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Reitclub Wedenbruck

Reitclub Wedenbruck

Titel: Reitclub Wedenbruck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Caspari
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und fuhren hastig mit dem Unterricht fort.
    Am schlimmsten erging es der Klasse von Ignaz dem Schrecklichen. Der so geliebte und auch gefürchtete Lehrer, sonst nicht nur ein Riese an Körpergröße, sondern auch an Kraft und Vitalität, schien heute seltsam nervös und zerfahren. Nico erkundigte sich schließlich vorsichtig, ob ihm nicht gut sei, doch er winkte geistesabwesend ab und wiederholte den eben gesagten Satz zum drittenmal . Dabei sah er immer wieder voller Unruhe auf seine Armbanduhr.
    Am Ende der Stunde schien er es nicht mehr auszuhalten. Er gab der Klasse eine schriftliche Arbeit, mit der sie sich in der kommenden Stunde beschäftigen sollte, und verließ das Haus. Gleich darauf hörten sie ihn in seinem Jeep davonfahren.
    In der großen Pause sprachen sie flüsternd miteinander. „Ignaz der Schreckliche ist krank, habt ihr schon gehört?“
    „Nein, wer sagt das?“
    „Die aus der Elften. Er wurde immer blasser, und schließlich ist er rausgerannt. Dann ist er weggefahren.“
    „Vielleicht hatte er Zahnschmerzen?“
    „Könnte sein. Wo er nie zum Zahnarzt geht, das hat er mir mal gestanden. Er hat Angst davor.“
    „Lächerlich. Dann geschieht’s ihm recht.“
    „Sei nicht so gemein. Mir tut er leid.“
    Die nächste Unterrichtsstunde verging, ohne daß sich etwas Besonderes ereignete. Doch kurz vor dem Läuten geschah etwas Seltsames. Es begann im Lehrerzimmer im ehemaligen Gartensaal und setzte sich durch die Klassenräume fort. Die Kronleuchter, die noch aus der Zeit schloßherrlicher Pracht stammten, begannen leise zu klirren, die Fensterscheiben vibrierten. Zu sehen war -zunächst - nichts.
    „Das ist ja, als wenn ein Elefant ums Haus galoppierte“, murmelte Frau Körber, die in der Sechsten unterrichtete.
    Caroline schnappte einen Teil des Satzes auf und gab ihn flüsternd an Oliver weiter.
    „Es ist ein Elefant im Park. Sicher einer vom Zirkus, den sie bei uns abstellen!“
    „Im Ernst? Ist ja irre!“
    Kurz darauf wurde Oliver, der der Tür am nächsten saß, von Frau Körber in den Materialraum geschickt, um ein paar Schautafeln zu holen. Von dort aus breitete sich das Gerücht in Windeseile im ganzen Haus aus.
    In der kleinen Pause vor Beginn der nächsten Stunde blieben die Schüler auf ihren Plätzen, trotzdem wußten es inzwischen alle.
    In der nächsten Stunde ertönte das seltsame Dröhnen von neuem. Diesmal hatte jemand sogar etwas an einem der Fenster vorbeihuschen sehen.
    „Er ist schwarz!“ wisperte Inger.
    „Dann muß es ein indischer sein. Indische Elefanten sind ein bißchen kleiner als afrikanische. Und schwarz. Glaube ich jedenfalls“, raunte Timo.
    Mit der Konzentration auf den Unterricht war es vorbei, obgleich jetzt wieder Ruhe herrschte. Was ein Elefant im Groß- Willmsdorfer Park zu suchen hatte, das bewegte jetzt die Köpfe. Und nicht nur die Köpfe der Schüler, wenn auch die Lehrer nicht an einen Elefanten, sondern an ein anderes ungewöhnlich großes Tier dachten.
    Gerade als der Unterricht wieder einigermaßen normale Formen anzunehmen begann, schrie Caroline auf. „Da! Seht mal raus!“
    Die Fenster im Hochparterre waren unter normalen Umständen nur mit einer Leiter zu erreichen. Jetzt schwebte, bis zu den Schultern sichtbar, Ignaz der Schreckliche draußen vorbei, in leicht schaukelnden Bewegungen und mit einem so verzückten Lächeln auf dem Gesicht, daß sie sich fragten, ob dies noch ihr gefürchteter Lehrer war.
    In diesem Augenblick sagten die Lehrer in allen Klassenzimmern das gleiche: Ihr dürft für eine halbe Stunde hinunter in den Park.
    Sekunden später raste der erste um die Hausecke - und blieb erschrocken stehen. Auf ihn zu galoppierte ein Pferd von enormer Größe, rabenschwarz mit einer schmalen weißen Blesse, die sich zum Maul hin verbreiterte und das Tier aussehen ließ, als habe es seine Nase tief in eine Schüssel Schlagsahne getaucht. Das Erstaunlichste aber waren seine Beine. Über den kräftigen Hufen, die fast die Größe der Hufe eines Kaltblüters erreichten, zog sich schneeweißes Fell bis zu den Knien hinauf, das in einem feinen, seidenweichen Behang auslief. Im Sattel saß strahlend vor Glück Ignaz der Schreckliche und galoppierte donnernd an ihnen vorbei.
    Bald hatte sich der Park mit Schülern gefüllt, die das Erscheinen des Neuen in Groß-Willmsdorf mit anhaltendem Applaus bedachten. Das war ein Pferd! Kaum einer hatte je in seinem Leben so ein Tier gesehen.
    Bille, die ein wenig mehr wußte als die anderen, wurde

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