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Robotermärchen

Robotermärchen

Titel: Robotermärchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem , Daniel Mróz
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heute währt. Wenn sie dann so überlegen, erfaßt sie Neugier, wie es
    wohl zuvor gewesen sein mag, aber sie können das Rätsel nicht lösen. Damit war es aber so. Während des vorigen Universums lebten zwei Konstrukteure, die unvergleichliche Meister der Kosmogonie waren, so daß es nichts gab, was sie nicht hätten konstruieren können. Um etwas bauen zu können, braucht man zunächst einen Plan, diesen Plan muß man sich ausdenken, denn wo soll man ihn sonst hernehmen? So beratschlagten die beiden Konstrukteure Mikromil und Gigacjan, wie man herausfinden könne, was sich noch konstruieren ließe außer den Absonderlichkeiten, die ihnen in den Sinn kamen. „Ich kann alles tun, was mir einfällt", sagte Mikromil, „doch will mir nicht alles einfallen. Das schränkt mich ein, genauso wie dich — wir können nämlich nicht alles denken, was es zu denken gibt, und es kann durchaus sein, daß etwas anderes, nicht aber das, was wir uns ausgedacht haben und was wir tun, wert wäre, verwirklicht zu werden. Was meinst du?" „Gewiß, recht hast du", erwiderte Gigacjan, „aber welchen Weg siehst du?"
    „Was immer wir tun, tun wir aus Materie", entgegnete
    Mikromil, „in ihr liegen alle Möglichkeiten begründet, planen wir ein Haus, bauen wir es, planen wir einen Kristallpalast, dann schaffen wir einen Palast, fassen wir einen denkenden Stern ins Auge, können wir auch den konstruieren. Gleichwohl gibt es in der Materie mehr Möglichkeiten als in unseren Köpfen; man müßte daher der Materie einen Mund geben, damit sie uns selbst erzählt, was sich aus ihr noch alles machen ließe und worauf wir selbst nicht kommen!"
    „Ein Mund wäre vonnöten", pflichtete Gigacjan ihm bei,
    „aber er genügt nicht, denn er wird das ausdrücken, was der Geist gebiert. So muß man der Materie nicht nur einen Mund einsetzen, sondern sie auch zum Denken anleiten, dann wird sie uns bestimmt alle ihre Geheimnisse offenbaren." „Gut gesprochen", erwiderte Mikromil. „Die Sache verdient, daß man sich mit ihr befaßt. Ich verstehe sie folgendermaßen: Da alles Seiende Energie ist, muß aus ihr das Denken aufgebaut werden, und man hat also mit dem Kleinsten, mit dem Quant anzufangen; das Quantendenken muß in dem winzigsten aus Atomen gebauten Käfig eingefangen werden, wir müssen also die Sache als Atomingenieure in die Hand nehmen und dürfen in unserem Bemühen nach Verkleinerung nicht nachlassen. Wenn ich hundert Millionen Genies in die Tasche schütten kann, wenn sie leicht Platz darin finden, ist das Ziel erreicht: diese Genies werden sich vervielfältigen, und die erste beste Handvoll denkenden Sandes wird unsereins raten können, was man zu tun und wie man zu handeln hat!"
    „Nein, so nicht!" versetzte Gigacjan hierauf. „Umgekehrt
    wird ein Schuh daraus, alles nämlich, was ist, ist Masse. Aus der gesamten Masse des Universums muß daher ein Hirn gebaut werden, das außergewöhnlich groß und voll des Denkens ist; frage ich es, so wird es mir alle Geheimnisse des Alls offenbaren — nur es allein. Dein geniales Pulver ist eine unwirksame Mißgeburt, wenn nämlich jedes denkende Körnchen etwas anderes sagt, wirst du dich darin verlieren und keineswegs dein Wissen bereichern!" Ein Wort gab das andere, und beide Konstrukteure zerstritten sich dermaßen, daß davon keine Rede mehr sein konnte, die Aufgabe gemeinsam in Angriff zu nehmen. Sie schieden also, einander gegenseitig verspottend, und jeder ging auf eigene Art an die Sache heran. Mikromil fing Quanten, schloß sie ein in Atomkäfige, und da sie in Kristallen am meisten beengt waren, leitete er Diamanten, Chalcedone und Rubine zum Denken an; mit Rubinen hatte er auch den größten Erfolg, er fing soviel vernünftige Energie darin, daß es nur so funkelte. Er hatte auch noch eine Masse anderen selbstdenkenden Kleinkrams, wie Smaragde, die von leuchtendem Grün waren, Topase, die in Gelb exzellierten, das rote Auge der Rubine sagte seinem Auge jedoch am meisten zu. Während Mikromil sich also im Chor der kreischenden Kleinchen abmühte, widmete Gigacjan unterdessen seine Zeit den Riesen; er rollte mit größtem Kraftaufwand Sonnen und ganze Milchstraßen heran, verschmolz und vermischte sie, schweißte sie zusammen und verband sie miteinander und hatte alle Hände voll zu tun, bis er einen Kosmosriesen geschaffen hatte, der so allumfassend war, daß außer ihm fast nichts mehr übrigblieb als eine Ritze, in der sich Mikromil mit seinen Kleinodien befand. Nachdem beide ihr

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