Red Rabbit: Roman
den er seine Frau hin und wieder mit Nachdruck hinweisen musste. Mary Pat stand einfach ein bisschen zu sehr auf Action. Doch sie genossen beide diplomatische Immunität, und meist waren die Russen peinlich darauf bedacht, dies zu respektieren. Selbst wenn es manchmal etwas brenzlig wurde, konnte es nie richtig brenzlig werden. Redete er sich zumindest ein.
»Guten Morgen, Oberst Bubowoi«, sagte Andropow freundlich, ohne aufzustehen.
»Einen schönen guten Tag, Genosse Vorsitzender«, antwortete der Agent aus Sofia und schluckte seine Erleichterung darüber hinunter, dass ihm Roschdestwenski nichts vorgemacht hatte. Man konnte schließlich nie vorsichtig – oder paranoid – genug sein.
»Wie geht’s in Sofia?« Andropow deutete auf den Ledersessel vor dem großen Eichenschreibtisch.
»Nun, Genosse Vorsitzender, unsere brüderlichen sozialistischen Kollegen zeigen sich nach wie vor hilfsbereit, insbesondere in Sachen Türkei.«
»Gut. Wir haben hier eine Mission, und ich würde gern Ihre Meinung hören, ob die Sache machbar ist.« Die Stimme blieb durch und durch freundlich.
»Und worum handelt es sich?«, fragte Bubowoi.
Während Andropow seinem Besucher seine Pläne auseinanderlegte, achtete er sehr genau auf dessen Mienenspiel. Der Oberst zeigte keinerlei Reaktion. Dafür war er zu erfahren, und zudem wusste er, dass er scharf beobachtet wurde.
»Bis wann?«, fragte er.
»Bis wann könnten Sie die nötigen Vorbereitungen treffen?«
»Dazu müsste ich mich erst der Kooperation unserer bulgarischen Freunde versichern. Ich weiß, an wen ich mich damit wenden muss – Oberst Boris Strokow, ein sehr fähiger DS-Mann. Er leitet deren Operationen in der Türkei – Schmuggel und dergleichen – und hat deshalb gute Beziehungen zu türkischen Unterweltkreisen. Diese Kontakte können sehr nützlich sein, vor allem wenn ein Attentat nötig ist.«
»Fahren Sie fort«, forderte der KGB-Chef seinen Gast auf.
»Genosse Vorsitzender, eine solche Operation wird nicht einfach werden. Da keine Möglichkeit besteht, einen Attentäter in die Privatunterkunft des Ziels einzuschleusen, muss der Anschlag praktisch bei einem Auftritt in der Öffentlichkeit durchgeführt werden, bei dem zwangsläufig viele Menschen zugegen sind. Wir könnten unserem Attentäter natürlich sagen, dass wir über Möglichkeiten verfügen, ihn hinterher herauszuholen, was allerdings nicht stimmt. Unter rein taktischen Gesichtspunkten betrachtet, wäre es besser, ihn unmittelbar, nachdem er den Schuss abgegeben hat, von einem zweiten Mann töten zu lassen – mit einer Waffe mit Schalldämpfer. Für den zweiten Killer wird es wesentlich einfacher sein zu entkommen, da die Aufmerksamkeit der Menge auf den ersten Attentäter gerichtet ist. Außerdem wäre auf diese Weise das Problem aus der Welt geschafft, dass unser Attentäter der Polizei etwas erzählt. Die italienische Polizei hat zwar keinen guten Ruf, aber das
ist nicht ganz zu Recht so. Wie Ihnen unser Agent in Rom bestimmt versichern wird, sind deren Ermittlungsbehörden sehr gut organisiert und hochprofessionell. Daher kann es nur in unserem Interesse sein, den Attentäter unverzüglich zu eliminieren.«
»Aber wird das nicht auf die Beteiligung eines Geheimdienstes hindeuten?«, gab Andropow zu bedenken.
Bubowoi lehnte sich zurück und begann mit großer Umsicht zu sprechen. Er wusste, was Andropow hören wollte, und er war bereit, es ihm zu sagen. »Genosse Vorsitzender, man muss die Risiken gegeneinander abwägen. Die größte Gefahr wäre, wenn unser Attentäter hinterher erzählen würde, wie er nach Rom gekommen ist. Tote sprechen nicht, wie es so schön heißt. Und eine zum Schweigen gebrachte Stimme kann keine Auskünfte mehr erteilen. Die andere Seite mag zwar Spekulationen anstellen, aber es werden Spekulationen bleiben. Umgekehrt können wir durch die von uns kontrollierten Presseorgane ohne große Mühe Informationen über muslimische Animositäten gegen das Oberhaupt der römischkatholischen Kirche in Umlauf bringen. Die westlichen Nachrichtenagenturen werden sie aufgreifen, und wenn wir entsprechend nachhelfen, können wir die öffentliche Meinung zu den Geschehnissen durchaus in unserem Sinn formen. Wie Sie wissen, stehen dem U. S.-Kanada-Institut für so etwas einige exzellente Akademiker zur Verfügung. Wir können sie die schwarze Propaganda ausformulieren und diese dann durch die Leute vom Ersten Hauptdirektorat verbreiten lassen. Die geplante Operation ist
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