Rettungskreuzer Ikarus Band 015 - Die abwartende Dominanz
Offizier des Kaisers. Als er seinen Eid abgelegt
hatte, war nie die Rede davon gewesen, dass ihm jeder Befehl gefallen würde,
den er auszuführen hatte.
»Rod, wo stehen wir jetzt? Wir haben eure alte Dame vernichtet, ebenso
wie alle Patrouillenboote der Hegemonie. Ihr habt euch tapfer verteidigt, keine
Frage, aber zwei Drittel unseres Geschwaders sind noch intakt, und Pronth hat
nichts mehr.«
Chanasi wusste, dass das nicht ganz der Wahrheit entsprach. Im Orbit des Planeten
kreisten noch zahlreiche Verteidigungssatelliten, automatische Raketenwerfer,
und auf dem Boden mussten noch die Streitkräfte der Hegemonie niedergekämpft
werden, wollte man den Planeten tatsächlich in Besitz nehmen und nicht
schlicht verwüsten.
Aber das änderte nichts daran, dass die Trümpfe in der Hand der Imperialen
lagen.
»Diaz, du hast leider absolut Recht. Der Hegemon wird aber kaum von seinem
Wort abrücken und seine Hauptwelt kampflos dem Multimperium überlassen.
Ihr werdet euch tatsächlich jeden Handbreit des Bodens erkämpfen müssen.
Und dass die Pronthiri trotz aller Nachteile zu kämpfen bereit und fähig
sind, das solltet ihr gemerkt haben.«
Diaz nickte und machte einen nachdenklichen Eindruck. Doch für ihn gab
es so gut wie keine Alternativen.
»Ich habe das erwartet. Hier herrscht zurzeit vielleicht noch ein bisschen
Verwirrung, da Joran außer Gefecht gesetzt ist. Aber wir haben deutliche
Marschbefehle, die ihre Gültigkeit nicht dadurch verloren haben, dass der
Prinz in der Krankenstation liegt. Früher oder später wird auch Commodore
Jangst zu diesem Schluss kommen. Das Gemetzel, das uns da bevor steht ... Rod,
können wir das nicht in unser aller Interesse irgendwie vermeiden?«
Sentenza sah Diaz in die Augen und wirkte bekümmert. Chanasis Hoffnungen
schwanden dahin.
»Ich werde mit dem Hegemon und der militärischen Führung reden,
Diaz. Ich will sehen, was ich machen kann, um die Stimmung hier zu wenden. Die
Kompromisslosigkeit des Imperiums macht die Sache aber nicht wirklich einfacher.
Könnte dein Commodore die Feindseligkeiten nicht aussetzen und einer diplomatischen
Lösung Raum geben?«
Chanasi seufzte. Dann schüttelte er traurig den Kopf.
»Du weißt doch, wie das hier abläuft, Rod ... Es gibt eindeutige
Befehle. Die Ziele sind klar definiert: Die Hegemonie ist einzunehmen, der Hegemon
ist gefangen zu setzen, alle Voraussetzungen zum Aufbau der kaiserlichen Verwaltung
sind zu treffen, die ganze Liste. Rod, der Thronfolger persönlich hat diese
Expedition angeführt! Wir haben die verdammte Unterschrift des verdammten
Kaisers auf unseren Befehlen! Was glaubst du, wie viel Spielraum ein subalterner
Geschwaderkommandeur hat, der zufällig in die brisante Situation geraten
ist, dass die unmittelbare Quelle seiner Autorität im Heilkoma liegt? Jangst
wird noch etwas zögern. Wenn ich ihm erzähle, dass du mit der Regierung
Pronths noch mal in Kontakt trittst, kann ich ihn vielleicht überreden,
noch eine oder zwei Stunden zu warten, da er dann für seinen Bericht einen
Grund angeben kann. Doch diese Karte kann ich nicht überreizen, Rod! Viel
länger wird sich Jangst nicht hinhalten lassen. Er wird den Angriffsbefehl
geben, und der Krieg wird bis zu seinem bitteren Ende fortgesetzt – und
das bittere Ende wird nach Lage der Dinge auf Seiten der Hegemonie liegen.«
Sentenza akzeptierte die Worte seines alten Kameraden mit Niedergeschlagenheit
und Verständnis zugleich. Chanasi beugte sich sowieso schon viel zu weit
aus dem Fenster. Mehr als einige Stunden würde er in der Tat nicht herausschinden
können. Doch das war immerhin besser als gar nichts ..., um noch einmal
mit der Regierung zu sprechen oder die letzten Vorbereitungen zur verzweifelten
Abwehrschlacht zu treffen, an der die Ikarus nicht teilnehmen würde.
Old Sally würde es nicht akzeptieren, und der Rettungskreuzer war trotz
seiner guten Ausrüstung kein Kriegsschiff. Hier gab es für Sentenza
Grenzen.
Das war vielleicht auch gut so. Es würde ihm keinen Spaß machen,
gegen alte Freunde ins Feld ziehen zu müssen.
»Okay, Diaz, ich verspreche dir, alles zu tun, um hier einen Sinneswandel
herbeizuführen. Versprich du dir aber bitte nicht zuviel davon«,
erwiderte Sentenza schließlich.
»Dann werde ich auch meinen Teil des Deals erfüllen, Rod«, meinte
Chanasi mit einem bitteren Lächeln. »Ich sehe, dass ich uns noch ein
oder
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