Mars 01 - Die Prinzessin vom Mars
Vorwort
Dem Leser dieser Seiten:
Ich glaube, einige Worte zu Hauptmann Carters außergewöhnlicher Persönlichkeit sagen zu müssen, wenn ich Ihnen nun sein bemerkenswertes Manuskript vorlege.
Meine ersten Erinnerungen an ihn stammen aus den Monaten, die er kurz vor Ausbruch des Bürgerkrieges in meinem Elternhaus in Virginia verbrachte. Obwohl ich damals gerade fünf Jahre alt war, kann ich gut mich an den hochgewachsenen, bartlosen und athletischen Mann erinnern, den ich Onkel Jack nannte.
Er schien immer guter Dinge zu sein und beteiligte sich an den Spielen der Kinder mit derselben Aufgeschlossenheit, wie er sie den Vergnügungen seiner Altersgenossen und Altersgenossinnen entgegenbrachte. Auch konnte er ganze Stunden bei meiner Großmutter sitzen und ihr von seinem seltsamen, wilden Leben in allen Teilen der Welt erzählen. Wir alle liebten ihn, und unsere Sklaven beteten förmlich den Boden an, den er betrat.
Er war eine sehr männliche Erscheinung, gut zwei Zoll über sechs Fuß groß, mit breiten Schultern, schmalen Hüften und der Haltung des durchtrainierten Soldaten. Er hatte regelmäßige, markante Gesichtszüge und schwarzes, kurzgeschnittenes Haar, und die stahlgrauen Augen verrieten einen starken und beständigen Charakter voller Leidenschaft und Unternehmungsgeist. Mit seinen makellosen Umgangsformen und seiner Eleganz verkörperte er den hochgebildeten Gentleman der Südstaaten.
Seine Reitkunst, besonders bei der Treibjagd, sorgte sogar hier, im Land der erstklassigen Reiter, für Aufsehen und Bewunderung. Oft hörte ich, wie mein Vater ihm ungezügelten Leichtsinn vorwarf, doch er lachte nur und meinte, daß das Pferd noch nicht geboren sei, das ihn abwerfen und töten konnte.
Bei Ausbruch des Krieges verließ er uns, und ich sah ihn erst nach fünfzehn, sechzehn Jahren wieder. Seine Rückkehr kam unerwartet, und es überraschte mich sehr, daß er offensichtlich in keiner Weise gealtert war und äußerlich unverändert schien. In Gesellschaft war er wie immer der originelle und lustige Mensch, den wir von früher kannten. Wähnte er sich indes allein, starrte er stundenlang in den Himmel, das Gesicht voller Sehnsucht und trauriger Resignation. Auch des Nachts konnte er oft so sitzen und nach oben blicken, wohin, erfuhr ich erst, als ich Jahre später dieses Manuskript las.
Er erzählte uns, daß er nach dem Krieg eine Zeitlang in Arizona auf Goldsuche gegangen war. und nicht ohne Erfolg. Davon zeugte die unbegrenzte Menge an Geld, über die er verfügte. Wie sein Leben in diesen Jahren im einzelnen verlaufen war, darüber hüllte er sich indes in Schweigen.
Etwa ein Jahr lang blieb er bei uns und ging dann nach New York, wo er ein kleines Stück Land am Hudson erwarb. Dort besuchte ich ihn einmal jährlich, wenn ich zum New Yorker Markt fuhr - mein Vater und ich betrieben zu jener Zeit eine Kette von Gemischtwarengeschäften in ganz Virginia. Hauptmann Carters kleines, aber schönes Landhaus stand am Steilufer des Flusses, über den man einen schönen Überblick hatte. Bei einem meiner letzten Besuche im Winter 1885 sah ich, daß der Hauptmann sehr viel mit Schreiben beschäftigt war, ich vermute nun, an diesem Manuskript.
Damals äußerte er mir gegenüber den Wunsch, daß ich mich um das Anwesen kümmern sollte, falls ihm etwas zustieße. Er gab mir den Schlüssel zu einem Fach des Safes in seinem Arbeitszimmer. Dort würde ich seinen Letzten Willen und einige persönliche Anweisungen finden, wobei ich ihm versprechen mußte, diese genauestens zu befolgen.
Als ich mich zur Nachtruhe begab, sah ich ihn von meinem Fenster mit fast flehentlich zum Himmel gestreckten Armen am Rand des Steilufers stehen. Damals dachte ich, er bete, obwohl ich ihn nie als einen streng religiösen Menschen kennengelernt hatte.
Einige Monate nach der Rückkehr von meinem letzten Besuch, ich glaube, es war am 1. März 1886, erhielt ich ein Telegramm, in dem er mich bat, sofort zu ihm zu kommen. Da er mich von allen Carters schon immer bevorzugt hatte, beeilte ich mich, seiner Bitte Folge zu leisten.
Am Morgen des 4.März 1886 traf ich auf dem kleinen Bahnhof ein, von dem es noch ungefähr eine Meile zu seinem Anwesen war. Als ich den Mietstallbesitzer bat, mich zu Hauptmann Carter zu bringen, erwiderte dieser, daß er, falls ich ein Freund des Hauptmannes sei, eine sehr schlechte Nachricht für mich habe. Der Hauptmann sei heute morgen kurz nach Tagesanbruch vom Wächter des angrenzenden Grundstückes tot
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