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Reibereien

Reibereien

Titel: Reibereien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Djian
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schüt telte dabei immer stärker den Kopf.
    »Was ist denn los?« fragte ich und beschleunigte den Schritt, um neben ihr zu bleiben.
    Dann wandte sie sich plötzlich mir zu und drückte mich an sich. In einer Sekunde hatten ihre Tränen meine ganze Brust benetzt.
    »Entschuldige, mein Schatz«, sagte sie mehrmals und seufzte zwischendurch. »Nimm's mir nicht übel, mein Junge. Das habe ich nicht gewollt. Das habe ich nie gewollt.«
    Was sollte ich ihr nicht übelnehmen? Hatte ich mich etwa über etwas beklagt?
    Als Dimitris Vater übers Wochenende kam, sa hen wir ein Cabrio in den Weg einbiegen, und dann Olga, die ausstieg. Sie hatte einen Turban auf dem Kopf, eine riesige Sonnenbrille auf der Nase und lief mit ausgebreiteten Armen auf uns zu.
    Über ihre Schulter hinweg sah ich, wie der Sän ger der Diablos die Koffer ins Haus schleppte, während Dimitri mit schnellen Schritten auf ihn zuging.
    »Olga«, sagte ich. »Was für eine Überraschung. Was für eine Riesenüberraschung.«
    Hinter ihrem Rücken schien eine harte Ausein andersetzung zwischen Vater und Sohn entbrannt zu sein.
    »Ich hoffe, ich mache euch keine Unannehmlich keiten«, sagte Olga mit einer Miene, die besagte, daß sie sich darum nicht im geringsten scherte.
    »Was soll das heißen?« erwiderte ich mit einem breiten Lächeln.
    Ich war gespannt, wie Lili, die gerade ein Bad nahm, darauf reagieren würde, aber bevor ich es erfahren konnte, erschien Richard, um mich abzuho len. Wir nahmen an einem Da rt s-Turnier für Her ren teil, das neben dem L an dungssteg zugunsten eines karitativen Vereins veranstaltet wurde, der ledigen Müttern half, eine Anstellung zu finden.
    Die Frauen saßen in kleinen Gruppen im Schat ten hoher Bäume im Gras. Trotz alledem wollte ich die Sache so schnell wie möglich hinter mich bringen.
    »Bei dir ist wenigstens etwas los. Da tut sich im mer was«, erklärte Carole und starrte dabei zu ih rem Mann hinüber, der in einem kurzärmligen Hemd und über die Schulter geworfener Krawatte in einiger Entfernung stand und mit jemandem ins Gespräch vertieft war. »Ich dagegen versaure buchstäblich. Ich lebe mit einem Zombie zusammen. Einem Vollidioten, einem tödlichen Langweiler.«
    Der Tag war sehr heiß. Der See würde bald brodeln. Das Licht war grell.
    »Olga hat mich nie enttäuscht«, erklärte ich und verzog dabei den Mund voller Bewunderung. »Ol ga und ich haben uns immer gut verstanden. Seit ich klein bin.«
    »Dieser Dimitri ist ein Idiot«, seufzte Carole. Als wir zurückkamen, war alles st il l im Haus. Der Horizont war flammend rot.
    Sie hatten sich unter einem großen Son-nen schirm niedergelassen. Lili war in die Lektüre einer Frauenzeitschrift vertieft. Olga und meine Mutter aßen Oliven. Dimitri telefonierte, und der Sänger der Diablos hatte einen Holzkohlengrill im Geräteschuppen aufgestöbert: Sein Gesicht glänzte im rötlichen Schein der Glut.
    Ich ging schwimmen. Die Abenddämmerung zog schnell herauf. Und plötzlich spürte ich, wie sich zwei Beine um meine Schenkel schlangen.
    »Das Wasser ist wunderbar warm«, rief Carole.
    Ich löste mich sanft von ihr, da ich die Situation nicht noch komplizierter machen wollte.
    »Ich denke, daß wir ein furchtbares Wochen- en de vor uns haben«, prophezeite ich und schwamm im Kreis um sie herum. »So wie die Sache aussieht, werden wir wohl nicht allzuviel Spaß haben, das sage ich dir.«
    Von der Stelle aus, an der wir waren, konnten wir die anderen in Ruhe beobachten.
    »Und wenn ich ihn verlasse, was machst du dann? Wahrscheinlich gar nichts, oder?«
    »Hör zu, Carole, im Moment habe ich wirklich andere Sorgen, meinst du nicht?«
    »Das habe ich doch nur im Scherz gesagt.«
    »Na schön, aber ich finde das gar nicht witzig.« »Das habe ich im Scherz gesagt.«
    Als ich aus dem Wasser kam, ging Lili weinend in ihr Zimmer hinauf. Ich rubbelte mir kurz den Kopf ab und fragte dann meine Mutter, was geschehen sei. Aber sie war offensichtlich mit anderen Dingen beschäftigt.
    Dimitri schaukelte auf einem Klappstuhl, in der einen Hand ein Bier, die andere Hand in der Ta sche, und starrte finster vor sich hin.
    Ich ging nach oben, um zu sehen, was los war. Als ich Lilis Zimmer betrat, lag sie auf dem Bett und schluchzte. Sie schrie: »Geh weg. Laß mich in Ruhe.« Ich setzte mich neben sie und diente ihr eine Weile als Kleenexspender.         »Daran mußt du dich gewöhnen«, sagte ich zu ihr. »Man hofft immer, daß es einen selbst nicht erwischt, das

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