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Rebellin der Nacht: Roman (German Edition)

Rebellin der Nacht: Roman (German Edition)

Titel: Rebellin der Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Joyce
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nach hinten und sah ihn durch blonde Wimpern hindurch aus Schlitzaugen an.
    »Mein Bruder hat kein Geld«, sagte sie einfach so. »Überhaupt keines. Vater hat ihm diesen Monat den Hahn zugedreht. Wenn er auch nur die geringste Summe will, muss er auf Rushworth bleiben.«
    Byron seufzte, als sei er enttäuscht, und ließ wieder Schweigen einkehren. Die Frau rührte sich nicht – sie zuckte nicht einmal. Sie ließ einfach nur die Sekunden verstreichen, während ihre Augen hinter dem Wimpernkranz hin und her wanderten, als suche sie in der Dunkelheit nach seinem Gesicht. Er beobachtete sie, folgte mit dem Blick der festen Linie ihres Kinns, studierte den Schatten, den ihre schmale, fein geschnittene Nase auf die Wange warf. Er verspürte einen unerwarteten Anflug von Besitzeifer, als sei sie ein exotisches Puzzlespiel oder ein kryptisches Geheimzeichen, das er besitzen und enträtseln wollte.
    Schließlich sagte er etwas. »Ich müsste eigentlich erwidern, wie bedauerlich, aber danach ist mir nicht. Das ist genau das, was ich erwartet hatte.« Er pausierte, um seine Worte wirken zu lassen. »Das ist genau das, was ich erhofft hatte.«
    Lady Victoria erstarrte. Na also, endlich eine Reaktion! »Was meinen Sie damit?«, wollte sie wissen. Ihre Stimme hatte die Beherrschtheit verloren, und Byron war erfreut, dass sie sich genauso köstlich anhörte wie zuvor, als sie absichtlich gestichelt hatte.
    »Meine liebe Lady Victoria, ich meine genau das, was ich gesagt habe.« Er gestattete es sich, etwas von der Befriedigung, die er empfand, in seine Stimme zu legen. »Es hätte mich enttäuscht, wenn Gifford seinen Verbindlichkeiten nachgekommen wäre.«
    Jetzt machte sie ein finsteres Gesicht. Byron empfand das, verglichen mit der desinteressierten Maske, als eine Verbesserung, auch wenn es natürlich nicht mit dem flüchtigen Versprechen ihres Lächelns mithalten konnte. »Sie wollen, dass man ihn ins Gefängnis wirft?«
    »Ein zukünftiges Mitglied des Oberhauses im Schuldturm? Ich bezweifle, dass das möglich wäre. Aber die Demütigung … ja, ich will Ihren Bruder eine Demütigung erleiden sehen, die so groß ist, dass sie seine ganze Linie befleckt – bis in die siebte Generation.« Er gestattete sich ein Lächeln und erfreute sich an der ein wenig blasphemischen Vorstellung, sich in die Rolle des gerechten Gottes aufzuschwingen.
    Lady Victoria schien allerdings nicht erfreut zu sein. Lady Victoria sah aus, als hätte sie ihn am liebsten erdrosselt. »Warum?«, fragte sie, die Stimme tief und angespannt vor unterdrückter Wut.
    Die Frage beraubte Byron der Befriedigung, ihre Reaktion zu genießen. »Weil er sich etwas genommen hat, das mir gehört hat.« Seine Worte waren bitter wie Galle. Er spuckte sie ihr förmlich entgegen und wusste nicht, weshalb er ihr eine Antwort gab, wo sie doch gar kein Anrecht darauf hatte – und auf die Wahrheit erst recht nicht. Aber was spielte das für eine Rolle? Was konnte sie schon tun? Sie war schwerlich in der Lage, aus ihren Erkenntnissen einen Vorteil zu schlagen. Dennoch, die Wunde schmerzte immer noch, auch nach drei Jahren. »Weil er es kaputtgemacht hat, und als er fertig war, dachte er, ich würde es zurücknehmen, verunstaltet und ruiniert. Und dann hat er so getan, als habe er es nie angerührt.«
    Lady Victorias Augen weiteten sich vor Erstaunen, und er bezweifelte, dass es gespielt war. »Eine Frau«, keuchte sie.
    »Ja. Eine Frau. Ein armseliges wimmerndes Ding, aber ich wollte sie. Gifford wollte sie auch, aber nur als Spielzeug. Ehefrau eines künftigen Herzogs oder Geliebte eines Grafensohns. Gifford hat es so einfach aussehen lassen, da bin ich sicher.« Missgeburt. Abscheuliches Monstrum. Er wusste, dass Gifford ihn so genannt hatte, als er Leticia den Hof gemacht hatte; was Gifford in seinem süßen Werben noch alles gesagt hatte, konnte Byron nur ahnen. »Und jetzt nehme ich Rache. Aber noch lieber als ein Pfund seines Fleischs ist mir eine Tonne seines Stolzes.«
    Sie schwieg eine lange Zeit. Ihr Gesichtsausdruck war unnatürlich reglos und so perfekt beherrscht, dass er ihm nichts entnehmen konnte. Endlich sagte sie etwas, wobei ihre Augen in der Dunkelheit irgendwie die seinen gefunden hatten. »Also haben Sie mich hergeholt, um mit der Demütigung zu beginnen. Ihren Racheakt in Gang zu setzen.« Sie legte den Kopf schief, als warte sie auf eine Antwort. Er sagte nichts; die Antwort war offensichtlich. »Aber Sie scheitern bereits.« In ihre Stimme hatte sich

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