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Rico, Oskar und der Diebstahlstein

Rico, Oskar und der Diebstahlstein

Titel: Rico, Oskar und der Diebstahlstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Steinhöfel
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alles ziemlich bestens.
    Der Wehmeyer meint, ich würde erstaunliche Fortschritte machen.
    Mein bester Freund wohnt im selben Haus wie ich.
    Ich habe einen treuen Hund.
    Mama und ich wohnen in der coolsten Wohnung von Berlin.
    Und womöglich wird der Bühl irgendwann mein neuer Papa. Deshalb hatte ich auch nicht gemault, als er gefragt hatte, ob es mir was ausmachen würde, wenn er allein mit Mama nach Sri Lanka flog. Er sollte wissen, dass er einen selbstständigen, großzügigen und verständnisvollen Sohn kriegen würde. Außerdem hatte er mir fünfzig Euro Taschengeld für die Woche versprochen.
    Mein echter Papa ist schon lange tot. Als ich noch bloß gedacht hatte, er sei tot, war er es nicht, und als ich dann dachte, dass er noch lebendig ist, war er das auch nicht. Letzten Sommer, nachdem Mama erpresst worden war, hatte sie das rausgefunden, nach jeder Menge Telefonaten mit Ämtern und Behörden.
    Mein Vater war schon vor fünf Jahren von einem Kleinlastwagen überfahren worden. Der Laster hatte Fische zum Markt transportiert, irgendwo an der Küste von Neapel. Das war ein bisschen unheimlich, weil ich mir immer ausgemalt hatte, mein Vater wäre an der Küste von Neapel beim Angeln ertrunken, also hatte ich mit seinem Tod durch Fische gar nicht so falschgelegen. Frau Dahling meinte sogar, nachdem sie davon erfuhr, ich besäße die heilige Gabe der Prophezeiung. Mit einer Prophezeiung sagt man etwas voraus, das später passiert, ohne dass man es vorher wissen konnte. Frau Dahling meinte, ich hätte zwar wegen meiner Tiefbegabung ein wenig danebengelegen, aber vermutlich hätte ich gerade wegen meiner Tiefbegabung das Talent der Prophezeiung erhalten, sozusagen als göttlichen Ausgleich.
    Ich war nicht traurig wegen meinem Vater. Ich hatte ihn nicht gekannt, und wer ihn gekannt hatte, hatte ihn doof gefunden. Vielleicht war er mal ganz nett gewesen, als Kind, aber vielleicht war er damals auch schon so blöde gewesen wie der dicke Thorben oder wie der bescheuerte Lawottny aus dem Förderzentrum.
    Also, alles bestens.
    Bis auf heute.
    Bis auf das Gelb.
    Deshalb fange ich vorsichtshalber jetzt einfach mal dieses neue Tagebuch an.
    Man weiß ja nie.



Auf dem Weg zum Flughafen gerieten wir in einen Stau. Eine halbe Stunde lang ging es kein Stück vorwärts, weil einem LKW ein Reifen geplatzt und der Wagen deshalb umgekippt war. Im strömenden Regen lagen Tausende von Apfelsinen auf der Fahrbahn. Der LKW mittendrin, alles schön kreuz und quer. Der unverletzte Fahrer stand davor, brüllte irgendwas in sein Handy und schüttelte immer wieder ungläubig den Kopf.
    Plitsch, platsch, plitsch, der Regen, so dicke, hastige Tropfen, dass man glauben konnte, sie wollten Löcher in den Straßenbelag schlagen. Andere Autos kamen an der Unfallstelle zuerst gar nicht vorbei und später, nachdem endlich die Polizei eingetrudelt war, nur einzeln und langsam, weil alle glotzten. Die Fahrbahn war voller Obstmatsche. Ein paar Leute stiegen aus, ohne den Regen zu beachten, stapften durch orangefarbenen Schlamm und sammelten die Apfelsinen ein, die den Unfall überlebt hatten.
    Plitsch, platsch, plitsch …
    Blitzgebritzel …
    RUMPUMPEL!
    Und dann das Ganze wieder von vorn. Auf dem Wagendach schienen kleine Prasseltierchen herumzuhopsen. Regentierchen … Ich musste an Porsche denken, der allein in der Wohnung war. Er hat zwar keine Angst vor Gewittern, aber womöglich wurde er trotzdem langsam unruhig. Ich versuche gerade, ihn an geregelte Zeiten zum Gassigehen zu gewöhnen, aber wir üben noch, und auf den Wohnzimmerteppich pullert er am liebsten.
    Plitsch, platsch, prassel …
    Mama war längst schon wieder ins Schwitzen geraten. Der Bühl streichelte schweigend ihre Hand – inzwischen weiß ich, dass er äußerlich ganz ruhig wird, je angespannter er innen drin ist – was ja viel besser ist als innen ruhig, aber außen zappelig –, und Irina fluchte auf Russisch. Es wäre eine prima Gelegenheit gewesen, ein paar neue Wörter für die Boutique zu lernen, aber Irina wollte ihr Geschimpfe nicht für mich übersetzen.
    Als wir schließlich am Flughafen ankamen, war der Abschied ein einziges hektisches Hoppeldipoppel. Küsschen hier, Küsschen da von Mama, dann noch eins hier und da und vorsichtshalber noch ein paar, weil ich ja einen Vorrat für die ganze nächste Woche

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