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Reise nach Genf

Reise nach Genf

Titel: Reise nach Genf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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verzweifelt.
    »Was ist, wenn man dich verprügelt? Oder tötet?« Das ›tötet‹ kam scharf, wie eine kleine Explosion.
    »Wer soll mich töten?« Jetzt war ich wirklich wütend.
    »Watermann ist getötet worden«, sagte sie einfach. »Jedenfalls glaubst du das.«
    »Im Gegensatz zu mir war er gefährlich. Wenn er Zeit gehabt hätte zu reden, wäre wahrscheinlich die Regierung am Ende gewesen, die Bundesregierung, die Landesregierung.«
    »Wenn du dich aufmachst, das zu beweisen, wird jemand kommen und dich nicht gerade höflich auffordern, deine Untersuchungen einzustellen.«
    »Das ist mein Job«, stellte ich fest.
    »Das muß er nicht sein«, sagte sie. »Ich habe Angst, daß sie dich zu Tode ramponiert in einen Zinksarg legen und der Öffentlichkeit versichern, du hättest einen tödlichen Unfall gehabt.«
    »Dann wird mich die Welt nicht mehr interessieren«, sagte ich mannhaft.
    »Mach es gut, mein Held«, murmelte sie mit einem schnellen ironischen Lächeln. »Ich kann diese dumme Opfertierhaltung nicht ausstehen und … na ja, es war wirklich schön.« Sie stand erneut auf und ging zum zweitenmal. Diesmal fuhr sie weg und kam nicht wieder.
    Die Sonne stand hoch und steil, und ich kochte mir einen starken schwarzen Kaffee und sah im Gästezimmer nach. Sie hatte alle ihre Sachen mitgenommen, sie hatte nicht einmal den dünnen schwarzen Pullover dagelassen, den wir ihr gekauft hatten, damit sie schneller ausgezogen war, wenn wir es kaum mehr erwarten konnten.
    Ich war nicht nur müde und erschöpft, ich war auch todtraurig und stand mir selbst im Weg. Es war nicht mein Tag, es war nicht meine Woche, und ich fragte mich, warum ich sie nicht zum Dableiben überredet hatte. Ich hatte nicht den Funken Mut, ich fand mich ekelhaft.
    »Hör zu«, erklärte ich meiner Katze beiläufig, »es ist durchaus möglich, daß ich verreise. Ich erwähne das nur, um ein für allemal klarzustellen, daß ich nicht damit einverstanden bin, daß während meiner Abwesenheit in diesem Haus alle Katzen des Dorfes rauschende Feste feiern. Beim letztenmal haben irgendwelche blöden Kater auf der Bettwäsche in Tante Friedas alter Kommode geschlafen, und Porzellan ging zu Bruch. Was ich sagen will, ist: Hände weg von meiner Aussteuer!«
    Sie blickte ungeheuer arrogant in die Gegend, stellte den Schwanz steil wie ein Sehrohr und stolzierte davon, als habe sie soeben eine Mißwahl gewonnen. »Na gut, dann mach doch, was du willst. Aber sag nicht, ich hätte dich nicht gewarnt.«
    Ich duschte und überlegte, wie ich argumentieren sollte. Mir fiel nichts Gescheites ein. Ich probierte alles mögliche aus. Ich versuchte es auf die eindringliche Tour, auf die sanfte, auf die intelligente, es blieb lahm.
     
    Ich erreichte Mannstein in Hamburg erst am Mittag. Ich sagte:
    »Ich will Watermann machen.«
    Mannstein war ein guter, kühler, herzlicher Mann. Er lachte und erwiderte: »Die Leiche ist seit fünf Jahren kalt, vergessen Sie die Sache.«
    »Lesen Sie es denn, wenn ich es Ihnen auf den Tisch lege?«
    Er war eine Weile still, dann fragte er vorsichtig: »Haben Sie etwas Neues? Ich meine: Können Sie beweisen, daß es Mord war?«
    »Noch nicht.«
    »Lassen Sie es sein. Kein Mensch will etwas über Watermann lesen, Watermann ist tot. Möglicherweise war er ein Schwein, wahrscheinlich. Aber das ist bekannt, und niemand interessiert sich für ihn.«
    »Doch, ich.«
    »Niemand wird Ihre Recherchen vorfinanzieren«, mahnte er mild. Er kam immer sehr schnell auf den Punkt.
    »Ich möchte Sie nur bitten, es zu lesen«, sagte ich matt.
    »Das tue ich. Verrennen Sie sich nicht.«
     
    Ich versuchte es bei Strehlau in München. Ich begann sehr vorsichtig: »Was würden Sie zum Stichwort Watermann äußern?«
    »Zunächst einmal nichts«, murmelte er. »Es sei denn, Sie bringen mir den Beweis, daß er ermordet wurde. Und den Mörder!«
    »Nehmen wir an, ich kriege den Beweis.«
    »Dann bin ich bereit, dafür angemessen zu zahlen.«
    »Was ist angemessen?«
    »Wie sieht Ihre Vorstellung aus?«
    »Zehntausend für die Spesen im voraus.«
    »Sind Sie krank? Ich meine, ich könnte mich mit der Hälfte einverstanden erklären. Also, wie sieht der Beweis aus?«
    »Was glauben Sie: Wer hatte ein Interesse daran, aus Watermann einen toten Watermann zu machen?« Ich lachte tief und kehlig, was erfahrungsgemäß vertrauensbildend wirkt.
    »Ungefähr fünf bis sieben Gruppen«, sagte er schnell und lapidar. »Die Tatsache, daß dieser Mann plötzlich tot in

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