Robinson Crusoe
Felsens, wo ich durch bloßen Zufall (würde ich sagen, wenn ich nicht guten Grund hätte, diese Dinge alle der Vorsehung zuzuschreiben) einige dicke Äste abhieb, um Holzkohle zu machen. Ehe ich jedoch weitergehe, muß ich zuvor den Grund angeben, warum ich Holzkohle machte. Ich fürchtete mich, wie gesagt, Rauch bei meiner Wohnung zu machen, und gleichwohl konnte ich nicht leben, ohne mir mein Brot zu backen, mein Fleisch zu kochen usw. So verfiel ich darauf, hier etwas Holz unter Torf zu brennen, wie ich es in England gesehen hatte, bis es zu Kohle wurde, machte dann das Feuer aus, trug die Kohlen heim und benutzte sie, wo ich sonst Feuer gebraucht hatte.
Doch dies nebenbei. Als ich hier nun etwas Holz abhieb, entdeckte ich hinter einem dichtbelaubten Ast im niederen Gestrüpp eine Art Höhle. Ich war neugierig, hineinzuschauen, und gelangte mit einiger Mühe in die Öffnung. Ich fand sie ziemlich groß, so daß ich aufrecht darin stehen konnte und vielleicht noch einer neben mir Platz gehabt hätte. Aber ich muß gestehen, ich kam viel geschwinder wieder heraus als hinein. Denn als ich tiefer in die Höhle schaute, sah ich in der Finsternis zwei große, funkelnde Augen. Ob vom Satan oder einem Menschen, wußte ich nicht. Sie glänzten wie zwei Sterne, da der Schimmer Licht vom Eingang der Höhle her gerade auf sie fiel und sich in ihnen spiegelte.
Gleichwohl erholte ich mich nach einiger Zeit, schalt mich selber tausendmal einen Narren und hielt mir vor, wer sich fürchte, den Teufel zu sehen, müßte ja wohl nicht zwanzig Jahre einsam auf einer Insel gelebt haben, und ich dürfte getrost glauben, daß nichts Erschrecklicheres als ich selber in der Höhle sei. Auf diese Weise machte ich mir Mut, holte eine große Fackel und ging schnell wieder hinein mit dem brennenden Stock in der Hand. Ich war noch keine drei Schritte weit, als ich noch heftiger als vorher erschrak; denn ich hörte einen lauten Seufzer, wie von jemandem, der Schmerzen hat; dann folgten ein paar gebrochene Laute wie halb gestammelte Worte und dann wieder ein tiefer Seufzer. Ich wich wieder zurück und war wirklich so erschrocken, daß mir der kalte Schweiß ausbrach, und wenn ich einen Hut aufgehabt hätte, will ich nicht beschwören, daß meine Haare ihn nicht hochgehoben hätten. Aber ich nahm von neuem all meinen Mut zusammen und sagte mir, daß Gottes Macht und Wille allgegenwärtig sei und mich beschützen werde. Darauf drang ich nochmals vor, und beim Scheine der Fackel, die ich etwas über meinen Kopf hielt, sah ich einen alten, grauenhaft scheußlichen Ziegenbock, der gerade gleichsam sein Testament machte, in den letzten Zügen lag und vor Alter verenden wollte. Ich stieß ihn ein wenig an, um zu versuchen, ob ich ihn nicht herausbringen könnte. Er bemühte sich aufzustehen, war aber zu schwach, und ich dachte mir, er könnte ebensogut da liegen bleiben; denn wenn er mich so erschreckt hatte, würde er gewiß auch einen Wilden, der sich hier etwa hereinwagte, verscheuchen.
Ich hatte mich nun von meinem Schreck völlig erholt, begann mich umzuschauen und fand, daß die Höhle nur sehr klein war, nämlich etwa zwölf Fuß lang, aber ganz unregelmäßig, weder rund noch viereckig, da keine Menschenhand daran gerührt, sondern die Natur allein sie geschaffen hatte. Ich merkte auch, daß sie noch tiefer hineinging, aber so niedrig, daß ich auf Händen und Knien kriechen mußte, ohne jedoch an ein Ende zu kommen. Da ich keine Kerze hatte, gab ich es nach einiger Zeit auf, beschloß jedoch, morgen mit Kerzen und einem Feuerzeug wiederzukommen, das ich mir aus dem Schlof3 einer Muskete und einer Zündschnur gemacht hatte.
Am nächsten Tage kehrte ich also mit sechs großen Kerzen zurück, die ich mir selber aus Ziegentalg gemacht hatte. Ich mußte durch besagten niedrigen Teil fast zehn Schritte weit auf allen vieren kriechen, was wohl ein ziemlich gewagtes Unternehmen war, wenn man bedenkt, daß ich nicht wußte, wie weit es ginge und was dahinter käme. Als ich aber durch die Enge hindurch war, fand ich, daß die Decke höher wurde, ich glaube nahe an zwanzig Fuß; aber noch niemals hatte ich auf der Insel ein so herrliches Schauspiel gesehen wie jetzt, als ich das Dach und die Wände dieses Gewölbes erblickte. Die Wände spiegelten in hunderttausend Lichtern von meinen Kerzen. Was eigentlich in dem Felsen war, ob Diamanten oder andere Edelsteine oder Gold, woran ich zu glauben neigte, wußte ich nicht.
Jedenfalls befand ich mich in einer
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