Robinson Crusoe (Illustrierte Ausgabe) - Defoe, D: Robinson Crusoe (Illustrierte Ausgabe)
den Regen von großem Nutzen sein. Ich gab mir die erdenklichste Mühe, und doch dauerte es sehr lange, bis ich ein solches Ding fertig gebracht hatte, was zusammenzuhalten versprach. Nachdem ich schon glaubte das richtige Verfahren entdeckt zu haben, mißglückten noch zwei oder drei Versuche, bis einer gelang, der mich zufrieden stellte. Die größte Schwierigkeit hatte die Einrichtung, durch die ich den Schirm zusammenlegen konnte, mir gemacht. Denn wenn ich ihn nur aufzuspannen, nicht aber auch zusammenzulegen und einzuziehen vermocht hätte, so würde ich ihn nicht anders als immer über dem Kopfe haben tragen können, und das ging doch nicht. Endlich gelang mir, wie gesagt, ein ziemlich zweckmäßiges Gestell, das ich mit Fellen, die Haare nach Außen gewendet, überzog, so daß der Regen wie von einem schrägen Dache ablief. Auch gegen die Sonne gewährte dieser Schirm so hinreichenden Schutz, daß ich jetzt in dem heißesten Wetter mit mehr Annehmlichkeit im Freien sein konnte als sonst bei kühlster Temperatur. Hatte ich ihn nicht nötig, so legte ich ihn zusammen und trug ihn unter dem Arme.
So lebte ich nun in der größten Zufriedenheit; meine Seele fand ihre Ruhe in der gänzlichen Ergebung in Gottes Willen, und ich überließ mich unbedingt den Fügungen seiner Vorsehung. Das war besser als menschlicher Umgang für mich, und so oft ich anfing, die Entbehrung eines Gesprächs zu beklagen, fragte ich mich alsbald, ob nicht der Verkehr mit meinen eigenen Gedanken und sozusagen mit Gott selbst dem größten Vergnügen, das menschliche Gesellschaft gewähren kann, vorzuziehen sei.
Im Übrigen wüßte ich nicht, daß in den nächstfolgenden fünf Jahren irgend etwas Außergewöhnliches vorgefallen wäre. Ich lebte in derselben Weise, in gleicher Lage und an demselben Orte wie bisher fort. Abgesehen von der jährlich wiederkehrenden Arbeit des Anbauens von Gerste und Reis und des Zubereitens der Rosinen, von welchen ich mir immer genug vorrätig hielt, um für ein Jahr im Voraus versorgt zu sein, und abgesehen von dem täglichen Ausgang mit meiner Flinte, bestand meine Beschäftigung hauptsächlich in dem Bau eines zweiten Canoe’s. Endlich hatte ich denn auch eins fertig gebracht. Nachdem ich einen sechs Fuß breiten und vier Fuß tiefen Kanal gegraben, gelang es auch, dasselbe fast eine halbe Meile weit den Fluß hinabzuschaffen. Jenes erste, welches so unvernünftig groß geworden war, weil ich nicht gehörig vorher überlegt hatte, wie ich es von der Stelle bewegen sollte, und von dem ich endlich eingesehen, daß ich es weder an das Wasser, noch das Wasser zu ihm bringen könnte, hatte ich liegen lassen müssen, wo es lag, als eine Mahnung für mich, ein andermal klüger zu sein. Das war ich denn auch das zweite Mal wirklich gewesen. Wenn ich auch keinen ganz passenden Baum hatte finden können und keine dem Wasser näher gelegene Stelle als eine beinahe eine halbe Meile davon entfernte, so hatte ich doch bald gesehen, daß es diesmal gelingen würde, und daß ich das Unternehmen nicht wieder aufzugeben brauchte. Obgleich ich fast zwei Jahre darauf verwendete, ließ ich mich doch keine Mühe verdrießen, in der Hoffnung, endlich ein Boot zu haben, in dem ich mich auf die See begeben könnte. Als jedoch meine kleine Pirogue fertig war, fand sich, daß ihre Größe durchaus nicht genügte, um die Absicht, die mir beim Bau der ersten vorgeschwebt hatte, damit auszuführen; ich meine die Fahrt nach dem Festlande. Der Meeresarm, der mich von diesem trennte, war über vierzig Meilen breit, daher machte die Kleinheit des Fahrzeuges diesen Plan unmöglich, und ich dachte nicht weiter daran.
Da ich das Boot aber nun einmal hatte, nahm ich mir vor, darin eine Fahrt um die Insel zu unternehmen. Denn als ich früher zu Lande, wie ich es beschrieben habe, auf der anderen Seite derselben gewesen war, hatten mir die bei dieser Gelegenheit gemachten Entdeckungen die größte Lust erweckt, auch noch weitere Teile der Küste kennen zu lernen. Deshalb beschäftigte mich jetzt, wo ich mich im Besitze eines Bootes sah, kein anderer Gedanke, als eine Segelfahrt um die Insel anzustellen. Zu diesem Zwecke, und um es an keiner Vorsicht und Überlegung fehlen zu lassen, errichtete ich einen kleinen Mast in meinem Boote und befestigte daran ein Segel, das ich aus einem der alten Schiffssegel angefertigt hatte, von denen ich einen großen Vorrat aufbewahrte. Als Mast und Segel angebracht waren, probierte ich das Boot und fand,
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