Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)
Kopf.
„Nein, nein“, wiegelte sie ab, „Ihr seid die Herrin hier im Haus, und Ihr habt zu jeder Zeit das Recht, meine Küche zu inspizieren. Jener Mann dort“, sagte sie abfällig, wenn auch sehr leise, und sie deutete auf ihn, ist nur ein alter Hausierer, der mit Nähnadeln, Kämmen, Salz, Eichhörnchenfellen und anderen Dingen handelt. Er kommt sehr selten nach Carcassonne ... und ... und er ist sehr scheu Fremden gegenüber. Doch wartet, ich will Euch gleich den Korb bringen!“ Mit diesen Worten stürzte sie zum Verschlag in der Küchenecke.
Rixende warf einen weiteren neugierigen Blick auf den Fremden, der noch immer stumm am Tisch saß und die Augen gesenkt hielt, und dachte bei sich, dass dies wohl der erste Hausierer wäre, dem es am Mundwerk fehlte. In Gavarnie hatte es einmal einen gegeben, der mit Federn des Erzengels Gabriel unterwegs war, die jener angeblich verloren hatte, als er im Zimmer der Heiligen Jungfrau die frohe Botschaft verkündete. Rixende nahm sich vor, am Abend mit Aimeric über die sonderbare Angelegenheit zu reden, denn sie hatte Angst, dass solche Leute das Gesinde übers Ohr hauen könnten.
Doch über dem, was ihr kurze Zeit darauf auf dem Wochenmarkt zustieß, vergaß sie die ganze Geschichte.
Welch ein Lärm herrscht doch in dieser Stadt, dachte Rixende, als von der Schmiede unweit des Roten Hauses der Schall der Ambosse wie hundert Glocken an ihr Ohr drang. Die junge Frau beobachtete im Vorübergehen die beiden halbnackten Gesellen mit ihren Lederschürzen, die schweißüberströmt wie wild Hufeisen bearbeiteten, und wäre dabei um ein Haar mit einer alten Frau zusammengestoßen, die auf Bauernart den Wasserkrug auf dem Kopf trug. Das Wasser schwappte heraus und ergoss sich auf den Umhang der Frau. Mengarde lachte lauthals über das Ungeschick, doch die Alte begann auf unflätige Weise zu zetern, so dass sie alle drei beinahe in Streit geraten wären.
Vor dem Château comtal wurden riesige Buckelquader von einer Fuhre geladen. Bei Rixendes Anblick vergaßen die Bauleute ihre Arbeit und starrten sie neugierig an. Nun wurde Mengarde fast böse. Sie konnte sich an das Aufsehen, das Rixende in dieser Stadt erregte, obwohl sie nicht unziemlich gekleidet war, nicht gewöhnen.
„Wer so glotzt, dem fallen gleich die Augen raus!“ zischte sie. Die Maurer grölten noch einige Zeit hinter den beiden her, so dass einige Zimmerleute, die auf den Zinnen der inneren Mauer mit dem Bau hölzerner Hurden beschäftigt waren, auf die beiden Frauen aufmerksam wurden. Sichtlich froh über die Ablenkung, hielten sie in ihrer Arbeit inne und spähten neugierig auf die Gasse hinab. Wagemutig tanzten und kletterten die Männer vor Rixendes und Mengardes Augen auf dem hohen Gemäuer herum, um auf sich aufmerksam zu machen, sie schrien und johlten dermaßen, so dass Rixende es mit der Angst bekam und Mengarde schnell mit sich zog.
Durch die Porte Narbonnaise und die anderen Stadttore rumpelten und ratterten schwer mit Körben beladene Karren auf den großen Platz vor dem Schloss der Grafen Trencavel, an dem seit dem Morgengrauen die rote Fahne hing, die auf den Markttag aufmerksam machen sollte. Bald standen die unterschiedlichsten Stände rings um den Platz aufgereiht.
Kaum dass sie das winklige Gässchen, das zur Port Aude führte, hinter sich gelassen hatten, trat Rixende eine Bettlerin in den Weg.
„Mach, dass du dich davonscherst“, rief Mengarde der Frau in ihrem zerlumpten Rock und einem vielfach geflicktem Umhang zu, doch Rixende fielen die ungewöhnlich klaren, irisblauen Augen der noch jungen Frau auf, die sie geradezu in ihren Bann zogen.
„Nein, wartet“, sagte sie freundlich und kramte in ihrem Beutel nach ein paar Münzen.
Die Frau verbeugte sich geziert und meinte mit rauer Stimme: „Einzig aus Not nehme ich Euer Geld an. Ich ... könnte Euch aber, wenn Ihr es möchtet, als Gegenleistung die Zukunft voraussagen.“
„Die Zukunft weiß allein der Herr, und der lässt sich von niemandem ins Handwerk pfuschen“, warf Mengarde empört ein und fasste Rixende am Ellbogen, um sie mit sich fortzuziehen.
Rixende blieb jedoch stehen.
„Nimm den Korb und sieh dich um, ob jemand schöne süße Mandeln anbietet, Muhme“, sagte sie. „Mir geschieht schon nichts. Ich komme gleich nach.“
Mengarde verzog unwillig das Gesicht, ging dann aber voraus, nicht ohne sich mehrmals nach Rixende umzudrehen.
„Nun, du glaubst, mir die Zukunft voraussagen zu können, Bettlerin?“
Die
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