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Rheinmaerchen

Rheinmaerchen

Titel: Rheinmaerchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens Brentano
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Kasten voll
Silber, Perlen und Edelstein,
Dir, Murmeltier, wär alles allein;
Aber ich bin arm, daß Gott erbarm,
Alles ist leer, leer, leer, leer.
    Über diesem Geschwätz der Schwalbe erwachte Murmeltier, und da sie in der kühlen Morgenluft fror, weil ihr die böse Schwester ihr Kleid genommen hatte, ward sie sehr traurig und sah in den Brunnen und konnte nicht widerstehen, sie stürzte sich hinab. Sie sank leise hinunter in eine Kammer ganz von reinem Glas, wo Frau Lureley und Frau Else, die Bewohnerin dieses Brunnens, auf dem Bette saßen.
    Murmeltier umarmte weinend die Füße der Frau Lureley und küßte der Frau Else den Rock. Diese aber hoben sie auf und setzten sie neben sich, und Frau Else sagte zu ihr: »Mein liebes Mägdlein! soeben hat mir Frau Lureley viel Gutes von dir erzählt, und da sie jetzt abreist, will ich, die hier immer im Brunnen wohnt, deine Freundin sein.« Dann sprach Frau Lureley: »Warum hast du denn kein Kleid an?« – »Ach!« klagte Murmeltier, »alles hat mir die Mutter und die Schwester genommen, was Ihr mir geschenkt habt, und hat mich noch dazu in den Arm gezwickt, daß ich habe weinen müssen, da bin ich denn in meiner Angst hieher geflohen.«
    »Wohlan, mein Kind!« sagte Frau Else »ich will dir ein anderes Röckchen geben« – und nun gab sie ihr ein schönes, einfaches, grünes Kleid; dann schenkte sie ihr einen Spinnrocken, der immer von selbst spann, wenn sie allein war, und einen Schäferstab, der alle Wölfe verscheuchte, wenn sie ihn auf der Wiese aufsteckte. Nachdem Murmeltier herzlich für diese Geschenke gedankt hatte, sagte Frau Else: »Nun, mein Kind, kämme mir und Frau Lureley die Haare, wir wollen die deinigen dann auch kämmen« – dann gab sie ihr einen goldnen Kamm, und Murmeltier kämmte beiden die Haare und flocht sie so schön, daß die Wasserfrauen sehr zufrieden mit ihr waren. Frau Else kämmte ihr hierauf ihre Haare auch und sagte zu ihr: »Mein Kind! so oft du nun deine Haare schüttelst und kämmst, sollen dir die schönsten und glänzendsten Blumen herausfallen. Nun aber gehe nach Haus, besorge alles und führe dann deine Herde auf die Weide, damit die böse Frau Wirx und die Murxa dich nicht zanken.« – Frau Lureley machte sich nun auch auf die Reise und stieg, nachdem sie von ihrer Wirtin, der Frau Else, Abschied genommen, mit dem Murmeltier aus dem Brunnen. »Liebes Murmeltier!« sagte sie, »jetzt führe mich noch auf den rechten Weg, es soll dich nicht gereuen.« Murmeltier tat es von Herzen, sie ging mit ihr, bis wo das Bächlein einen Teich bildete; da sah sie einen Biber, der sich in einer Falle gefangen hatte, und schnell machte sie ihn frei, wofür ihr der Biber die Füße küßte und freundlich murrte. Da sprach Frau Lureley zu dem Biber:
    Lieber Biber!
Kannst nicht sagen,
Wie du möchtest dankbar sein.
Weil die Falle sie zerschlagen,
Sollst du ihr das Wasser tragen,
Sollst ihr Stall und Stub ausfegen
Und ihr dienen allerwegen.
Lieber Biber!
Kannst nicht sagen,
Wie du möchtest dankbar sein.
    Nach diesen Worten umarmte Frau Lureley das gute Murmeltier und trennte sich von ihr. Murmeltier aber eilte nach Hause und der Biber hinter ihr her, und während sie die Schafe schnell aus dem Stall trieb, hatte er ihr schon das nötige Wasser getragen und mit seinem Schwanze alles rein und sauber gekehrt, worauf er sich nach seiner Wohnung zurückbegab.
    Als Frau Wirx und Murxa die Schafe blöken hörten, standen sie auf und traten an die Türe. »Wer hat dir gesagt, die Schafe auszutreiben!« schrie Frau Wirx. »Hast du nicht gehört, daß Murxa heute auf die Wiese will?« – »Die Schafe mag sie immer treiben,« sagte Murxa, »aber nicht nach der Wiese; da geh ich allein hin; aber wo hat sie das grüne Kleid schon wieder her, sie muß gewiß stehlen.« Nun näherte sich Murmeltier und erzählte alles, was ihr im Brunnen begegnet. »Sieh!« schrie die Murxa, »wie sie sich die Haare in so zierliche Flechten gelegt« und riß ihr die Zöpfe herunter; da schüttelte Murmeltier ihre Locken, und es fielen die schönsten Blumen heraus, worüber Frau Wirx und Murxa sehr erstaunten, und letztere sagte: »Gleich will ich zum Brunnen laufen und mit eben solchen Gaben zurückkehren.«
    Frau Wirx befahl nun dem Murmeltier, ihre Herde nach der andern Seite des Waldes zu treiben und zugleich einen Korb voll Birnen am Abend mitzubringen von dem Baume, der dort stand. Murxa aber ging ganz hoffärtig in dem schönen Kleide der Frau Lureley nach dem Brunnen.

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