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Reise nach Genf

Reise nach Genf

Titel: Reise nach Genf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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seiner Hotelbadewanne schwamm, hat Seufzer der Erleichterung ausgelöst, die man auf dem Mond hören konnte. Also, Baumeister, reden Sie nicht um den heißen Brei herum.«
    »Wir wissen, daß er bis oben voll war mit Medikamenten. Wir wissen weiterhin, daß er zwei zusätzliche Pillen nahm, die er aufgrund der vorher eingenommenen Beruhigungsmittel nicht mehr selbst nehmen konnte. Also muß ihm die jemand eingeflößt und ihn in die Badewanne expediert haben.«
    »Aha«, sagte er schnell. »Und Sie suchen diesen Mann. Und wenn Sie ihn gefunden haben, zahlen Sie ihm einen Hunderter für sein bibberndes Geständnis. Darauf wollen Sie doch hinaus, oder?« Er lachte nicht einmal.
    Ich räusperte mich. »Also erstens kann es meines Wissens nach sehr wohl eine Frau gewesen sein. Zweitens gab es einen Mann, der gewissermaßen als Inspizient der Sache fungierte.« Ich dachte wütend: Wenn ich schon übertreibe, soll es wenigstens überzeugend klingen.
    »Gibt es Beweise?« Er war noch vorsichtiger als ein Autofahrer auf den Klippen von Dover.
    »Ich mache mich auf den Weg, um diese Beweise zu holen.«
    »Zu holen oder zu finden?«
    »Nein, nein, zu holen. Watermann ist nicht von einer Person oder von einer Gruppe ermordet worden. Sagen wir: Es war eine konzertierte Aktion.«
    »Exklusiv?«
    »Na sicher exklusiv.«
    Er war wieder still. Dann fragte er: »Wer weiß davon, daß Sie erneut recherchieren?«
    »Niemand, noch niemand.«
    »Sehen Sie zu, daß es möglichst unter der Decke bleibt. Ich habe keine Lust, Spesen an einen Toten zu bezahlen. Ich überweise Ihnen die Fünf.«
    »Bitte jetzt per Fax und bitte heute«, sagte ich. »Ich melde mich von unterwegs.«
    »Ich lasse Ihnen das Geld sofort anweisen. Seien Sie nicht unnötig heldenhaft.«
    »Ich bin kein Held, ich arbeite für meine Pension.«
    »Und noch etwas. Unter den zwei- bis dreitausend Spuren, denen man in Sachen Watermann nachgehen sollte, ist eine Frau. Sie heißt Minna Tenhövel, stammt aus Kiel, ist jetzt ungefähr dreißig Jahre alt und hat damals, als es geschah, angeblich ein Kind von Watermann gekriegt oder erwartet.«
    »Ist das nicht verfolgt worden?«
    »Zumindest nicht gründlich, weil die Frau sich versteckte. Sie ist Geschäftsführerin in einem Bistro, Kiel-Stadtmitte. Das Ding heißt Harlekin oder Clown, irgend etwas in der Richtung. Ich weiß es so genau, weil ich dort schon mal ein Bier getrunken habe.«
     
    Ich ging in meine Teichgrube, holte das Werkzeug und die Schubkarre, brachte alles an seinen Platz und rief dann Christa an, ohne deren beharrliche Putzfrauenarbeit ich längst im Chaos versunken wäre. »Ich muß verreisen, fütterst du Krümel?«
    »Na sicher. Bist du lange fort?«
    »Ich weiß es nicht. Ich ruf dich an, falls es etwas geben sollte. Die Post könntest du reinholen. Die alten Rosen blühen, du solltest dir einen Strauß pflücken.«
    »Das mache ich nicht, das ist zu schade.«
    Folgte das obligate Telefonat mit meiner Bank, ob sie denn bereit wäre, mir ein paar Mark auszuzahlen. Meine Bank war wie immer sibyllinisch. Sie sagte, es seien zwar fünftausend per Fax angewiesen worden, aber ob die auch wirklich eintreffen würden, sei ja in diesen bitteren Zeiten höchst ungewiß. Ich wollte schon platzen und irgend etwas Unfrommes äußern, als mit gedehnter Sprechweise der Zusatz kam: »Wir könnten Ihnen natürlich etwas auszahlen.« Da ist man als Kunde richtig froh.
    Angedreckt wie ich war, fuhr ich zur Bank, weil ich aus Erfahrung weiß, daß man eine gute Ausgangsposition nutzen muß. Sie hatten gesagt, ich würde Geld bekommen, also durfte man ihnen keine Zeit geben, länger darüber nachzudenken. Ich bekam Geld.
    Ich packte eine Tasche voll Jeans, Hemden, Strümpfe und dergleichen Dinge mehr, stellte mich in die Haustür und dachte darüber nach, ob das, was ich zu tun beabsichtigte, auch nur den Hauch von Vernunft hatte. Die Antwort war ein klares Nein, und ich war zufrieden. Die größten Taten in der Menschheitsgeschichte waren aus ähnlichen Beweggründen zustande gekommen: bloße Raffgier, ungeheuer dämlicher Messianismus, schlichter Frust und das Gefühl, endlich einmal aus diesem dämlichen, kleinkarierten Alltag ausbrechen zu müssen. Wenn ich mich recht erinnere, war das bei Christoph Columbus auch nicht viel anders gewesen. Warum sollte ich den Watermann-Mord nicht recherchieren? Ich packte den Schlafsack in den Jeep, weil ich Hotels oder Pensionen sparen wollte. Ich vergaß die Schreibmaschine

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