Reise in die Niemandswelt
Sauerstoff atmen kann.«
»Kann er nicht?«
Sie sah ihn nachdenklich an. »Per, das kann er natürlich nicht. Kein Wasserstoffatmer verträgt Sauerstoff.«
Natürlich. Sie hatte ja recht. »Ja«, gab er zu. »Er atmet Wasserstoff. Denn ...« Er schluckte.
»Denn er ist ein Maahk«, sagte sie. »Ein Maahk, Per.«
*
Im ersten Augenblick hatte Rhodan Schwierigkeiten, den Ursprung der Unruhe zu erfassen. Ein leises Rumoren von irgendwo; Befehle, die er nicht verstand; hallende Schritte.
Er dachte immer noch über die Konsequenz von Maroanas Beobachtung nach: ein Maahk also. War das eine bloße Exzentrizität? Ein Spleen des hiesigen Universums?
Aber warum fühlte er sich dann mit seinem Butler so verbunden?
Er versuchte, die Dissonanzen zu ignorieren. Vielleicht würden sie auf diese Weise verschwinden, einem Albtraum ähnlich, aus dem man sich in einen Halbschlaf hinausschält, um dann von bösen Bildern unbelästigt weiterzuschlafen.
»Die Irene-Lieplich-Siedlung ist eine Forschungsstation, nicht wahr?«
Sie lachte. »Ertappt«, sagte sie. »Du meinst, es sieht hier eher aus wie in einem Urlaubsparadies, ja?«
»Ich weiß nicht. Ja. Aber was mich viel eher interessiert: Woran forscht ihr hier eigentlich? Eure Arbeit hat doch nichts mit dem Jupiter zu tun, oder? Du bist keine Astrophysikerin?«
»Du bist nicht hierhergekommen, um unser Budget zu kappen?«, fragte sie. Sie lächelte. Er verstand, dass ihr Vorwurf nichts als ein Scherz war.
Plötzlich aber war ihm nicht mehr zum Scherzen zumute. »Woran forscht ihr?«, fragte er nach.
Ferne, aufgeregte Stimmen. Einoder zweimal der trockene Korkenknall, mit dem sich eine Narkosewaffe entlud. Die Schritte kamen näher.
Maroana wandte ihren Blick ab und schaute in eine unbestimmte Ferne wie in ein nur ihr sichtbares Land. »Es ist ein wenig kompliziert«, sagte sie. »Laienhaft ausgedrückt: Wir betreiben Jenseitsforschung.«
Rhodan lachte. »Du willst sagen, ihr seid eine religiöse Institution?«
»Ganz und gar nicht.« Sie war vollkommen ernst. »Wenn du so willst, suchen wir nach den physikalischen nach den hyperoder subphysikalischen Strukturen des Jenseits.«
Was für ein Unsinn, wollte er sagen.
Aber hatte er nicht selbst Zivilisationen kennengelernt, die derartige Forschungen ernst nahmen? Was war mit dem Deltaraum der Baolin-Nda, diesem psi-aktiven Refugium? Warum also nicht.
Aber warum hatte er nichts von diesen Forschungen gewusst, die so nah bei Terra stattfanden?
Er wollte intensiver darüber nachdenken, aber die zunehmende Unruhe störte ihn. Immerhin fiel ihm noch ein, dass dies ja nicht sein Universum war und damit keinesfalls sicher, dass ähnliche Projekte auch auf seinem Jupiter betrieben wurden, etwa im Auftrag der Liga Freier Terraner.
Das Poltern und Rumoren nahm zu, das Knallen der Narkosegewehre. »Was geschieht dort?«, fragte Maroana.
»Ich dachte, du wüsstest es?« Er war ehrlich verwundert, bis ihm einfiel: Woher sollte sie es wissen? Ich bin es, der verfolgt wird.
Tatsächlich hörte er das Pochen, die Schritte in seinem Schädel, näher als je zuvor. Und durch das Geschehen in der Station hatten sie zusätzlich an Wirklichkeit gewonnen.
Es ist eine Invasion, dachte er. Sie suchen mich. Sie kommen mich holen.
Diejenigen, die ihn holen kamen, waren keine Eingreiftruppen der LFT, sondern Männer des hiesigen Reiches, ausgerüstet mit völlig anderem Gerät, als er es von der Liga, dem Ligadienst oder der Flotte kannte. Weder traten sie ganz sichtbar in Erscheinung, noch waren sie in Deflektorschilde gehüllt, sondern in ein merkwürdiges Zwischending. Rhodan sah herbeihuschende Schatten, nebelverhangene Phänomene, die die Terrassen entlangglitten, vielmehr -strömten, eine diffuse Flut, die mal bedächtig und tastend, dann wieder sprunghaft näher kam. Und zwar von allen Seiten.
»Sie kreisen uns ein«, sagte er und schaute sich um. Alle Fluchtwege abgeschnitten. Warum hatte er nicht früher reagiert? Der Sofortumschalter schaltet nicht mehr, dachte er voller Hohn über sich selbst.
In die Mitte des Sees, an dem er mit Maroana saß, kam Bewegung. Ein Wirbel entstand, das Wasser drehte sich, als ob es dort abflösse. Der Strudel kreiste schneller, sein Zentrum war bereits von Wasser leer. Aus dem Zentrum schob sich eine Gestalt.
Rhodan staunte, als er sie erkannte: Es war niemand anderes als sein Butler, der Maahk.
Er trug einen knochenfarbenen Schutzanzug; den Helm hatte er geschlossen. Er kann ja keinen
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