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Requiem für eine Sängerin

Requiem für eine Sängerin

Titel: Requiem für eine Sängerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Corley
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immer du tust, tust du mit meinem Segen, solange es der Gerechtigkeit dient und wir alle in Frieden ruhen können.
    Richard Truman
     
    Der Priester hatte ein hastig gekritzeltes Postskriptum hinzugefügt:
     
    Lieber Mr. Rowland, ich bin durch einen Eid verpflichtet, Ihnen diesen Brief zu schicken. Ich habe die letzten Tage unaufhörlich gebetet und weiß, ich muss Ihnen die Zeilen schicken, weil ich mein Wort gegeben habe. Aber hören Sie bitte nicht auf Ihren Onkel. Er ist ein alter, todkranker Mann, der Qualen leidet, weil er das Morphium verweigert, das ihm helfen würde. Ich weiß nicht, was sich in dem Päckchen befindet, das Sie mit dem Brief bekommen werden, aber lassen Sie sich von seinem Inhalt nicht so in die Irre führen und vom Weg abbringen wie Ihr armer Onkel. Er verlangt des Teufels Werk von Ihnen, nicht das unseres Herrn. Ich werde für Sie beide beten.
     
    Fenwick barg das Gesicht in den Händen, hielt den Kopf gesenkt und versuchte, den Tentakeln von Hass und Wut auszuweichen, die aus diesen Papieren nach ihm greifen wollten. Langsam und widerwillig öffnete er die beiden letzten Briefe. Der erste stammte von Katherine Johnstone, datiert sechs Monate nach Carols Tod. Es war ein Kondolenzbrief, sorgfältig formuliert und von einer offensichtlichen Zuneigung zu dem toten Mädchen diktiert. Er offenbarte nicht alles, was sie in ihrem Tagebuch festgehalten hatte, aber ihre Aufrichtigkeit hatte sie veranlasst, mehr preiszugeben als bei den Verhören. Sie gestand immerhin, dass Octavia kurz vor deren Tod bei Carol gewesen war und dass Octavia gelogen hatte. Am Ende des Briefes hieß es:
     
    Ich schreibe Ihnen das, weil ich denke, dass Sie es wissen sollten. Ich bin überzeugt davon, dass es eine logische Erklärung gibt und dass Octavia Sie, wie uns, von ihrer Unschuld überzeugen könnte …
    Katherine Johnstone
     
    Und damit hatte sie ihr eigenes Todesurteil unterschrieben, das zwanzig Jahre später vollstreckt worden war.
    Schließlich ein Kondolenzbrief von Carols Musiklehrerin. Ein Abschnitt fiel ihm besonders auf.
     
    Ich bin sicher, Sie wissen, was für ein begabtes Kind Carol war. Dieser schreckliche Unfall ist nicht nur ein Verlust für die Schule – der Welt ist ein begnadetes Talent verloren gegangen. Ich hoffe, sie hat Ihnen gesagt, dass wir sie für das De-Weir-Stipendium ins Auge gefasst hatten. Das ist eine seltene Ehre, die nicht jedes Jahr verliehen wird, aber ich persönlich glaube, dass sie sie verdient gehabt hätte, obwohl eine andere Kandidatin ihr ernsthaft Konkurrenz machte …
     
    Da hatte Fenwick sein Motiv.
    Der Assistant Chief Constable gönnte ihm fünf Minuten, bevor er zu einer Wohltätigkeitsveranstaltung musste. Seit dem Einsatz in der Kathedrale hatten sie einander kaum gesehen; die Atmosphäre war gespannt.
    «Die Antwort ist nein.» Der Assistant Chief Constable war unerbittlich. «Sie haben keinen Fall, sondern Klatsch und Tratsch aus den Briefen von Toten. Diese ganze Angelegenheit war peinlich genug, auch ohne dass Sie zwanzig Jahre alte Anschuldigungen von Mord und Verschwörung ans Licht bringen. Der Fall ist abgeschlossen.»
    «Aber, Sir, wir wissen, wie verzweifelt Anderson dieses Stipendium brauchte. Ihre ganze Zukunft hing davon ab, und jetzt steht fest, dass Carol es bekommen hätte. Darum haben sie sich gestritten. Wir haben ein Motiv .»
    «Bestenfalls ein wackeliges – und sonst nichts. Dank Rowland sind alle anderen tot, oder so gut wie; diese Smith wird sich ja wohl nicht wieder erholen. Und selbst wenn, Sie haben keine Beweise. Nur Gerede. Nein, Fenwick, lassen Sie es gut sein.»
    Der Assistant Chief Constable strich sich das Haar glatt und prüfte den Sitz seines Jacketts. Das Gespräch war beendet.
     
    Er musste dreimal läuten, bis das Mädchen die Tür einen Spalt breit öffnete und über die kurze Kette hinweg ins Licht des Spätnachmittags sah.
    «Ist sie da? Ich muss sie sprechen. Es ist wichtig.»
    Die Kette wurde abgenommen.
    Drei große Koffer und eine Truhe standen in der Diele, schon beschriftet für die Amerika-Tournee. Octavia war in dem kleinen roten Salon, sie stand mit dem Rücken zur Tür vor dem lodernden Kaminfeuer. Fenwick betrachtete sie eine ganze Weile und registrierte erstaunt, welche Faszination sie immer noch auf ihn ausübte. Sie drehte sich ein wenig, und ihr schlanker, beweglicher Leib zeichnete sich deutlich unter dem Kaschmirpullover ab.
    Im Hintergrund lief leise Musik. Er erkannte Faust . Das war einer von

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