwachen«, sagte eine weibliche Stimme. »Wir landen in wenigen Minuten.«
Für einige Sekunden schwebte er im Zwischenreich von Schlaf und Wachen. Er wollte fliegen, weiter schweben. Doch langsam dämmerte ihm, dass er träumte.
Er weigerte sich, die Augen zu öffnen.
»Sie müssen Ihre Rückenlehne senkrecht stellen.«
Das Rapsfeld verschwand aus seinem Kopf.
»Bitte! Wir landen gleich.«
Dengler raffte sich auf. Er stellte seinen Sitz gerade. Von seinem Mittelplatz aus konnte er aus dem Fenster des Flugzeuges schauen. Die Maschine flog bereits tief. Er sah den Neckar, eingebettet in eine sommerliche Reben- und Industrielandschaft, und hörte das Summen der Hydraulik, als unter ihm das Fahrgestell ausfuhr.
***
Olga wartete auf ihn.
»Champagner!«, rief sie.
In der rechten Hand schwenkte sie eine Flasche Taittinger und in der anderen zwei Gläser.
Dengler küsste sie. Lange.
Neben ihnen machten zwei jüngere Männer anzügliche Bemerkungen, die er nicht genau verstand und auch nicht verstehen wollte. Eine ältere Frau schaute demonstrativ in die entgegengesetzte Richtung.
»Puh«, sagte Olga und streckte ihm die Flasche entgegen.
Dengler öffnete sie und füllte die beiden Gläser.
»Endlich bist du wieder da«, sagte sie. »War New York schlimm?«
»Sehr schlimm.«
Sie tranken, lachten, dann füllte Dengler die beiden Gläser erneut.
***
»Hast du etwas Nützliches gelernt?«, fragte sie, als sie später erschöpft in ihrem Bett lagen.
»Ja. Ich weiß jetzt, dass dein Gesicht aus 43 einzelnen Muskeln besteht«, sagte er und streichelte mit zwei Fingern ihre Stirn. »Manche davon kannst du willentlich bewegen, auf andere hast du keinen bewussten Einfluss.«
»Das FBI weiß etwas über meine Gesichtsmuskeln?«, fragte sie schläfrig.
»Alles.«
»Was?«
»Wenn du dich an etwas erinnerst, an etwas
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