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Robinson Crusoe

Robinson Crusoe

Titel: Robinson Crusoe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
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Einrichtung der Welt verhängt hatte, daß sie keinen anderen Führer hatten als ihre eigenen abscheulichen und verderbten Triebe und infolgedessen, vielleicht schon seit grauen Zeiten, dem Schicksal überlassen blieben, so gräßliche Dinge zu vollführen und so entsetzlichen Bräuchen zu huldigen, wie nur eine völlig von Gott verlassene und höllisch entartete Natur sie ihnen eingeben konnte. Jetzt aber, da ich, wie gesagt, der fruchtlosen Ausflüge müde wurde, die ich jeden Morgen unternommen hatte, änderte sich auch meine Ansicht über die Sache, und ich dachte kühler und ruhiger darüber nach, worauf ich mich eigentlich hatte einlassen wollen. Welches Recht oder welchen Beruf hatte ich, mich als Richter und Rächer über diese Menschen zu stellen, denen der Himmel seit Menschengedenken ungestraft erlaubt hatte, aneinander die Vollstrecker seines Gerichtes über sie zu sein? Inwiefern hatten die Leute an mir gefrevelt, und was für ein Recht hatte ich, mich in ihre Streitigkeiten zu mischen, bei denen sie gegenseitig ihr Blut vergossen? Ich ging darüber sehr oft mit mir selber zu Rate und fragte mich: Wie kann ich wissen, wie Gott in diesem besonderen Fall richten würde? Es ist gewiß, daß diese Leute ihre Schändlichkeiten nicht als Verbrechen begehen. Sie handeln nicht gegen ihr eigenes Gewissen. Sie wissen nicht, daß es ein Unrecht ist, und tun es also auch nicht, wie wir Christen meist in unseren Sünden, aus Trotz gegen die göttliche Gerechtigkeit. Sie halten es ebensowenig für ein Verbrechen, einen Kriegsgefangenen umzubringen, wie wir, wenn wir einen Ochsen schlachten, und essen Menschenfleisch, wie wir Hammelfleisch essen.
Als ich dies alles erwogen hatte, mußte ich zu dem Schluß kommen, daß ich sicherlich unrecht hätte; daß diese Leute keine Mörder seien, ebensowenig wie die Christen Mörder sind, die oft ihre in der Schlacht gemachten Gefangenen töten oder noch öfter ganze Scharen von Menschen bei jeder Gelegenheit ohne Pardon über die Klinge springen lassen, wenngleich sie die Waffen gestreckt und sich ergeben haben. Diese Betrachtungen gaben mir gleichsam einen Ruck, daß ich innehielt und nach und nach meinen Anschlag fahrenließ, in der Erkenntnis, daß ich übelgetan mit meinem geplanten Strafgericht über die Wilden.
Weiter bedachte ich, daß, obwohl der Brauch, den sie gegeneinander übten, so bestialisch und unmenschlich war, mich dieses in Wahrheit ja gar nichts anging. Diese Menschen hatten mir nichts zuleide getan. Hätten sie mich angegriffen oder wäre es zu meiner Selbsterhaltung nötig gewesen, über sie herzufallen, so hätte sich etwas dafür sagen lassen; aber das lag bis jetzt ja noch nicht in ihrer Macht; sie wußten ja noch gar nichts von mir und führten folglich auch nichts gegen mich im Schilde, und deshalb hatte ich auch kein Recht, sie zu überfallen. Denn damit hätte ich ja auch alle die Barbareien gerechtfertigt, die die Spanier in Amerika begingen, wo sie Millionen der Menschen dort umbrachten, die zwar Götzendiener und Barbaren waren und allerlei blutige und barbarische Bräuche hatten, wie zum Beispiel, daß sie ihren Götzen Menschenopfer darbrachten, die aber trotzdem für die Spanier völlig unschuldige Leute waren, daher ja heutzutage sogar von den Spaniern selbst und von allen anderen christlichen Völkern Europas nur mit dem größten Abscheu und Entsetzen von dieser Ausrottung gesprochen wird als von einer bloßen Schlächterei, einer blutigen und widernatürlichen Grausamkeit, die weder vor Gott noch vor den Menschen zu rechtfertigen ist und durch die der bloße Name «Spanier» für alle Völker, bei denen Menschlichkeit und christliches Mitgefühl etwas gilt, zu einem Schrecken und Greuel geworden ist, gleich als täte sich das Königreich Spanien besonders hervor durch Erzeugung einer Menschenrasse ohne alle Grundsätze der Nächstenliebe und ohne das einfachste Mitgefühl mit den Leidenden, das doch allenthalben als Merkmal edler Gesinnung gilt.
Die Betrachtungen gaben mir gleichsam einen Ruck, daß ich innehielt und nach und nach mein Vorhaben fahrenließ, in der Erkenntnis, daß ich unrecht hatte mit meinem geplanten Strafgericht über die Wilden; daß es nicht meine Sache war. mich mit ihnen einzulassen, außer wenn sie mich zuerst angriffen, und daß es mir nur oblag, dem womöglich zuvorzukommen. Entdeckten sie mich aber und griffen mich an, dann wußte ich.
was ich zu tun hatte. Andererseits sagte ich mir aber auch, daß das ja in

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