Reisefuehrer Amsterdam
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SNACKKULTUR
Kroket, frikandel, loempia und patat oorlog – so heißen die Stars der Amsterdamer Snackkultur. In Öl frittiert und lecker ungesund sind sie allesamt. Manche, wie loempia (zigarrenförmige Frühlingsrolle mit scharf-süßer Chilisauce), bamischijf (in Scheibenform gepresste und frittierte pikante Nudeln) und patat oorlog (Pommes mit Mayonnaise, Erdnusssauce und Zwiebeln) weisen kulinarische Einflüsse aus der Kolonialvergangenheit der Niederlande auf. Aber auch der urholländische nieuwe haring (Matjeshering) ist eigentlich Teil der ausgeprägten Fast-Food-Kultur, wird er doch selten als Hauptgericht gegessen, sondern meist als schneller Happen zwischendurch an einem Straßenstand verspeist.
Ihren Höhepunkt erlebt die Amsterdamer Snackkultur in der automatiek, einem Verkaufsautomaten für Heißes und Fettiges. Hinter kleinen Türchen schlummern Käsesoufflés, Hackbällchen und Nudelscheiben und warten darauf, dass jemand ein paar Euro einwirft, das Türchen öffnet und sie verspeist. Die bekannteste Snackbarkette mit automatiek heißt Febo, wurde bereits 1941 gegründet und findet sich in Amsterdam an fast jeder Ecke. Kenner schwören hingegen auf die hausgemachten Garnelen- und Fleischkroketten der Bäckerei Holtkamp in der Vijzelgracht 15, die auch auf der Vorspeisenkarte manch eines guten Restaurants stehen.
TAKELBALKEN
Man sieht sie an fast jedem Haus, ob es 400 oder vier Jahre alt ist: Takelbalken. Die mit einem Haken versehenen Balken ragen meist über dem Dachfenster aus der Fassade. Sie sind keineswegs historische Artefakte, sondern werden noch heute benutzt. Die Treppen in Amsterdamer Häusern sind extrem schmal und steil, sodass man größere Gegenstände kaum hinaufbringt. Stattdessen leiht man beim Umzugsunternehmer eine Seilwinde, befestigt sie am Takelbalken und hievt Schränke, Klaviere und andere sperrige Dinge durch ein Fenster in die Wohnung.
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Immer wieder begegnet man in Amsterdam einem Symbol aus drei übereinander stehenden Kreuzen. Es ziert nicht nur die Krone auf der Spitze des Westertoren, sondern auch den Giebelstein von Grachtenhäusern und vor allem die kleinen braunen, als Amsterdammertjes bekannten Pfähle, die in der Innenstadt Gehwege von der Straße abgrenzen. Mancher Besucher vermutet, dass die Kreuze etwas mit dem Rotlichtviertel und dem X-Rating von Filmen zu tun haben könnten – und in vielen Läden findet man auch mehr oder weniger witzige Souvenirs, die mit dieser Assoziation spielen. In Wahrheit handelt es sich aber um drei Andreaskreuze, die schon seit dem Mittelalter Teil des Amsterdamer Stadtwappens sind. Weshalb das Wappen ausgerechnet diese drei Kreuze zeigt, ist unklar. Vermutlich hat es damit zu tun, dass die meisten Einwohner Amsterdams im Mittelalter Fischer waren wie der Apostel Andreas. Ab 1505 mussten jedenfalls alle in Amsterdam registrierten Schiffe die Flagge mit den drei Kreuzen führen.
In Amsterdam werden überall drei Kreuze gemacht: auf Wappen, Kronen und Souvenirs
Drei Meter hohe Fenster ohne Gardinen sind an Amsterdamer Grachten keine Seltenheit. Viele Besucher wundern sich über die Offenherzigkeit der Niederländer, andere wissen von einer historischen Gardinensteuer zu berichten, die den sparsamen Amsterdamern die Vorhänge madig gemacht habe. Diese Steuer ist pure Legende. Zwar gab es im 19. Jh. eine Fenstersteuer, aber sie bezog sich auf die Zahl der Fenster, nicht auf deren Dekoration. Wahrscheinlicher ist, dass der Aufbau der Grachtenhäuser Gardinen unnötig machte. Zur Straße hin lag im Hochparterre meist ein repräsentativer Empfangsraum, in den Passanten ruhig hineinschauen durften. Das private Wohnzimmer befand sich dahinter, vor neugierigen Blicken geschützt. Einige führen dieGardinenlosigkeit auf die kalvinistische Religion zurück: Ein guter Kalvinist hatte nichts zu verbergen und gewährte deshalb gern Einblick in sein Heim. Angesichts der edlen Designermöbel, die heute oft hinter den Fenstern teurer Grachtenhäuser zu sehen sind, scheint inzwischen auch eine gute Portion Besitzerstolz mitzuspielen. Der zielt allerdings nur auf die Bewunderung der Besucher ab, denn zu den kalvinistischen Spielregeln gehört auch, dass Niederländer selbst nie in anderer Leute Fenster starren – und seien sie noch so unverhängt.
Bild: Neue Architektur auf der Insel der Königlich Niederländischen Schifffahrtsgesellschaft
Die Touren sind im Cityatlas grün markiert.
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