Rob - Toedliche Wildnis
normalerweise schalteten Bewegungsmelder automatisch das Licht ein. Heute lag das Parkdeck in tiefer Dunkelheit.
Seufzend wollte er sich auf den Weg zu seinem Wagen machen, als Murat ihn zurückhielt. »Warte noch.«
»Worauf? Dass das Licht doch noch angeht?«
»Nein, dass sich unsere Augen an die Dunkelheit gewöhnen. Ich habe kein gutes Gefühl.«
»Ach was. Wir sind hier in Charleston und nicht am Hindukusch. Du übertreibst.«
»Dann übertreibe ich eben, dafür lebe ich aber vielleicht länger. Ich gehe vor und sehe mich um. Du wartest hier. Und darüber wird jetzt auch nicht diskutiert.«
Vor Ärger knirschte Rob mit den Zähnen. Dieser Befehlston nervte, und Murat ergänzte damit einige seiner Brüder perfekt. Im Prinzip war Rob der Einzige, der als Anwalt einen normalen, ungefährlichen Job hatte. Murat war vor seiner Verwundung Stellvertreter eines Talibananführers gewesen und verfügte über eine erstklassige militärische Ausbildung. Wobei der Begriff Taliban auf ihn nicht im Geringsten zutraf, denn Murat war Christ. Leider gab es keine passende Bezeichnung für Männer wie Murat, die dafür sorgten, dass ihre Familien überlebten, ohne sich dabei unbedingt an die Gesetze zu halten. Dass der Anführer ein enger Freund von Luc war, sagte genug. Obwohl Rob die Fähigkeiten seines Freundes und seiner Brüder respektierte, störte es ihn gewaltig, dass anscheinend jeder meinte, er könne nicht auf sich selbst aufpassen. Bei Murat würde er anfangen, ihm das Gegenteil zu beweisen. Aber Rob würde nicht diskutieren, sondern stattdessen einfach tun, was er für richtig hielt. Entschlossen folgte er seinem Freund. Das aufgebrachte Schnauben von Murat gefiel ihm ausgesprochen gut. Seine Zufriedenheit verflog jedoch schlagartig, als hinter dem nächsten Pfosten zwei Männer hervortraten. Das waren definitiv keine normalen Mieter, die hätten sich kaum, mit Pistole und Messer bewaffnet, in der Tiefgarage auf die Lauer gelegt.
Murat bewegte sich einige Meter zur Seite. »Du lenkst den linken ab, ich übernehme erst den mit der Pistole«, befahl er leise auf Paschtu.
Der Größere der beiden, ein Blonder, dem die Haare strähnig ins Gesicht hingen, richtete seine Waffe abwechselnd auf Rob und Murat. »Was redet ihr da? Autoschlüssel, Handys und Geld her. Aber ein bisschen plötzlich, sonst knallt es.«
Murat hob die Hände in Brusthöhe. »Ganz ruhig. Rob, gib ihm den Schlüssel.«
»Natürlich.« Rob zog langsam seinen Schlüsselbund aus der Jackentasche und wog ihn prüfend in der Hand. Perfekt. Er drückte auf den Knopf der Fernbedienung. Direkt hinter den beiden meldete sich Robs Mercedes mit einem dezenten Hupen, während gleichzeitig die Scheinwerfer aufflammten. Der Braunhaarige mit dem Messer fuhr erschrocken herum, und Rob nutzte die Chance sofort. Er sprang vor und knallte dem Typen den Schlüsselbund gegen die Schläfe. Der Kerl taumelte zwar, ging aber nicht zu Boden. Jetzt machte sich Robs jahrelanges Karatetraining bezahlt. Mit einem Tritt in den Magen setzte er nach, und dieses Mal hatte er Erfolg. Mit einem lauten Stöhnen brach sein Gegner zusammen und stand nicht wieder auf.
Als ihn jemand am Arm berührte, wirbelte Rob herum. Erleichtert ließ er seine zum Schlag erhobene Hand wieder sinken. Murat. Da sein Freund die Pistole in der Hand hielt, war der Zwischenfall offensichtlich geklärt.
»Nicht schlecht für einen Anwalt, Rob. Aber das nächste Mal kümmerst du dich als Erstes darum, dass dein Gegner seine Waffe loswird. Wenn du ihm erst das Messer aus der Hand getreten hättest, wäre dir der Kratzer erspart geblieben.«
Kratzer? Erst jetzt bemerkte Rob die blutende Wunde an seinem Arm. Außer einem leichten Pochen fühlte er keinen Schmerz, aber der Anblick reichte ihm. Verärgert betrachtete er den tiefen Riss im Stoff. »So ein Mist. Die Jacke kann ich wegschmeißen.«
»Dann kaufst du dir eben eine neue. Lass mal sehen, wie viel du abbekommen hast.« Murat reichte ein kurzer Blick. »Harmlos. Ein Pflaster reicht. Trotzdem merk dir das. Immer zuerst die Waffe, dann der Mann.«
»Das habe ich schon beim ersten Mal verstanden. Können wir dann jetzt?«
»Was ist mit der Polizei?«
»Ich telefoniere vom Wagen aus mit dem Pförtner. Der soll die Cops rufen und die Kerle einkassieren lassen. Wenn ich ihn darum bitte, wird er meinen Namen raushalten. Vielleicht haben wir Glück und gegen die beiden liegt was vor. Wundern würde es mich nicht. Ich habe jedenfalls keine Lust, die
Weitere Kostenlose Bücher