Red Rabbit: Roman
Tja, dachte der Oberst, das war seine Aufgabe, und da die Politiker über die Vergabe der Dinge bestimmten, die in ihrem Staat erstrebenswert waren, musste er ihnen zu Gefallen sein, damit auch er seinen Honig aus dem Bienenstock bekam. Und wie jeder in der Sowjetunion war er eine große Naschkatze. Am Ende dieser Mission warteten vielleicht nicht nur Generalssterne, sondern auch eine schöne Wohnung in Moskau auf ihn – vielleicht sogar eine bescheidene Datscha in den Lenin-Hügeln. Er wäre gern nach Moskau zurückgekommen, und ganz besonders auch seine Frau. Wenn der Preis dafür der Tod eines Fremden war, der seinem Land politisch lästig schien, hatte der Betreffende eben Pech gehabt. Er hätte besser aufpassen sollen, mit wem er sich anlegte.
»Vielen Dank, dass Sie hergekommen sind und mich so kompetent beraten haben, Genosse Oberst. Sie werden von mir hören.«
Bubowoi erhob sich. »Ich diene der Sowjetunion«, erwiderte er und verließ das Büro durch die Geheimtür.
Roschdestwenski erwartete ihn im Vorzimmer.
»Wie ist’s gelaufen, Ilia?«
»Ich weiß nicht, ob ich das überhaupt sagen darf«, war die vorsichtige Antwort.
»Wenn es um Operation 666 geht, darfst du es, Ilia Fedorowitsch«, versicherte ihm Roschdestwenski, während er ihn auf den Flur hinausführte.
»Dann lief es sehr gut, Aleksei Nikolai’tsch. Mehr darf ich allerdings nur mit Erlaubnis des Vorsitzenden sagen.« Das Ganze war womöglich ein Sicherheitstest, so eng er auch mit Roschdestwenski befreundet sein mochte.
»Ich habe ihm gesagt, dass auf dich Verlass ist, Ilia. Das könnte für uns beide von Vorteil sein.«
»Wir dienen, Aleksei, genau wie alle anderen in diesem Gebäude.«
»Ich bringe dich zu deinem Wagen. Die Mittagsmaschine erreichst du leicht.« Ein paar Minuten später war er wieder in Andropows Büro.
»Und?«, fragte der KGB-Chef.
»Er sagt, das Treffen verlief positiv, aber sonst wollte er ohne Ihre Erlaubnis kein Wort sagen. Ilia Fedorowitsch nimmt seine Aufgabe sehr ernst, Genosse Vorsitzender. Soll ich Ihr Kontaktmann für die Mission sein?«
»Ja, der sind Sie, Aleksei«, bestätigte Andropow. »Ich werde eine entsprechende Nachricht absetzen.« Andropow hielt es nicht für nötig, die Operation selbst zu leiten. Er war jemand, der im großen Maßstab dachte, nicht in operativen Details. »Was wissen Sie über diesen Oberst Boris Strokow?«
»Bulgare? Der Name kommt mir bekannt vor. Er ist … wohl ein hochrangiger Geheimdienstoffizier, der sich auf Attentate spezialisiert hat. Er hat viel Erfahrung mit so etwas – und offensichtlich kennt Ilia ihn gut.«
»Wie spezialisiert man sich auf Attentate?«, fragte der KGB-Chef. Das war ein Detail innerhalb des KGB, in das er nicht eingeweiht war.
»Seine eigentlichen Aufgaben liegen natürlich woanders, aber der DS hat eine kleine Gruppe von Offizieren, die mit diesen Dingen Erfahrung haben. Und er ist der erfahrenste. Seine operative Akte ist tadellos. Wenn ich mich recht erinnere, hat er sieben oder acht Todeskandidaten persönlich eliminiert – hauptsächlich Bulgaren, glaube ich. Vielleicht auch ein, zwei Türken, aber niemanden aus dem Westen, soviel ich weiß.«
»Ist das schwierig durchzuführen?«, fragte Juri Wladimirowitsch.
»Ich habe damit keinerlei Erfahrung«, gab Roschdestwenski zu. Er verkniff sich zu sagen, dass er auch nicht erpicht darauf war, diese Lücke zu füllen. »Diejenigen, die sich damit auskennen, sagen, ihre Hauptsorge sei nicht so sehr die Durchführung der Mission wie ihr erfolgreicher Abschluss – das heißt, hinterher den polizeilichen Ermittlungen zu entgehen. Dazu müssen Sie wissen, dass moderne Polizeibehörden bei der Ermittlung in Mordfällen sehr effektiv sind. Und in diesem Fall müssen Sie mit sehr gründlichen Ermittlungen rechnen.«
»Bubowoi möchte, dass dieser Strokow den Attentäter zu der Mission begleitet und ihn unmittelbar danach eliminiert.«
Roschdestwenski nickte nachdenklich. »Hört sich einleuchtend an. Soweit ich mich erinnern kann, haben auch wir bereits über diese Möglichkeit gesprochen.«
»Ja.« Andropow schloss kurz die Augen. Wieder lief das Bild vor ihm ab. Auf jeden Fall wurden dadurch einige politische Probleme gelöst. »Ja, im nächsten Schritt wäre dann also die Zustimmung des Politbüros für die Mission einzuholen.«
»Wie bald, Genosse Vorsitzender?«, fragte Oberst Roschdestwenski, dem es nicht gelang, seine Neugier zu zügeln.
»Morgen Nachmittag, denke
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