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Rette mich vor dir

Rette mich vor dir

Titel: Rette mich vor dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tahereh H. Mafi
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möchte gerne im Erdboden versinken. Warner sagt kein Wort. Er trägt wieder einen perfekt sitzenden Anzug, seine Haare sehen fantastisch aus, und er wirkt wie der Warner, den ich anfangs kennengelernt habe; nur sein Blick ist anders. Er starrt mich an und sieht so schockiert aus, als würde er gleich in Ohnmacht fallen.
    »Ihr beiden kennt euch ja wohl, oder?« Anderson ist der Einzige, der sich amüsiert. Warner keucht, als hätte er mehrere Berge bestiegen, als könnte er nicht verstehen, was er sieht und warum, und er starrt auf meinen Hals, auf den schlimmen Bluterguss, der meine Haut verunziert, und der Ausdruck auf seinem Gesicht ist eine Mischung aus Wut und Entsetzen und Schmerz. Sein Blick wandert über das T-Shirt und die Shorts, und seine Lippen öffnen sich, doch dann reißt er sich zusammen, bemüht sich um eine neutrale Miene. Er versucht sich zu beherrschen, aber seine Brust hebt und senkt sich immer noch heftig. Und seine Stimme klingt nicht so kraftvoll wie gewohnt, als er sagt: «Was macht sie hier?«
    »Ich habe sie für uns herschaffen lassen«, antwortet Anderson lediglich.
    »Warum?«, fragt Warner. »Du hast doch gesagt, du wolltest sie nicht –«
    »Nun«, erwidert Anderson sinnend, »das stimmt so nicht ganz. Ich könnte sie gewiss nutzbringend einsetzen. Aber ich habe mich nun doch entschlossen, dass ich kein Interesse mehr habe an ihrer Gesellschaft.« Er schüttelt den Kopf. Blickt auf seine Beine. Seufzt. »Es ist so frustrierend, ein Krüppel zu sein«, sagt er und lacht wieder. »So enorm frustrierend. Aber«, er lächelt, »ich habe ja nun doch eine Methode gefunden, wie sich das wieder reparieren lässt. Wie der Urzustand wieder hergestellt werden kann. Auf beinahe magische Weise.«
    Etwas an seinem Blick, dem selbstgefälligen Klang seiner Stimme bewirkt noch schlimmere Übelkeit bei mir. »Wie meinen Sie das?«, frage ich, obwohl ich mich vor der Antwort fürchte.
    »Es wundert mich, dass Sie diese Frage überhaupt stellen müssen, meine Liebe. Ich meine, im Ernst – haben Sie wirklich geglaubt, ich würde den unversehrten Arm meines Sohnes nicht bemerken?« Er grinst. »Haben Sie wirklich geglaubt, es würde mir nicht auffallen, wenn er nicht nur unversehrt, sondern überdies komplett geheilt zurückkehrt? Keine Narben, keine Schwäche – als hätte er nie eine Schussverletzung gehabt! Das ist ein Wunder«, fügt er hinzu. »Ein Wunder, das, wie mein Sohn mir mitgeteilt hat, von diesen beiden kleinen Monstern in Ihren Reihen bewirkt wurde.«
    »Nein.«
    Maßloses Entsetzen erfasst mich, blendet mich.
    »O doch.« Er wirft einen Blick auf Warner. »Nicht wahr, mein Sohn?«
    »Nein«, keuche ich. »O Gott – was haben Sie getan – WO SIND SIE –«
    »Beruhigen Sie sich«, sagt Anderson. »Sie sind vollkommen unversehrt. Ich habe sie nur zu mir schaffen lassen, genau wie Sie. Sie müssen ja wohl schließlich gesund und lebendig sein, wenn sie mich heilen sollen, meinen Sie nicht?«
    »Wusstest du das?« Ich starre Warner an, rasend vor Wut. »Hast du das getan? Wusstest du, dass –«
    »Nein – Juliette«, antwortet er, »ich schwöre dir – das war nicht meine Idee –«
    »Ihr regt euch beide umsonst auf«, sagt Anderson und macht eine wegwerfende Handbewegung. »Im Moment müssen wir uns auf Wichtigeres konzentrieren. Es gibt dringende Dinge zu erledigen.«
    »Was«, sagt Warner, »meinst du damit?« Er sieht aus, als hätte er das Atmen eingestellt.
    »Gerechtigkeit, mein Sohn.« Anderson starrt mich an. »Ich meine Gerechtigkeit. Ich habe viel dafür übrig, für Gleichgewicht zu sorgen. Ordnung zu schaffen in der Welt. Und ich habe auf Sie gewartet, damit ich Ihnen zeigen kann, wie ich das meine. Das«, sagt er, »hätte ich bereits bei unserer ersten Begegnung tun sollen.« Er wirft einen Blick auf Warner. »Hörst du auch gut zu? Pass jetzt gut auf. Und schau genau hin.«
    Er zieht eine Pistole hervor.
    Und schießt mir in die Brust.

70
    Mein Herz explodiert.
    Ich werde nach hinten geschleudert, stolpere, stürze zu Boden, mein Kopf landet auf dem Teppich, meine Arme tun nichts, um meinen Fall zu dämpfen. Noch nie habe ich einen solchen Schmerz empfunden, und ich hätte ihn mir auch nie vorstellen können. Als detoniere Dynamit in meiner Brust, als würde ich von innen heraus in Brand gesteckt. Und plötzlich wird alles ganz langsam.
    So ist es also, wenn man stirbt, denke ich.
    Ich blinzle, und das scheint eine Ewigkeit zu dauern. Sehe verschwommene Bilder, Farben

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