Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)
Denn wir sind nicht nur Händler, sondern auch Färber, Weber und Walker.“
Der Verweser wollte sie unterbrechen, um eine Frage zu stellen, aber der Wortschwall dieser Frau war nicht aufzuhalten gewesen.
„Der Wahlspruch meines seligen Mannes lautete: Alles ist gut zu kaufen, sobald alles gut verkauft ist!“ sagte Rixende während sie vor der Nase des Mannes herum gestikulierte. „Es wird also fünf bis sechs Wochen dauern, bis unser Hauptlager wieder ordentlich bestückt ist. Dann werden Euch die Augen aufgehen, Herr Verweser! Ihr müsst Euch wirklich nicht sorgen, es geht alles seinen Gang!“
Da der Verwalter noch immer leise Zweifel hegte, zeigte Rixende ihm die von ihr in langen Nächten gefälschten Geschäftsbücher, dabei erklärte sie erneut wortreich alle Vorgänge dreimal und übergab ihm im Anschluss daran freiwillig die am Vormittag von Mâitre Jean Rives gesiegelten Urkunden über den Übertrag der Ländereien und Häuser an Johanna, Königin von Frankreich und Navarra, wobei sie - ähnlich Aucassinne - ein so trauriges und entsetztes Gesicht machte, weil sie all ihr Hab und Gut hergeben sollte, dass der Mann sich endlich beruhigte und meinte: „Ich kann Eure Tränen gut verstehen, Frau Fabri. Doch der König hat es nun einmal so bestimmt.“
„Ich mache doch Euch keinen Vorwurf, Herr Verweser“, hatte Rixende daraufhin ganz sanft gesagt, ihn angelächelt und sich die Tränen abgetupft. „Was geschehen ist, ist nicht mehr zu ändern. So ist das Leben. Wollt Ihr mir jetzt zum Wagen folgen, um das wenige zu überprüfen, das mir der König erlaubt hat, mit nach Barcelona zu nehmen?“
Der Verweser, der im Grunde seines Herzens froh war, dass er nicht mit Schimpf und Schmähworten überzogen wurde bei der Übergabe von Fabris Geschäft - solcher Art Behandlung hatte er schon mehr als einmal erlebt -, prüfte daraufhin nur oberflächlich. Er bemerkte den doppelten Boden nicht, den Aucassinne angebracht hatte und in dem sich etliches mehr befand, als die schäbige Livre Tournois, die Wäsche und die drei Schmuckstücke, die Rixende bereitwillig vorlegte.
Am nächsten Morgen war es soweit.
Ein Planwagen, gezogen von zwei Rössern, holperte im Morgengrauen über das Kopfsteinpflaster der Stadt, in Richtung Porte Narbonnaise. Erneut heulte und tobte der Marin noir, als wollte er Rixende zum Abschied beweisen, dass seine Macht größer war als die aller Könige auf Erden. Schwarze Wolken, die nur so vorbeiflogen, waren seine Spielgefährten. Carcassonne jedoch schien wie ausgestorben. Fast alle hatten ihre Läden vorgelegt, an denen der Wind wie verrückt rüttelte.
Ihr Weg führte am Hinrichtungsplatz vorbei. Die Flüchtenden, des schlechten Wetters wegen in schützende Tücher gehüllt, hatten schon aus der Ferne einen kurzen ängstlichen Blick auf die acht hohen Galgen, die die Soldaten dort aufgerichtet hatten, geworfen. Der gräßliche Anblick jedoch, der sich ihnen beim Näherkommen bot, ließ ihnen fast das Blut in den Adern gefrieren.
In stiller Eintracht baumelten sie nebeneinander im Wind - in ihren ehrwürdigen schwarzen Amtskleidern -, die acht tapferen Konsuln von Carcassonne.
Elias Patrice am Anfang der Reihe und Jean Poux, der jüngste, am Schluss.
Ihr Anblick war um so abstoßender, als ihre toten, aufgedunsenen Gesichter starr auf die Frauen hinabsahen und die Zungen ihnen seitlich zum Mund heraushingen. Die ersten Rabenvögel waren schon eingetroffen und zerrten an den Gliedern der Senatoren.
Ein Schrei des Entsetzens würgte Raymonde Patrice in der Kehle, aber sie hielt sich nur zutiefst erschüttert die Hände vors Gesicht. Rixende, selbst den Tränen nahe, schauderte ein ums andere Mal und versuchte dennoch, die Freundin zu trösten.
„Arme Stadt Carcassonne“, wiederholte sie beim Vorüberfahren leise Elias Patrices Worte, die er nach dem Tod der beiden Fabris in der Kathedrale gesprochen hatte, „du hast im Kampf um deine Freiheit deine besten Männer verloren …“
Benete und Josette schluchzten laut auf. An der Porte Narbonnaise angelangt, rissen sich jedoch alle zusammen, um die Ausreise nicht zu gefährden. Gewissenhaft überprüften die Wachsoldaten den königlichen Erlass, den ihnen Aucassinne wortlos vorlegte, und keiner sah Rixendes Dienerinnen näher in die verheulten Augen.
Abbéville hatte nach einem langen unerfreulichen Disput mit d`Ablis endlich die Genehmigung erwirkt, Rixende Fabri unauffällig zu folgen, um herauszufinden, ob ihr Weg sie
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