Reise ohne Ende
überhaupt versuchen sollten.«
Rae sah zuerst zu dem medizinischen Offizier, und dann sagte sie: »Ich weiß, was Doran denkt, Ban, und er hat völlig recht. Wir haben in diesen Planeten schon zuviel investiert und müssen versuchen, wenigstens einen Teil unserer Verluste wieder hereinzuholen. Unsere Mannschaft ist verdammt knapp an der Zahl; wir sind gelähmt. Wenn jetzt auch noch die Puhbären streiken, dann sind wir noch mehr als gelähmt. Wir werden mit dem Betrieb des Schiffes erhebliche Schwierigkeiten bekommen. Es wird uns aber noch mehr Schwierigkeiten bereiten durchzuhalten, bis wir eine weitere verwendbare Welt gefunden haben oder bis die Kinder erwachsen sind. Wenn uns irgendeine Methode einfallen würde, wie wir aus dem Desaster hier noch etwas herausholen können, dann müßten wir sie ausprobieren.« Sie hatte »wenn« und »würde« gesagt und nicht »wenn« und »einfällt«, und Gildoran wußte, daß es keine Hoffnung mehr gab, obwohl sie noch weiter sprach. »Ich denke aber noch immer an das, was Gilhart uns kurz vor der Landung gesagt hat: ‚Dann und wann trifft man auf eine Welt, die zurückbeißt, und dann kann man nur noch weglaufen.’
Wenn noch etwas da ist, womit man weglaufen kann. Wenn wir weiter hierbleiben, dann riskieren wir weitere Verluste, und eigentlich gibt es keine echte Hoffnung auf Gewinne, die wir dagegen aufwiegen könnten. Ich stimme mit Raban überein, Gildoran. Wir müssen aufgeben.«
Gildoran nickte langsam. Sie hatte recht. Es gab nicht die geringste Chance, aus der Katastrophe seines ersten Kapitänsamtes noch etwas herauszuholen. Er konnte die Angelegenheit nur noch offiziell verkünden.
Als er langsam den Gang zur Brücke hinunterging, kam Rae ihm nach und berührte ihn leicht an der Schulter.
»Gildoran …«
»Ich habe uns schön etwas eingebrockt, Rae, nicht wahr? Mein erster Planet, mein erstes Kommando …«
Er hatte halbwegs Trost erwartet, aber sie sah ihn an und runzelte die Stirn. »Das ist reines Selbstmitleid, und das weißt du auch«, sagte sie. »Schmeichle dir bloß nicht mit dem Gedanken, daß dir ein Ausweg hätte einfallen können. Es gab einfach keinen. Manchmal gibt es kein Happy-End, Gildoran. Es liegt in der menschlichen Natur, sich danach zu sehnen. Wenn das dir ein Trost ist: Ich glaube nicht, daß Gilhart das hier besser gemacht hätte, aber das werden wir nie wissen. Wir haben getan, was wir konnten, und was uns jetzt noch bleibt ist, es hinter uns zu lassen und uns unserer nächsten Aufgabe zuzuwenden. Wenn du jemanden zum Ausweinen suchst, dann probiere es doch mal mit Ramie!«
Es war wie eine Dusche mit Eiswasser. Er schmeckte den Adrenalinstoß wie Metall in seinem Mund, und da ihm vor Wut die Worte fehlten, drehte er sich abrupt auf seinem Absatz um und wandte sich zur Brücke.
Er sah nicht, wie hinter ihm Gilraes Gesicht weicher wurde und daß Tränen in ihren Augen standen. Er stürmte wütend und ohne nachzudenken auf die Brücke und ging zu dem Platz, an dem er Gilhart zum letztenmal gesehen hatte.
Langsam zog er das Funkgerät für den Schiff-Boden-Kontakt zu sich heran. Lori sah voller Erwartung von ihrem Schirm auf, aber er kümmerte sich nicht um das Mädchen.
»An alle Besatzungsmitglieder, an Bord und auf dem Planeten, hier spricht der Kapitän«, sagte er mit schwerer Stimme. Er wußte, daß er auf der gesamten Samtfalter zu hören war – eine Seltenheit – und daß dies offiziellen Bekanntmachungen wie in diesem Fall vorbehalten war. »Es ist gemeinsam beschlossen worden, diesen Planeten aufzugeben. Geodätisches Team, jegliche Forschungsarbeiten sofort einstellen. Es wird ein Team zusammengestellt, das in Raumanzügen arbeitet und Treibstoff und Metall als Reserve für das Schiff sowie Rohmaterial für den Schiffskonverter einlädt. Die Labors und der Test-Transmitter werden zerlegt. Nach Abschluß dieser Aufgaben kehren alle Mannschaftsmitglieder zur Samtfalter zurück. Sämtliche Aufträge, die diesem Befehl zuwiderlaufen, sind hiermit widerrufen. Wir werden den Orbit dieses Planeten in einem Tag Schiffszeit, von diesem Augenblick an gerechnet, verlassen.«
Damit war es offiziell. Er hatte die Befehle erteilt, die das Fiasko seines ersten Kommandos verewigen würden. Langsam schob er das Funkgerät wieder von sich und sah auf den großen Schirm. Es war ein schöner Planet, der dort unter ihm lag, umhüllt von blau-grünen Schleiern, leicht glänzend wie ein schimmerndes Juwel in seiner eigenen Sonne – aber
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