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Rheinmaerchen

Rheinmaerchen

Titel: Rheinmaerchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens Brentano
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lieber Biber?« fragte Murmeltier neugierig.
    »Ich war ein Fischer und hieß Biber«, sagte der Erzähler, »und lebte still hier am Teiche. Da nun einstens der Müller Voß eine Menge neuer Wörter und Redensarten, die ihm unter die Kleie gekommen waren, hier am Teiche waschen wollte, schnappten sie ihm meine Hechte und Karpfen weg, und so kamen alle diese wunderlichen Worte mit den Fischen nach und nach in meinen Netzen zu mir. Ich aber trieb einen frommen Handel damit; denn da ich wußte, daß der Müller alle Leute in Kornsäcke steckte und so in den Rauch hängte, die zu seiner Mühle kamen, ohne ein neues Wort zu haben, so warnte ich hier die Vorübergehenden und gab ihnen für kleine Münze neue Wörter, womit sie den Müller bezahlen konnten. Endlich merkte der Müller ihre Quelle; zornig kam er zu mir, nahm meinen ganzen Vorrat als sein Eigentum in Besitz, und verwandelte mich zur Strafe in das, was mein Name bedeutete, in einen Biber, und nahm mir die Sprache; denn umbringen durfte er mich nicht, weil seine Mutter mir wohlwollte. Als er mich so verwandelt hatte, sagte er: ‘Solange sollst du die Sprache verlieren, bis ein Murmeltier dich umarmt und zu dir spricht: lieber Biber! ‘ Daß du es sein könntest, wußte er nicht; so hast du mir die Sprache wiedergegeben und mir früher das Leben gerettet aus der Falle, die er mir gestellt, und nun will ich dir sagen, wie du zu der Mühle kommen kannst und wie du dich bei ihm benehmen mußt. – Nehme hier nicht den kurzen Weg, sondern gehe dort droben auf dem Umweg durch die Felsen. Mische dich in keinen Streit, keinen Handel, der dir auf dem Weg aufstoßen könnte; stellen sich dir wilde Tiere entgegen, so berühre sie nur mit deinem Schäferstab; triffst du jemand in Not, so helfe von ganzem Herzen; fährt dich jemand grob an, so antworte ihm höflich; des Müllers bösen Hunden gebe dein Brot. An die Türe klopfe nicht, sondern sage nur: ‘Ins Heu, ins Heu, ins Heuderlei’; erlaubt er dir, einen Strauß zu binden, so breche die Blumen nicht selber, sondern gehe lieber ohne Strauß heim; vor allem hüte dich, ein undeutsches Wort zu sagen, und statt Sack sage Beutel . – Nun gehe in Gottesnamen, ich will dir immer in der Nähe sein.«
    Murmeltier dankte dem Biber und trat nun ihre Reise an. Das erste, was ihr begegnete, war ein sehr lächerlicher Zank jenseits des Zaunes, der ihren schmalen Fußsteig begleitete. Zwei Männer stritten sich: ob die Louise oder die Dorothea schöner sei; der eine schrie, Louise hat schönere Füße, der andere sagte, Dorothea hat eine schönere Seele. Da schrie der erste: »Aber man geht nicht auf der Seele, man geht auf den Füßen«, und darauf sagte der zweite: »Man denkt auch nicht mit den Füßen, man denkt mit der Seele.« – »Louise hat immer mit den Hühnern zu tun.« – »Dorothea läuft immer an den Brunnen.« So zankten sie lange, und Murmeltier wollte eben durch den Busch gucken, als der Biber vor die Lücke trat und sie warnte.
    Als sie weiterkam, stellte sich ihr ein Wolf entgegen; er hatte sich eine Schafshaut umgehängt und Kamaschen angezogen und stellte sich ganz galant. Aber Murmeltier kannte ihn gleich, sie zeigte ihm nur den Schäferstab, und er zog sich zurück. So machte sie es auch mit einem Bären und einem Auerochsen; schon sah sie die Mühle am Ende einer Wiese liegen, als sie plötzlich neben sich an einem Brunnen eine weinende Stimme hörte. Sie eilt hinzu und sieht eine wunderschönes Kind in dem Brunnen liegen, das sich kaum mehr über dem Wasser erhalten kann. Ohne sich zu besinnen, springt Murmeltier hinab und wirft das Kind heraus ins weiche Gras. Als sie sich aber kaum selbst wieder auf den Rand des Brunnens geschwungen hatte, erblickt sie einen närrischen Affen in einer bunten Jacke, der das Kind aufpacken und davonlaufen will. Schnell springt nur Murmeltier herzu, rührt den Affen mit dem Schäferstab an, und er fällt auf den Rücken tot nieder. Nun naht sie sich, das Kind auf den Armen, der Türe der Mühle. Große Hunde nahen sich ihr; sie bellten nicht, denn der Müller, der das Hundegebell nicht leiden konnte, hatte ihnen die Zungen ausgeschnitten; aber grimmig fletschten sie die Zähne. Da gab ihnen Murmeltier ihr Brot, und sie legten sich ruhig wie Lämmer nieder und fraßen. Nun war zwar ein schöner brillantener Klopfer an der Türe, aber Murmeltier rührte ihn nicht an und sagte nur: »Ins Heu, ins Heu, ins Heuderlei« da sprang die Türe auf, sie ging mit dem Kinde

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