Rettungslos
dem Mädchen, und mit einem Mal weià sie, warum sie dieses Haus immer wieder vor sich gesehen hat.
42
Senta vergewissert sich, dass Kreuger nach wie vor reglos daliegt, dann geht sie in die Küche, wo ihr jedoch nichts Besonderes auffällt.
Inzwischen erklingen auch Hilferufe, schwach und gedämpft wie aus einem Schrank. Senta betritt die angrenzende Waschküche und stellt fest, dass die Rufe von jenseits einer Holztür kommen. Jemand hat in groÃer Hast oder Wut aufs Geratewohl fünf Bretter davorgenagelt, und Senta muss nicht lange überlegen, wer das war. Auch was Kreuger als Nächstes vorhatte, ist unschwer zu erkennen: In einer Ecke liegen leere Flaschen, die Bretter an der Tür sind mit Spiritus getränkt, und vor der Tür hat sich eine tellergroÃe Pfütze gebildet.
Senta beugt sich vor und ruft: »Ist da jemand?«
»Ja! Wir sind eingeschlossen! Bitte helfen Sie uns!« Eine Frauenstimme.
»Die Tür ist vernagelt! Ich suche rasch etwas, um die Bretter zu entfernen!«, ruft Senta.
»Werkzeug ist in der Garage, aber die ist abgeschlossen!« Die Stimme der Frau klingt ganz nahe, vermutlich steht sie direkt hinter der Tür.
Sentas Blick geht zur Garagentür. Der Schlüssel steckt. Als sie öffnet, schlägt ihr wieder dieser merkwürdige Geruch entgegen, nur stärker, irgendwie muffig, metallisch. Im nächsten Moment sieht sie einen Menschen am Boden liegen.
Entsetzt prallt sie zurück und will schnell die Tür zuschlagen, doch dann fasst sie sich ein Herz, knipst das Licht an und wirft einen Blick auf den Mann. Sie ist sich sicher, dass er nicht mehr lebt. Er liegt zwar auf dem Bauch, aber die breite Blutspur von der Tür bis zu seinem Körper spricht eine deutliche Sprache. DrauÃen ist das Blut offensichtlich aufgewischt worden, nicht aber in der Garage.
Sie wendet den Blick ab, geht an der Leiche vorbei und sucht nach Werkzeugen. Es liegt mehr als genug herum.
Mit einer Brechstange betritt sie die Waschküche und schiebt sie entschlossen hinter das erste Brett. Sie stemmt einen Fuà gegen die Wand und zieht. Es geht langsam und kostet weit mehr Kraft als gedacht, doch schlieÃlich hat sie es geschafft, und alle Bretter liegen am Boden.
»Die Bretter sind weg, aber ich habe keinen Schlüssel!«, ruft sie.
Als Antwort hört sie ein SchlieÃgeräusch, und die Tür geht einen Spalt auf.
Ein blasses Gesicht, umrahmt von strähnigem blondem Haar, sieht sie an. »Wo ist er?«
»Im Wohnzimmer. Er ist bewusstlos. Oder tot, ich weià es nicht. Kommen Sie doch raus!«
Senta hält der Frau die Hand hin und zieht sie sanft aus dem Keller. Tiefes Mitleid überkommt sie. Was hat die Arme bloà durchstehen müssen!?
»Ich heiÃe Senta«, sagt sie leise. »Keine Angst, es ist vorbei. Er kann Ihnen nichts mehr tun. Zur Sicherheit nehmen wir die Brechstange mit.«
Die Frau wischt sich die Tränen aus den Augen. »Meinen Sie wirklich? Ist er tot?« Dann zeigt sich Erkennen auf ihren Zügen. »Sie haben vor ein paar Tagen hier am Fenster gestanden!«
Senta nickt. Ja, so muss es gewesen sein, auch wenn sie es nicht mehr weiÃ.
»Wohnen Sie hier? Sind Sie Lisa?«
Ein Nicken.
Die zwei Frauen sehen sich an, dann dreht Lisa sich um und steigt die Kellertreppe hinab. Mit einem Mädchen auf den Armen kehrt sie zurück, geht in die Küche und legt das Kind auf den FuÃboden. Es schlägt die Augen auf und murmelt etwas Unverständliches.
Senta wird leichenblass. »Um Gottes willen!«
»Wasser«, sagt Lisa nur.
Mehr Worte braucht es auch nicht. Rasch füllt Senta ein Glas, sieht einen Beutel Trinkhalme auf dem Tisch an der Wand und nimmt einen heraus.
Während sie das kleine Mädchen ein wenig aufrichtet, hält Lisa ihr das Wasser hin. Der Halm erweist sich als hilfreich, denn das Kind ist völlig geschwächt, kann sich erst nach ein paar Schlucken aufs Trinken konzentrieren.
Senta wendet sich an Lisa: »Das Mädchen ist völlig ausgetrocknet, es muss ins Krankenhaus.«
Lisa geht nicht darauf ein.
Unvermittelt steht sie auf, tritt in die Tür zum Wohnzimmer und betrachtet wortlos Kreugers reglosen Körper. »Der ist nicht tot«, sagt sie gepresst.
Senta ist ihr gefolgt und legt ihr die Hand auf den Arm. »Er kann uns aber nichts mehr anhaben, er ist schwer verletzt. Und ich habe die Polizei gerufen. Hören Sie
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