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Reingekracht: Familien-Bullshit-Bingo (German Edition)

Reingekracht: Familien-Bullshit-Bingo (German Edition)

Titel: Reingekracht: Familien-Bullshit-Bingo (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kooky Rooster
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war und nicht meiner,
sie
es war, die jeden Tag solche Küsse bekam,
sie
es war, zu der er heute Abend ins Bett klettern würde und nicht ich?
    Zwar hatte man mir den Stuhl neben Patrick freigehalten, doch fühlte ich mich, als säße ich auf einem ganz anderen Planeten als er. Was ja auch zutraf. Er war Hetero und in einer Beziehung, ich war schwul und Single. Was uns verband war ein kurzes Intermezzo auf einer Raumstation im Nichts, ohne Vergangenheit und ohne Zukunft. Ich schob das Essen lustlos auf dem Teller hin und her, auch weil ich den Geschmack des Kusses nicht zerstören wollte. Gab es unter der Sonne eine trostlosere Gestalt?

Bull
     
    Ich nutzte die erstbeste Gelegenheit, (als sich die Raucher im Vorgarten zusammen rotteten um ihre Verdauungszigaretten zu inhalieren), und stürmte durch die Hintertür hinaus, eilte über den Rasen, vorbei an den Obstbäumen und Rosenstöcken, um mich irgendwo zu verkriechen.
    Als ich ein Kind gewesen war gab es ein Baumhaus in dem ich mich verbarrikadierte wenn die Welt gerade nicht nach meinem Willen lief, aber es war über die Jahre morsch geworden und mein Vater hatte es vor einigen Jahren abgerissen.
    Es gab nichts, hinter dem ich mich verstecken konnte, nicht einmal einen kleinen Busch. Das war alles den Bemühungen zum Opfer gefallen, einen sterilen Schaugarten zu etablieren. Ich ging die weiteren Tagesordnungspunkte durch, die ich noch ertragen musste, bis ich endlich die Heimreise antreten konnte. Ich war mir sicher, Julia würde ebenso die erstbeste Gelegenheit nutzen wollen, um von hier zu flüchten. Vielleicht sollte ich sie bitten, mich nur bis zum nächsten Bahnhof zu fahren. Ich konnte doch unmöglich verlangen, dass sie ausgerechnet den Menschen durch die Gegend kutschierte, der sich an ihrem Freund vergriff.
    Es würde noch die Geschenkübergabe mit Gratulation und anschließend Kaffee und Kuchen geben. Ich könnte aber auch sofort verschwinden. Der nächste Bahnhof, von dem aus ich nach Hause gelangen konnte, lag zwar drei Ortschaften weiter, aber das was leicht zu schaffen. Es gab nur einen Haken – ich musste an den Rauchern vorbei, ohne dass diese mich aufhielten. Es galt also, den richtigen Moment abzupassen und dann schnell zu sein. Schon bei der Planung meiner Flucht fühlte ich mich wie ein Feigling. Sollte ich es Julia und Patrick überlassen, alles richtig zu stellen? Immerhin hatten wir es
ihrem
blöden Spielchen zu verdanken, dass wir in dieser Situation feststeckten. Patrick konnte von dieser Familiendynamik nichts ahnen, aber meine Schwester hätte es wissen müssen.
    Wie ein Scharfschütze, der notfalls auch den ganzen Tag in seiner Position verbrachte und nur auf den richtigen Moment wartete, um zuzuschlagen, lehnte ich an der Hausmauer und lauerte darauf, dass sich die Raucher wieder ins Haus begaben. Zu meinem Leidwesen wechselten sie sich ab. Was tat ich hier? Hatte ich nicht das gute Recht, zu gehen wohin ich wollte?
    „Ach,
hier
bist du“, säuselte Carina, die mich hinter dem Haus aufstöberte. Sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt und stakste durchs Gras, als wäre es kniehoch. Der Wind spielte ein bisschen mit ihrem dunklen, schulterlangen Haar.
    „Die suchen dich da drinnen schon“, informierte sie mich und lächelte mich seltsam irritiert an. In gewisser Weise ging es ihr ganz ähnlich wie mir. Sie hatte sich in einen Mann verliebt, der ihre Gefühle nicht erwidern konnte. Allerdings fiele mir trotz allem nicht ein, sie wild zu küssen.
    „
Wer
sucht mich?“, wollte ich wissen, da ich mir nicht vorstellen konnte, dass ich wirklich jemandem fehlte.
    „Dein
Freund
“, behauptete sie. Beim Wort
'Freund'
gab es mir einen heftigen Stich in den Bauch und ich schnappte nach Luft. Es klang ungewohnt, irgendwie falsch und auf eine betörende Weise auch wieder total richtig.
    „Das glaub ich nicht“, stieß ich belustigt hervor. Ich konnte mir nicht vorstellen, warum Patrick mich suchen sollte. Außer vielleicht, um mir in einer stillen Ecke für das alles eine reinzuhauen. Er wirkte zwar nicht wie ein Schläger, aber ich hätte es gut verstehen können.
    „Na, das ist ja dann wohl
euer
Problem, da misch ich mich nicht ein“, meinte Carina und wandte sich ab, um wieder ins Haus zu gehen. Ehe sie drinnen verschwand hielt sie inne, strich sich eine Strähne hinters Ohr und sagte leise:
    „Ich wusste es nicht.“
    Autsch! Wenn sogar ihre Eltern angeblich seit Jahren gewusst hatten, dass ich schwul war, warum hatte ihr

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