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Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)

Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Rixende ... : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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müssen – denn der Zutritt in den Frauenhäusern war Geistlichen, Verheirateten und Juden strengstens untersagt.
    Nikolaus von Abbéville dagegen nahm sich ständig derartige Privilegien heraus. Es war ein offenes Geheimnis auch in Albi, dass er seit Jahren eine Verbindung mit einer verheirateten Frau aus besten Tolosaner Kreisen hatte, deren Gatte stets auf Reisen ging, wenn Nikolaus sich ansagte.
    Fulco von Saint-Georges lächelte in sich hinein. Er gedachte nicht, sich Abbéville zum Vorbild zu nehmen, doch würde jener gewiss der letzte sein, der ihm eine kleine Liebelei vorhielte, so sie denn ans Tageslicht käme. Und dennoch – eines der üblichen Liebesabenteuer würde dies nicht werden, wenn überhaupt -, mit jener schönen Fremden, die gerade mit dem feisten Gewürzhändler disputierte, da war er sich sicher. Ein einziges Mal nur hatte diese Frau während der Messe seinem Blick standgehalten, und er hatte in große fragende Augen geschaut. Doch als Saint-Georges, fast gebannt von ihrer Anmut, zu lächeln begonnen hatte, hatte sie sich augenblicklich abgewandt und fortan die goldene Taube betrachtet, die während der Wandlung als Symbol des Heiligen Geistes über dem Altar hing. Aber gerade das machte die Sache interessant.
    Der Jäger war in Saint-Georges erwacht.
    Er setzte sich an den Großen Brunnen, in der Hoffnung, dass die beiden Frauen auf dem Heimweg dort vorübergehen würden, und lauschte dem Gesang einer Drossel. Und tatsächlich, es dauerte nicht lange, da kamen sie, miteinander schwatzend und lachend, und vollbepackt mit allerlei Waren.
    Als sie gerade in die Canissou-Gasse abbiegen wollten, die auf kürzestem Weg zum Roten Haus führte, stand der Inquisitor rasch auf, trat zwei Schritte auf die Frauen zu und verbeugte sich. Rixende hielt mitten in der Unterhaltung inne. Der Mönch von der Kathedrale! fuhr es ihr durch den Kopf. Doch sie fasste sich schnell, nickte kurz und lief weiter, ohne sich noch einmal nach ihm umzudrehen. Mengarde hätte dem Vorfall keine Bedeutung zugemessen, wäre Rixende nicht plötzlich verstummt.
    „Was hast du, Kleines“, fragte sie nach einigen Augenblicken und sah zu ihr hinüber.
    „Nichts“, antwortete Rixende. „Nur ... dieser Mönch, der mich gerade gegrüßt hat, er ...“
    „Ja, was ist mit ihm?“
    „Er ist seltsam, Muhme.“
    „Seltsam? Was soll das bedeuten? Kennst du ihn denn?“
    „Castel Fabri hat mir erzählt, dass er der Stellvertretende Inquisitor von Carcassonne wäre.“
    „Der waaas ...“ Mengarde blieb stehen und sah Rixende entsetzt an.
    „Du hast richtig gehört. Dieser Mönch hat mich schon in der Kathedrale nicht aus den Augen gelassen. Ich weiß nicht, was er von mir will.“
    „Heilige Sophie!“ stieß die Muhme hervor und stellte den Korb ab. Sie drehte sich um, doch Saint-Georges war bereits verschwunden. „Ich sollte dich wieder mitnehmen nach Gavarnie. Jawohl, das wäre das beste! Diese Brut, diese elende Bande ...“, murmelte sie in sich hinein, als sie weiterliefen, so dass Rixende alle Mühe hatte, sie wieder zu beruhigen.

    Der große Klostergarten am Rande der Vorstadt war vom Herbstnebel eingesponnen. Obwohl es regnete, steckte Fulco von Saint-Georges den Kopf mit dem dunklen, vollen Haarkranz zum Fenster seiner Zelle hinaus. Bruder Martin, der Gärtner, dessen Leidenschaft nicht die Frauen, sondern die Rosen waren, zog die Kapuze über das Haupt und warf einen kurzen Blick zu ihm hinauf.
    „Rosen füllen zwar nicht den Bauch, aber es gibt Zeiten in denen eine Rose wichtiger ist, als ein Stück Brot“, pflegte er zu sagen und dabei geheimnisvoll zu lächeln. Gerade schnitt er die verblühten Blumen ab, damit sich die alten Stöcke im nächsten Jahr, aufgebunden am Spalier, um so prachtvoller wieder entfalten konnten.
    Saint-Georges, der sich in den langen Jahren seiner Ordenszugehörigkeit einige geheime Wünsche bewahrt hatte, mochte besonders die weiße Sorte, die schon in der Antike als Sinnbild der Verschwiegenheit und der Liebe galt. Vor einer Woche erst hatte er sich heimlich eine Knospe im Klostergarten abgebrochen, sie unter der Kukulle versteckt und mit in seine Zelle genommen. Dann, in der Einsamkeit der Nacht, hatte er dem zarten betörenden Duft nachgespürt und sich mit ihm hinübergeträumt zur heimlich Geliebten. Denn Sibylle, die Schwägerin, hatte solche Rosen im Haar gehabt, als sie an einem sommerlich verträumten Tag kurz vor ihrer Hochzeit mit ihrem Gefolge wie ein Wirbelwind durch die

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