Revenants Trilogie 01 - Von der Nacht verzaubert
Jules gewandt. Dann beantwortete sie meine Frage: »Nein, Kate. Nicht nur für die Numa. Leben zu retten bedeutet nicht, dass wir uns immer nur in die Flugbahn von Pistolenkugeln werfen oder Selbstmörder von den Gleisen schubsen. Wir haben alle schon bei Sondereinsatztruppen mitgemacht, waren Leibwächter oder in Anti-Terror-Kommandos.« Sie lachte, als sie meinen ungläubigen Gesichtsausdruck wahrnahm. »Ja, auch ich. Ich bin sogar mal siebzehn geworden. Ein bisschen Make-up und die richtige Frisur und schon wirke ich älter.«
Jules hatte eine Armbrust und Pfeile in seinen Koffer gespannt und bettete nun Dolche und Schwerter darüber. Er sah kurz auf und als er meinen Blick bemerkte, zwinkerte er mir kokett zu.
»Warum benutzt ihr keine Schusswaffen?«, fragte ich, überrascht davon, dass sie so unbekümmert waren.
»Die benutzen wir nur, wenn das von uns erwartet wird«, antwortete Charlotte. »Wenn wir Seite an Seite mit Menschen arbeiten, also beispielsweise als Leibwächter oder Sondereinsatzkräfte. Aber Gewehr- oder Pistolenkugeln sind nicht tödlich für Revenants«, sie machte eine kurze Pause, »oder andere wie uns.«
Bevor ich sie fragen konnte, was sie mit diesem »Andere« meinte, rief Ambrose, der gerade seine Stahlkappenschuhe zuschnürte: »Außerdem musst du zugeben, Katie-Lou, dass ein guter alter Zweikampf viel cooler ist.« Trotz allem musste ich lachen. Offensichtlich liebte er es zu kämpfen.
»Wie oft habt ihr Lucien und seinen Leuten denn schon gegenübergestanden?«, wollte ich wissen.
»Zahllose Male. Alles Teil eines endlosen Streits«, antwortete Charlotte.
»Dann seid ihr wohl auf der Siegerseite, sonst würdet ihr ja heute nicht hier stehen.«
Niemand sagte etwas. Irgendwann brach Jules das Schweigen. »Lass es mich so sagen: Es gab mal viel mehr von uns.« Die Schlange in meinem Bauch zog sich so fest zusammen, dass ich kaum noch atmen konnte.
»Es gab aber auch viel mehr von ihnen«, rief Jean-Baptiste, der gerade mit Gaspard den Raum betrat. Charlotte, Ambrose und Jules stellten sich kerzengerade hin, während Jean-Baptiste sie und ihre Waffenkoffer einen nach dem anderen musterte. »Wir haben alles, was wir brauchen«, sagte er schließlich und nickte allen anerkennend zu.
Er nahm zwei Spazierstöcke aus einem Schirmständer und warf einen davon Gaspard zu. Mit einer blitzschnellen Bewegung zauberte Gaspard ein Schwert aus dem Stock und untersuchte dessen Klinge.
Zusammen sahen sie aus wie eine kleine Armee, die von einem grimmigen General angeführt wurde. Jeder für sich hätte jedoch als Musiker auf dem Weg zu einem Auftritt durchgehen können — mit einem auffälligen Hang zu Lederklamotten allerdings.
Sie liefen alle hintereinander durch eine Doppeltür am hinteren Ende des Trainingssaals und von dort hinauf in den Hinterhof, wo mehrere Wagen, Motorräder und Motorroller geparkt waren. Jean-Baptiste stieg in einen mitternachtsblauen Sedan, Jules und Charlotte nahmen einen dunklen Jeep. Ambrose befestigte seinen Koffer an einer gigantischen Ducati und startete die Maschine mit lautem Dröhnen.
Als auch die restlichen anderen Fahrzeuge gestartet wurden, verschränkte ich die Arme und biss meine Zähne fest aufeinander. Das ist nicht mein Kampf, sagte ich mir selbst, es ist ihrer. Aber ich fühlte mich schrecklich hilflos — wie die Jungfrau in Nöten, die ich nie sein wollte.
Ich hörte Vincents Stimme: Sobald wir fertig sind, komme ich zu dir zurück.
»Pass auf dich auf«, murmelte ich.
Mir kann nichts passieren. Mein Körper ist hier bei dir.
»Dann pass auf die anderen auf«, sagte ich.
Tschüss, Kate, mon ange.
Ein Fahrzeug nach dem anderen verschwand langsam durch das Tor und tauchte geschmeidig in die dunkle Nacht. Dann waren sie fort.
G aspard entschuldigte sich und zog sich in die Bibliothek zurück, während Jeanne und ich langsam in die Küche gingen. Ich sah ihr dabei zu, wie sie die Spuren dieses schnellen Mahls beseitigte. Sie musste über die Jahre einiges miterlebt haben. Und ich brauchte Ablenkung. »Erzählen Sie mir was über Vincent?«
Jeanne steckte das Geschirrhandtuch in ihre Schürze. »Erst möchte ich, dass du mich duzt. Und dann mach ich dir einen Kaffee«, verlangte sie. »Wenn du so lange aufbleiben willst, bis sie zurückkommen, wirst du ihn brauchen.«
»Das wär toll, Jeanne. Danke. Trinkst du denn auch eine Tasse mit?«
»Nein, meine Liebe, das geht leider nicht. Ich muss nach Hause, meine Familie wartet auf
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