Resident Evil - Sammelband 01 - Die Geburt des Boesen
als jemand am anderen Ende des Waggons zu schreien anfing – ein langes Heulen, das anschwoll, während weitere dieser dunklen, schneckenartigen Kreaturen, jede so groß wie eine Männerfaust, gegen das Fenster klatschten. Das Geräusch des Hagels auf dem Dach wuchs sich vom einfachen Prasseln zum Sturm aus. Das Dröhnen übertönte das Geschrei im Waggon, das jetzt aus vielen Kehlen kam.
Kein Hagel … das ist kein Hagel!
Heiße Panik schoss durch Nybergs Körper und jagte ihn aus dem Sitz hoch. Er schaffte es bis zum Gang, bevor hinter ihm das Glas zerbarst, bevor überall im Zug Glas zersplitterte, und das Geräusch des brechenden Glases verschmolz mit den Entsetzensschreien. All das zusammen ging beinahe unter in dem anhaltenden Dröhnen des Angriffs.
Als die Lichter ausgingen, landete etwas Kaltes, Nasses und schrecklich Lebendiges in seinem Nacken und begann an ihm zu fressen.
EINS
Der Hubschrauber wirbelte durch die Dunkelheit, die über dem Raccoon Forest lastete.
Rebecca Chambers saß kerzengerade in ihrem Sitz und zwang sich, so ruhig zu wirken wie die Männer, die bei ihr waren. Die Stimmung war ernst – düster und trübe wie der vorbeipeitschende Himmel. Sämtliche Witze und Sticheleien waren beim Briefing zurückgeblieben. Dies war keine Übung. Drei weitere Menschen, Wanderer, wurden vermisst – was in einem Wald, der so groß war wie der um Raccoon, nichts Ungewöhnliches war –, aber durch die Serie brutaler Morde, von der die kleine Stadt seit ein paar Wochen erschüttert wurde, hatte der Begriff „vermisst“ eine neue Bedeutung erlangt. Vor einigen Tagen erst hatte man ein neuntes Opfer gefunden, so übel zugerichtet und zerfetzt, als sei es durch einen Fleischwolf gedreht worden. Menschen wurden entlang des Stadtrands ermordet, von irgendjemandem oder - etwas brutal attackiert, und die Polizei von Raccoon kam mit ihren Ermittlungen nicht spürbar voran. Schließlich hatte man die örtliche S.T.A.R.S.-Einheit in die Untersuchung einbezogen.
Rebecca reckte ihr Kinn etwas vor, ein Anflug von Stolz durchdrang ihre Nervosität. Obwohl sie ihren Abschluss in Biochemie gemacht hatte, wurde sie als Feldsanitäterin des Bravo-Teams eingesetzt, nachdem sie dem Team vor noch nicht einmal ganz einem Monat beigetreten war.
Meine erste Mission. Was bedeutet, dass ich die Sache besser nicht vermassele. Sie holte tief Luft, stieß sie langsam wieder aus und versuchte, einen lässigen Eindruck zu erwecken.
Edward warf ihr ein aufmunterndes Lächeln zu, und Sully lehnte sich in der überfüllten Kabine herüber, um ihr beruhigend das Bein zu tätscheln. So viel also zum Thema „sich ganz cool geben“. So klug sie auch sein mochte, so entschlossen sie auch sein mochte, ihre berufliche Karriere anzupacken … gegen ihre Jugend war sie machtlos. Ebenso wie gegen die Tatsache, dass sie sogar noch jünger aussah, als sie es war. Mit achtzehn war sie die jüngste Bewerberin, die seit der Gründung im Jahr 1967 je bei S.T.A.R.S. aufgenommen worden war … und als einzige Frau im B-Team von Raccoon behandelte sie jedermann wie seine kleine Schwester.
Sie seufzte, erwiderte Edwards Lächeln und nickte Sully zu. Es war ja gar nicht mal so übel, eine Handvoll hartgesottener großer Brüder zu haben, die auf sie Acht gaben – so lange sie wussten und respektierten, dass sie sehr wohl auf sich selbst aufpassen konnte, wenn dies erforderlich war.
Zumindest hoffe ich es zu können , dachte sie. Es war schließlich ihr erster Auftrag, und obschon sie körperlich in guter Verfassung war, beschränkte sich ihre Kampferfahrung bislang doch auf Videosimulationen und Wochenendmissionen. Der Special Tactics and Rescue Service wollte sie letztendlich in seinen Labors beschäftigen, aber Einsätze vor Ort waren Vorschrift, und sie brauchte die Erfahrung. Nun ja, sie würden die Wälder als Team durchkämmen. Und wenn sie dabei auf die Leute oder Tiere stießen, die die Einwohner von Raccoon attackiert hatten, würde sie schließlich nicht auf sich allein gestellt sein.
Im Norden flackerte ein Blitz auf, ganz nahe, doch der darauf folgende Donner ging im Knattern des Helikopters unter. Rebecca beugte sich etwas vor, und ihr Blick durchforstete das Dunkel. Den ganzen Tag über war der Himmel klar gewesen, die Wolken waren erst kurz vor Sonnenuntergang aufgezogen. Sie würden auf jeden Fall nass werden. Aber wenigstens würde es ein warmer Regen sein; sie nahm an, dass es viel schlimmer hätte sein können
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