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Requiem für eine Sängerin

Requiem für eine Sängerin

Titel: Requiem für eine Sängerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Corley
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besser als eine gute Mord-Rekonstruktion. Sie hatte den Fall verfolgt, weil Miss Johnstone eine Lehrerin gewesen war, was sie selbst einmal hatte werden wollen, und zu ihrer gelinden Überraschung war er immer noch nicht aufgeklärt. Aber er war ein gut aussehender Polizist, hübsch und realistisch. Sie war sicher, dass er den Täter finden würde.
    Das Foto des BMW löste eine Erinnerung aus, aber sie achtete nicht darauf. Dann wurden die Bilder gezeigt, eins nach dem anderen, und da bekam sie Magenflimmern. Sie hatte diesen Mann gesehen, den Mann im Fernsehen, den sie im Zusammenhang mit nicht weniger als drei schweren Verbrechen suchten. Aber wo hatte sie ihn gesehen? Sie ging die Begegnungen der letzten Zeit durch, vermochte das Gesicht im Fernsehen aber nicht einzuordnen.
    Sie grübelte weiter darüber nach, bis sie vor dem Zubettgehen ihren übergewichtigen Labrador hinausließ und bei der Gelegenheit daran dachte, dass sie dem jungen Paar, das in der Hütte Urlaub machte, einen Besuch abstatten musste. Dieser Gedanke half ihrem Gedächtnis endlich auf die Sprünge. Der Mann hatte die Hütte gemietet – sie konnte sich nicht erinnern, wann oder was sie miteinander gesprochen hatten, aber sie hatte ihn dort gesehen. Sie sah ihn noch immer deutlich vor sich, wie er an der Tür stand und ihr den Blick ins Innere versperrte. Er hatte viel dicker gewirkt als der Mann, den sie im Fernsehen beschrieben, aber sie war sicher, dass er es gewesen war.
    Miss Purbright rief den Hund früh ins Haus zurück, und das verwirrte, aber fügsame Tier gehorchte. Mit zitternder Hand griff sie nach der Radio Times , die sie wie immer zwischen die Sesselkissen geschoben hatte, damit niemand sie sah. Die Telefonnummer der Crime- Sendung stand darin, und sie wählte sie mit zittrigen Händen.
     
    Es gab einen potenziell wichtigen Zuschauer, der die Sendung verpasste und hinterher genügend Grund hatte, es zu bedauern. Aber er war zu sehr mit seinen Vorbereitungen und Aufräumarbeiten beschäftigt. Außerdem war er sich seiner Anonymität so sicher, dass er weder Rundfunk- und Fernsehnachrichten verfolgte noch Zeitung las, was sich ebenfalls als schwerwiegender Fehler erwies.
     
    Am Donnerstag arbeiteten mehr als fünfzig Polizisten in mittlerweile vier Grafschaften ganztags an dem Fall. Die Suche nach Rowlands Unterschlupf im Süden von London ging erfolglos weiter. Erschöpfende Befragungen in den Geschäften und Läden rund um Victoria Station hatten keine weiteren Hinweise gebracht.
    Fenwick blieb in der Einsatzzentrale, die ins Präsidium verlegt worden war, sobald der Assistant Chief Constable aufrichtiges Interesse an dem Fall entwickelt hatte. Obwohl es nicht mehr zu seiner Aufgabe gehörte, alle Aktennotizen über den Fall zu lesen, las er die Berichte und Akten immer wieder und suchte nach Hinweisen und Verbindungen, die die anderen möglicherweise übersehen hatten. Er fand nichts.
    Gegen halb elf erhielt er zu seiner Überraschung einen Anruf von Octavia Anderson. Ihre wunderbare Stimme klang trocken und rau und ungewöhnlich nervös. Sie müsse dringend mit ihm sprechen, sagte sie, und werde in etwas mehr als einer Stunde bei ihm sein.
    Diese Ankündigung machte Fenwick noch unruhiger. Er unternahm einen langen Spaziergang zum Friedhof, auf dem er an der Schule vorbeikam. Stille herrschte hinter den dicken Mauern und Brüstungen, das Gebäude wartete auf den Ansturm des neuen Schuljahrs. Der Friedhof lag trocken und still im Septembersonnenschein. Seit dem Tag, an dem Leslie Smith überfahren worden war, hatte es nicht mehr richtig geregnet, und das Gras, das vor wenigen Wochen noch saftig gewesen war, hatte eine staubige Khakifarbe angenommen; dazwischen einige wenige hellgrüne Stellen, wo Gräber liebevoll gegossen worden waren oder im Schatten von Bäumen lagen.
    Er ging wie von selbst zu Carols Grab. Als er näher kam, sah er den scharlachroten Farbtupfer auf dem ausgetrockneten Gras. Ihr Grab bildete eine einzige Masse roter Blumen. Die Floristin hatte nicht mehr genügend Rosen gehabt, daher hatte sie die Bestellung mit Nelken, dunkelroten Chrysanthemen, die nach Leichenhalle rochen, und Lilien ergänzt. Fenwick bezweifelte, dass Rowland die traurige Wirkung gewollt oder geschätzt hätte. Die Blumen stellten keineswegs einen trotzigen Ausdruck der Liebe dar, sondern genau das, was sie waren, ein Andenken an ein lange totes Mädchen.
    Die Blüten waren noch frisch. Manche, die im Schatten des Grabsteins, hatten

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