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Rheinmaerchen

Rheinmaerchen

Titel: Rheinmaerchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens Brentano
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Er umarmte nun seine Braut im Angesichte der holländischen Flotte, und beide luden den Hahn und das Einhorn zu Zeugen ihrer Verbindung ein. Die Braut nannte sich mit ihrem Taufnamen Continent, der Bräutigam aber Marinus. Sie überhäuften sich mit Liebkosungen; nun gaben sie den beiden Zeugen folgende Geschenke: Continent sagte zu dem Hahn: »Du sollst mächtig sein auf Erden«, und Marinus sagte zu dem Einhorn: »Du sollst mächtig sein auf dem Wasser und den Inseln.« Hierüber wurden beide eifersüchtig und begannen wieder zu streiten. Aber die Brautleute hießen sie nach Hause gehen und begannen so heftig zu tanzen, daß die Landenge zu reißen begann. Als aber auf der einen Seite der Halm eine Menuette krähte und das Einhorn auf der andern Seite einen englischen Tanz sang, kamen sie aus dem Takt und zerrten sich so herum, daß Marinus seiner Braut einen Ärmel ausriß; zu gleicher Zeit brach die Landenge entzwei, das Meer strömte zwischen England und Frankreich durch und trennte den Hahn und das Einhorn auf ewige Zeit. Was aus den Brautleuten geworden ist, weiß ich nicht, da das Wasser, das durch das zerrissene Land durchströmte, unsere Flotte mit solcher Geschwindigkeit zurücktrieb, daß wir, ehe wir uns versahen, wieder in Amsterdam waren. Der neuentstandene Kanal wurde, weil er entstanden, als der Ärmel der Braut ausgerissen wurde, Canal de la Manche , Ärmelkanal, genannt, und der Ärmel, welchen die Flut des Meeres weit, weit hinweggeschwemmt, heißt seitdem Ermelland.
    Als wir unsere Nachrichten den Generalstaaten hinterbrachten, dankte alles dem Himmel, daß die Hochzeit auf unserem Grund und Boden war vermieden worden, und dachte nun daran, wie man nun die Juden bei der ersten Gelegenheit für ihren mannigfach bewiesenen Starrsinn strafen sollte. Diese Gelegenheit ereignete sich bald.
    Die Kirchhofmauer der Juden war, als sie sich alle hineingeflüchtet vor den Schneidern, beschädigt worden, und sie hatten sie einem Maurer wieder herzustellen verakkordiert. Als dieser eines Mittags von seinem Gerüste herunterstieg und, auf einem Grabsteine sitzend, seinen Käs und Häring als Mittagsbrot aß, kam der vorwitzige Sündenbock, dem wegen des vielen geleckten Schneiderbluts das Fell juckte, und scheuerte sich so stark an einem Pfahle des Gerüstes, daß es über ihm zusammenstürzte und ihn maustot schlug. Die Juden, von dem Getöse herbeigelockt, begannen ein großes Geschrei und fingen den Maurer, schleppten ihn auf das Rathaus und wollten ihren Bock, den sie auf zweihundert Taler schätzten, von ihm bezahlt haben. Das Recht ward ihnen zugesprochen; der Maurer mußte die zweihundert Taler bezahlen. Weil er aber das Geld nicht hatte, fragten ihn die Generalstaaten: ob er ihnen alle seine Rechte abtreten wolle? »Von Herzen gern«, sagte der Maurer und begab sich weg.
    Die Generalstaaten zahlten den Juden nun die zweihundert Taler, und sie gingen zufrieden nach ihrer Gasse zurück. Wie erstaunten sie aber, als nach einer Stunde der Scharfrichter von Amsterdam in ihre Gasse mit seinem Karren kam und den Bock im Namen der Generalstaaten mit Gewalt als ihr erkauftes Eigentum abholte. Sie waren in Verzweiflung, ihr geheiligtes Tier in so unehrlichen Händen zu sehen, und bezahlten nun den Generalstaaten eine ungeheure Summe, um ihn wiederzuerhalten und zu begraben. Allein dies war noch nicht genug. Man hatte erfahren, daß sie dem langen Tag ein Stückchen abgeschnitten und es als ihren langen Tag zurückbehalten hatten. Dies mußten sei nun mit dem Magistrate teilen, welcher es in der Schneiderherberge aufhängen ließ zu einem ewigen Gedächtnisse, wie herrlich sich die Schneider um den Staat verdient gemacht. Auf Ansuchen der vielen zurückgelassenen traurigen Schneiderwitwen wurde es blau gefärbt und der blaue Montag, der Schneider ewiger Feier- und Spieltag, genannt.
    Dieser Tag, als ein Ehrentag der Schneider, ward nun durch die ganze Welt ausgerufen und lockte eine große Menge von Gesellen nach Amsterdam, welche, die Witwen heiratend, Meister wurden und die große Schneiderlücke, welche der Bock gerissen hatte, bald wieder ausfüllten. Ich aber, der so früh schon so gewaltige Taten getan und der das adeliche Blut in allen seinen Adern fühlte, wollte nicht mehr in Amsterdam, welches mir nach meines Vaters Tod ein Ort der Trauer war, bleiben, und machte mich fort auf die Wanderschaft.
    Nachdem ich viele Städte durchzogen, gefiel es mir hier in Mainz ziemlich wohl; doch wurde ich immer wegen

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