Resturlaub
seid!«
Ich warf den Strafzettel in Checkos Krug.
»Männo! Lass des!«
Ich schaute mich in der rustikalen Stube nach Hilfe um. Es bot sich keine an. Kein Jack Baur von der CTU und auch kein Bruce Willis. Nicht mal Johannes B. Kerner, der Checko mit einem betroffenen Blick und einem »Und das ist mir jetzt persönlich wichtig« hätte einschläfern können. Stattdessen blickte ich in die verständnislosen Augen der drallen Babsi, die einem älteren Touristen mit einer Radkarte gerade eine Spezi gebracht hatte.
Mein Seidla Rauchbier kam und ich nahm einen großen, ersten Schluck. Wie immer schmeckte es scheußlich am Anfang, Rauchbier wird nämlich erst ab dem dritten Krug genießbar.
»Ja, wenn Sie falsch g'standen sind, dann sind Sie falsch g'standen!«, kommentierte Babsi achselzuckend und stapfte in Richtung Ausschank. Checko hatte inzwischen die in Rauchbier getränkte Bedrohung unserer Freundschaft zum Trocknen über zwei Bierdeckelhäuschen gelegt.
»Des tut mir jetzt echt Leid, Bidschi, aber ich kann da kei Ausnahme machen.«
»Aber wir sind doch Freunde!«, protestierte ich.
»Ja glar sinn mir Freunde, aber trotzdem kann ich net des eine Audo aufschreim und des andere net, bloß weil ich jetzt jemanden kenn ...«
»Jemanden!?!«
»Na, dich halt!«
Ich zog den Strafzettel von den Bierdeckelhäuschen ab und warf ihn wieder in Checkos Krug.
»Männo!«, sagte Checko und klang dabei wie ein siebenjähriger Rotzlöffel, dem man im Freibad sein Wassereis wegnimmt.
»Schreib doch die Schwaben auf, die sich mit ihrer Klorollen-C-Klasse quer vors Rathaus stellen oder die ganzen Fischköpfe, fremde Kennzeichen halt!«
»Nanana!«, schimpfte Babsi. »Mir müssen scho a weng dollerand sei!«
»Des find ich a!«, ergänzte der Radtourist vom Nachbartisch ungefragt.
»Du nimmst ihn also nicht zurück?«, fragte ich Checko, wobei ich den Strafzettel genüsslich in den übrig gebliebenen Leber-käs-Senf drückte.
»Des kann ich net machen, weil .« »Weil ...?«
»Des geht echt net! Die Daden sind längst in die Zendrale g'funkt.«
Am liebsten hätte ich auch Checko mitsamt seiner »Daden« in die bescheuerte Zentrale gefunkt. Checko, der sich seinen Spitznamen bereits in der Grundschule verdient hatte, weil er immer der Letzte war, der irgendwas begriff. Checko, der sich inzwischen munter über die 100-Kilogrenze gefuttert hat und als einziger meiner Freunde einen Vollbart trägt. Checko, der mit seinen zarten 36 Jahren immer noch bei seinen Eltern wohnt und lieber Playstation spielt als mit Frauen auszugehen.
»Ordnung muss halt amal sein, Greulich«, tröstete mich die dralle Babsi.
»Genau!«, bestätigte der Radtourist.
Ich trank frustriert mein Bier leer und verabschiedete mich von Checko.
»Okay. Dann bis heute Abend?«
»Bis heut Abend!«
Ich war schon an der Tür, da drehte ich mich noch einmal zu Checko um. Er tat mir plötzlich Leid, wie er so gefangen war in seiner kleinen Welt des geordneten, ruhenden Verkehrs. Auch er schaute noch einmal zu mir rüber, wie ein Kind, das gemerkt hat, dass es etwas falsch gemacht hat, aber noch nicht so ganz weiß, was.
»Ich geb dir nächste Woch ä Bier aus auf Malle, okay?«, lautete sein Angebot der Wiedergutmachung.
»Ach Gott, ja. Malle ...«, seufzte ich. Unseren gemeinsamen Urlaub hatte ich schon wieder verdrängt. Wahrscheinlich, weil ich mich nicht gerade übermäßig freute auf den mittlerweile zehnten Trip nach El Arenal. Und dann stand da auch noch eine klitzekleine Kleinigkeit zwischen mir und diesem Urlaub: die Hochzeit meines besten Freundes.
Der Plan der Ente
DIE HOCHZEIT MEINES besten Freundes war eigentlich die Hochzeit meines letzten Freundes. Arne war aus einem einfachen Grund mein »letzter« Freund: weil er von all meinen Freunden der Einzige war, mit dem ich über alles reden konnte und in dessen Augen noch ein wenig Restleben und Rebellion funkelten. Arne hielt Cafe del Mar nicht für eine neue Eisdiele und Drum & Bass nicht für einen neuen Drehtabak. Und nun wollte er ausgerechnet Biggy heiraten! Oder sie ihn. Jedenfalls stand nach Jahren des Hin und Her der Termin fest, an dem unsere Freundschaft auf Eis gelegt werden würde: diesen Samstag.
Ich konnte ihn einfach nicht verstehen. Arne, der drahtige Modellathlet und siebenfache oberfränkische Meister im Rudern, wollte sich tatsächlich ein Leben lang an eine Frau ketten, die ebenso pummelig wie schlecht gelaunt war. Aber vielleicht war sie es ja nur, wenn ich in der Nähe
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