Reise Um Die Erde in 80 Tagen
der Welt, ich liebe Sie, gehöre ganz Ihnen an!
– Ah! ...« rief Mrs. Aouda aus, die Hand auf dem Herzen. Auf den Ton der Glocke erschien Passepartout, während Herr Fogg noch die Hand der Mrs. Aouda in der seinigen hielt. Passepartout begriff, wie es stand, und sein Angesicht strahlte gleich der Sonne im Zenith der Tropengegenden.
[240] Herr Fogg fragte ihn, ob es nicht zu spät wäre, Se. Ehrwürden, Samuel Wilson, den Pastor von Mary-le-Bone zu rufen.
Passepartout sprach mit herzlichem Lachen: »Niemals zu spät.« Es war erst acht Uhr fünf Minuten.
»Für morgen, Montag! sagte er.
– Für morgen Montag? fragte Herr Fogg und blickte die junge Frau an.
– Für morgen, Montag!« erwiderte Mrs. Aouda.
Passepartout lief spornstreichs fort.
Sechsunddreißigstes Capitel.
Phileas Fogg steigt abermals auf dem Geldmarkt.
Nun ist's Zeit, des Umschlags der öffentlichen Meinung zu gedenken, welche im Vereinigten Königreich stattfand, als die Verhaftung des wirklichen Bankdiebs – eines gewissen James Strand – die am 17. December vorfiel, bekannt wurde.
Drei Tage zuvor war Phileas Fogg ein Verbrecher, dem die Polizei auf's äußerste nachspürte, und jetzt der ehrenhafteste Gentleman, der seine excentrische Reise um die Erde mit mathematischer Genauigkeit ausführte.
Was für ein Lärm, welche Wirkung in den Journalen!
Alle Wetten für und wider, die bereits vergessen waren, wachten wie auf einen Zauberschlag wieder auf. Alle Verträge gewannen wieder Geltung, alle Verbindlichkeiten lebten wieder auf, und, es ist nicht zu verhehlen, das Wetten begann wieder mit neuer Energie. Der Name Phileas Fogg gewann auf dem Platz abermals Prämien.
Die fünf Collegen des Gentleman im Reformclub brachten diese drei Tage in einiger Unruhe hin. Dieser Phileas Fogg, welchen sie bereits vergessen hatten, erschien wieder vor ihren Augen! Wo befand er sich wohl in diesem Augenblick. Am 17. December, – dem Tag der Verhaftung James Strand's [241] – waren es sechsundsiebenzig Tage, daß Phileas Fogg abgereist war, und noch keine Nachricht von ihm!
Hier bin ich, meine Herren! (S. 244.)
War er unterlegen? Hatte er den Wettkampf aufgegeben, oder setzte er seinen Weg dem Reiseprogramm gemäß fort? Und am Samstag, den 21. December um acht Uhr fünfundvierzig Minuten Abends, sollte er, wie ein Gott der Genauigkeit, auf der Schwelle des Reformclubsalons erscheinen?
Die Spannung, worin drei Tage lang dieser ganze Theil der englischen Gesellschaft schwebte, läßt sich nicht schildern. Man entsendete Depeschen nach [242] Amerika, nach Asien, um über Phileas Fogg Nachricht zu erhalten! Man schickte Morgens und Abends in Saville-Row, das Haus des Gentleman zu beobachten ... Nichts. Selbst die Polizei wußte nicht, was aus ihrem Detectiv Fix geworden war, welchen sie so unglückseliger Weise auf falsche Spur geschickt hatte. Demungeachtet erneuten sich die Wetten in höherem Maßstab. Phileas Fogg glich einem Rennpferd, das nun bei der letzten Wendung ankam. Man notirte ihn nicht mehr zu hundert, sondern zu zwanzig, zu zehn, zu fünf, und der alte, gelähmte Lord Albemarle nahm es selbst
al pari
.
Daher war auch am Samstag Abend in Pall-Mall und den nächsten Straßen großes Gedränge, an den Eingängen zum Reformclub standen die Mäkler wie in Permanenz, und man rief die Course des Phileas Fogg aus, als wie die der englischen Fonds. Die Polizei vermochte kaum die Menge in Ruhe zu halten, und je näher die Stunde kam, da Phileas Fogg ankommen mußte, um so höher stieg die Aufregung.
An diesem Abend waren die fünf Collegen des Gentleman seit acht Uhr im großen Salon des Reformclub versammelt. Die beiden Bankiers, John Sullivan und Samuel Fallentin, der Ingenieur Andrew Stuart, Walther Ralph, Administrator der Englischen Bank, der Brauer Thomas Flanagan, alle waren in gespannter Erwartung.
Als die Uhr des großen Saales acht Uhr fünfundzwanzig Minuten zeigte, stand Andrew Stuart auf und sprach:
»Meine Herren, in zwanzig Minuten wird die Frist, welche wir mit Herrn Phileas Fogg ausgemacht haben, abgelaufen sein.
– Um wie viel Uhr ist der letzte Zug von Liverpool angekommen? fragte Thomas Flanagan.
– Um sieben Uhr dreiundzwanzig Minuten, erwiderte Walther Ralph, und der folgende Zug wird erst zehn Minuten nach zwölf eintreffen.
– Nun, meine Herren, fuhr Andrew Stuart fort, wenn Phileas Fogg um sieben Uhr dreiundzwanzig Minuten angekommen wäre, so wäre er bereits hier. Wir können also die Wette schon als
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