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Rette mich vor dir

Rette mich vor dir

Titel: Rette mich vor dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tahereh H. Mafi
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und Figuren und schwankende Lichter und abgehackte Bewegungen – alles fließt durcheinander. Die Geräusche sind verzerrt, entstellt, zu hoch und zu tief zugleich. Eisige Stromstöße zucken durch meine Adern, als sei jeder Teil meines Körpers eingeschlafen und solle geweckt werden.
    Vor mir taucht ein Gesicht auf.
    Ich versuche mich auf die Form und die Farben zu konzentrieren, versuche etwas zu erkennen, aber das ist zu schwierig, und plötzlich bekomme ich keine Luft mehr, in meinem Hals scheinen Messer zu stecken, meine Lunge muss durchlöchert sein, und je heftiger ich blinzle, desto weniger kann ich erkennen. Und nun bin ich nur noch zu kurzen Atemzügen imstande, wie als Kind, als die Ärzte mir erklärten, ich hätte Asthma. Doch sie irrten sich: Meine Kurzatmigkeit hatte nichts mit Asthma zu tun. Sondern mit Angst und Panikattacken und Hyperventilation. Und dieses Gefühl jetzt gleicht dem von damals. Als versuche man durch einen extrem dünnen Strohhalm Sauerstoff zu inhalieren. Als würde die Lunge dichtmachen und sich verabschieden. Schwindel erfasst mich. Und die Schmerzen sind übermächtig. Die Schmerzen, Schmerzen, Schmerzen. Die Schmerzen sind entsetzlich. Nicht auszuhalten. Überwältigend.
    Plötzlich bin ich blind.
    Ich spüre das Blut, das aus mir herausfließt, während ich blinzle wie verrückt, um wieder etwas sehen zu können. Doch da ist nur ein weißer Schleier vor meinen Augen. Und ich höre nichts mehr außer dem Pochen in meinen Ohren und den kurzen kurzen kurzen keuchenden Atemzügen, und mir ist heiß, so heiß, das Blut aus meinem Körper ist so frisch und warm und bildet eine Lache unter mir, neben mir.
    Das Leben fließt aus mir heraus, und ich denke an den Tod, denke, dass mein Leben so kurz war und ich es kaum leben konnte. Die meisten Jahre habe ich in Furcht zugebracht, bin niemals für mich selbst eingetreten, habe immer versucht so zu sein, wie die anderen mich haben wollten. 17 Jahre lang habe ich versucht, mich zu verbiegen, um anderen Menschen das Gefühl zu geben, dass sie in meiner Nähe in Sicherheit sein konnten.
    Doch es hat nichts genützt.
    Ich werde sterben, ohne auch nur das Geringste erreicht zu haben. Ich bin immer noch ein Niemand. Nur ein dummes kleines Mädchen, das im Haus eines Geistesgestörten verblutet.
    Und ich denke: Wenn ich noch mal von vorne anfangen könnte, würde ich alles anders machen.
    Ich würde besser sein. Ich würde etwas aus mir machen. Ich würde erfreuliche Spuren hinterlassen in dieser erbärmlichen Welt.
    Als Erstes würde ich Anderson umbringen.
    Leider bin ich nun selbst dem Tod schon so nah.

71
    Ich schlage die Augen auf.
    Und wundere mich über dieses seltsame Leben nach dem Tode. Merkwürdig, dass Warner hier ist, dass ich mich nicht bewegen kann, dass ich immer noch extreme Schmerzen habe. Noch absurder finde ich, dass mein Blick auf Tana und Randa fällt. Was sie hier machen, kann ich gar nicht begreifen.
    Ich höre etwas.
    Die Laute werden deutlicher, und da ich den Kopf nicht bewegen kann, konzentriere ich mich auf diese Geräusche.
    Stimmen.
    »Ihr müsst!«, schreit Warner.
    »Aber wir – wir k-können sie nicht anfassen«, sagt Tana mit tränenerstickter Stimme. »Deshalb können wir ihr nicht helfen –«
    »Ich kann nicht glauben, dass sie wirklich stirbt«, keucht Randa. »Ich hätte nicht gedacht, dass du die Wahrheit sagst –«
    »Sie stirbt nicht!«, erwidert Warner. »Sie wird nicht sterben! Bitte hört mir doch zu!« Er klingt verzweifelt. »Ihr könnt ihr helfen. Ich versuche euch doch schon die ganze Zeit zu erklären, wie. Ihr müsst mich berühren – ich kann eure Kräfte übernehmen – ich kann als Überträger funktionieren, und eure Energie –«
    »Das kann nicht sein«, widerspricht Tana. »Das ist nicht – Castle hat nicht gesagt, dass du das kannst – das hätte er uns doch wissen lassen –«
    »Großer Gott, bitte hört doch auf mich«, sagt Warner mit brechender Stimme. »Ich versuche nicht, euch reinzulegen –«
    »Du hast uns entführt!«, schreien beide Mädchen gleichzeitig.
    »Das war ich nicht! Ich habe euch nicht entführt –«
    »Wie sollten wir dir vertrauen können?«, sagt Tana. »Woher sollen wir wissen, dass du ihr das nicht selbst angetan hast?«
    »Wieso kümmert ihr euch nicht um sie?«, versetzt Warner, und er hört sich an, als bekäme er keine Luft mehr. »Wie könnt ihr sie einfach so da liegenlassen? Seht ihr nicht, dass sie verblutet – ich dachte, ihr seid ihre

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