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Reisen im Skriptorium

Reisen im Skriptorium

Titel: Reisen im Skriptorium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Auster
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diese ungewöhnliche Bestellung, sagt aber nichts und gibt dem Mann das Gewünschte – drei Gläser Scotch, eins neben dem anderen aufgereiht. Der Mann trinkt sie nacheinanderer aus, bezahlt und geht. Am nächsten Tag um fünf Uhr erscheint er wieder und bestellt dasselbe. Drei Scotch auf einmal. So auch am nächsten Tag und immer so weiter, zwei Wochen lang. Schließlich kann der Barkeeper seine Neugier nicht mehr bezwingen. Ich will ja nicht neugierig sein, sagt er, aber Sie kommen jetzt seit zwei Wochen täglich hierher und bestellen drei Scotch auf einmal, und ich möchte bloß wissen warum. Die meisten Leute nehmen immer nur einen nach dem anderen. Ah, sagt der Mann, die Antwort ist ganz einfach. Ich habe zwei Brüder. Der eine lebt in New York, der andere in San Francisco, und wir drei stehen uns sehr nahe. Um unsere Freundschaft zu ehren, gehen wir täglich um fünf Uhr nachmittags in eine Bar und bestellen drei Scotch, tun so, als seienwir alle zusammen an einem Ort, und trinken schweigend auf unsere Gesundheit. Endlich hat der Barkeeper den Grund für dieses seltsame Ritual erfahren, er nickt und denkt nicht weiter darüber nach. Die Sache zieht sich noch vier Monate lang so hin. Täglich um fünf Uhr erscheint der Mann, und der Barkeeper stellt ihm die drei Gläser hin. Und dann geschieht etwas. Eines Nachmittags taucht der Mann zur üblichen Stunde auf, aber diesmal bestellt er nur zwei Scotch. Der Barkeeper ist beunruhigt, und nach einer Weile nimmt er seinen Mut zusammen und sagt: Ich will ja nicht neugierig sein, aber Sie kommen jetzt seit viereinhalb Monaten täglich hier vorbei und bestellen drei Scotch. Und heute bestellen Sie nur zwei. Ich weiß, das geht mich nichts an, aber ich will doch nicht hoffen, dass in Ihrer Familie etwas passiert ist. Nichts ist passiert, sagt der Mann so munter und vergnügt wie immer. Was ist denn dann der Grund?, fragt der Barkeeper. Die Antwort ist ganz einfach, sagt der Mann. Ich habe das Trinken aufgegeben.
    Der Besucher lacht lange und ausgiebig, und Mr.   Blank, der die Pointe ja schon kannte, lacht zwar nicht mit, lächelt dem Mann im schwarzen Hemd aber zu, zufrieden mit sich, dass er den Witz so gut erzählt hat. Als die Heiterkeit sich schließlich legt, sieht der Besucher Mr.   Blank an und sagt: Wissen Sie, wer ich bin?
    Ich bin mir nicht sicher, erwidert der alte Mann. Auf jeden Fall sind Sie nicht Fogg. Aber es ist keine Frage,dass ich Sie schon einmal gesehen habe – mehrmals, vermute ich.
    Ich bin Ihr Anwalt.
    Mein Anwalt. Das ist gut   … sehr gut. Ich hatte gehofft, Sie heute zu sehen. Wir haben viel zu besprechen.
    Ja, sagt der Mann im schwarzen Hemd und klopft auf die Aktenmappen auf seinem Schoß. Sehr viel zu besprechen. Aber bevor wir anfangen können, möchte ich, dass sie mich sehr aufmerksam ansehen und versuchen, sich an meinen Namen zu erinnern.
    Mr.   Blank betrachtet sorgfältig das schmale kantige Gesicht des Mannes, sieht ihm in die großen grauen Augen, studiert sein Kinn, seine Stirn und seine Augen, aber am Ende kann er nur einen Seufzer ausstoßen und ratlos den Kopf schütteln.
    Ich bin Quinn, Mr.   Blank, sagt der Mann. Daniel Quinn. Ihr erster Agent.
    Mr.   Blank stöhnt auf. Er schämt sich so sehr, ihm ist das so peinlich, dass ein Teil von ihm, der innerste Teil von ihm, sich am liebsten in ein Loch verkriechen und sterben würde. Bitte vergeben Sie mir, sagt er. Mein lieber Quinn – mein Bruder, mein Gefährte, mein treuer Freund. Das kommt von diesen verfluchten Pillen, die ich genommen habe. Die haben mich ganz durcheinandergebracht, ich weiß kaum noch, wo vorne und hinten ist.
    Sie haben mir mehr Aufträge gegeben als jedem anderen,sagt Quinn. Erinnern Sie sich an den Fall Stillman?
    Ein wenig, antwortet Mr.   Blank. Peter Stillman. Junior und Senior, wenn ich nicht irre. Einer der beiden war in Weiß gekleidet. Wer, habe ich vergessen, aber ich glaube, es war der Sohn.
    Vollkommen richtig. Der Sohn. Und dann die seltsame Sache mit Fanshawe.
    Sophies erster Mann. Der Irre, der einfach so verschwunden ist.
    Wieder richtig. Aber wir dürfen auch den Pass nicht vergessen. Nur eine Kleinigkeit, nehme ich an, aber trotzdem war es harte Arbeit.
    Was für ein Pass?
    Meiner. Der, den Anna Blume gefunden hat, nachdem Sie sie mit einem Auftrag losgeschickt hatten.
    Anna? Sie kennen Anna?
    Selbstverständlich. Jeder kennt Anna. Sie ist hier so etwas wie eine Legende.
    Das hat sie auch verdient. Eine Frau wie sie gibt es auf

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