Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)
zugleich stolz gewesen, dass sich kein Konsul gegen ihn ausgesprochen hatte. Dennoch musste es sich einer bei der geheimen Wahl, als die Stimmtäfelchen in die Urne geworfen wurden, anders überlegt haben.
Und Aimeric hatte die halbe Nacht darüber nachgegrübelt, wer ihm unter den Senatoren feindlich gesonnen war. Es würde keine leichte Aufgabe werden, alle Meinungen und Wünsche der Konsuln unter einen Hut zu bringen und zugleich das Wohl der Stadt im Auge zu behalten, dachte er, als sie endlich am Festsaal angelangt waren. Überdies musste er die Inquisition und den Seneschall beobachten, den Tuchhandel führen, dass der Vater nichts daran auszusetzen hatte, und – die schwierigste Aufgabe überhaupt - endlich Rixendes Herz erobern.
Das große Festbankett wird Castel Fabri ein Vermögen kosten, sagten die Leute. Und sie hatten recht. Die halbe Stadt war auf den Beinen, um den Hochzeitszug zu begleiten, und die andere Hälfte – so schätzte man - war zum Mahl geladen. Unter den Gästen befanden sich der Vertreter des Seneschalls und die Konsuln - allen voran natürlich Fabris bester Freund Elias Patrice, der der Gilde der Gold- und Silberschmiede vorsaß, und seine Gattin Raymonde, Mondine gerufen, dann Jean Poux, der Sprecher der Weinhändler, Petrus von Vaisette, der mit Getreide handelte, der fast taube Bischof von Carcassonne, Jean de Chevry, der Lektor der Franziskaner, Bernhard Délicieux, sowie alle angesehenen Händler und Handwerker aus der Stadt und von außerhalb, Verwandte, Freunde, Nachbarn.
Als die vornehme Gesellschaft in den Festsaal einzog, wurde das Brautpaar bereits erwartet. Der Größe nach aufgereiht, standen sechs von Fabri ausgesuchte Diener Spalier, die die Speisen auftragen sollten. Ihr Wams war zweigeteilt, die linke Seite aus hellblauem Tuch, die rechte aus schwarzem, und bei den Beinlingen war es genau umgekehrt. Obendrein trugen sie die wohl längsten Schnabelschuhe der Welt, worüber sich die weiblichen Gäste beim Vorbeidefilieren nicht genug amüsieren konnten. Damit sie beim Auftragen der Gerichte nicht stolperten, hatten sie die Spitzen der poulaines vorsichtshalber mit silbernen Kettchen um ihre Knie gebunden. Hinter ihnen standen die für diesen Tag gemieteten Helfer in Gestalt des Kellermeisters, des Ersten und des Zweiten Kochs, der Soßenköche, Garnierer, Pasteten- und Waffelbäcker.
Das Brautpaar, Castel Fabri und die Ehrengäste nahmen auf der büne Platz, einem erhöhten Podest. Dort war ein silbernes Schiff aufgebaut – ein herrlicher Tafelaufsatz, den ein Tuchhändler aus Toulouse dem jungen Paar gesandt hatte. Es enthielt so wertvolle Dinge für den persönlichen Gebrauch wie zwei Löffel und zwei verzierte Trinkbecher aus Silber, eine bestickte Almosentasche und ein Fässchen Salz. Neugierig öffnete Rixende die zierlichen Schubfächer, die in das Schiff eingebaut waren, und fand dort zu ihrer Überraschung schwarzen Pfeffer, Galgant, Zimt und Safran vor, aber auch das überaus teure, weil noch seltenere Paradieskorn. All das wurde jedoch in den Schatten gestellt durch eine absolute Kostbarkeit, die sich an Deck des Schiffes befand und die man, wie Aimeric beeindruckt anmerkte, höchstens noch beim König von Frankreich finden könnte: nämlich zwei silberne, zweizackige Gabeln, über die sich der Bischof auf der Stelle empörte.
„Teufelsforke“, raunte Jean de Chevry seinem Tischnachbarn Patrice zu, „Gabeln sind eine Verhöhnung und Verärgerung Gottes!“
Elias Patrice jedoch grinste vergnügt in sich hinein und zuckte gleichgültig mit den Schultern. Er war kein übermäßig frommer Mann. Jean de Chevry dagegen war sehr daran gelegen, fromm zu erscheinen, hatte man doch einem seiner Vorgänger, Walter von Montbrun, nachgesagt, er habe Ketzer verehrt.
Nun ging ein Raunen durch den Saal. Hintereinanderweg schritten die Diener herein, um die Speisen aufzutragen. Es gab nicht weniger als zwanzig Schüsseln für das mittägliche Menü, das aus Kapaun mit Blanc-mager bestand, garniert mit Granatapfel und rotem Zuckerwerk. Danach folgten verschiedene Braten mit dreierlei Soßen, einer aus Orangen, einer Sauce cameline, die aus Ingwer, Zimt, Nelkenpfeffer und in Essig geweichtem Brot hergestellt wurde, wie der Erste Koch Rixende bei der Vorbesprechung erklärt hatte, und einer weiteren Sauce aus Sauerkirschwein. Als Zwischengericht gab es gekochte Äpfel, eingelegte Weintrauben, Pastetchen, Waffeln und Honigfeigen, und im Anschluss daran reichte man noch
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