Rockoholic
den Saal rocken.
Die heiÃe Schokolade schmeckt wie flüssiger Sonnenschein. Manchmal sind Opa und ich nach unten in die Küche geschlichen und haben uns heiÃe Schokolade und Käse- oder Marmite-Brote gemacht. Wir haben das Brot gern in den Kakao getunkt. Mum mochte das nicht, sie fand es kindisch. Darum haben wirâs immer heimlich gemacht. Ich schiebe meine freie Hand in die Tasche und schlieÃe meine Finger fest um das Mondstück.
»Dieser Stein ist vom Mond gefallen, Jody. Neil Armstrong höchstpersönlich hat ihn da runtergekickt und ich hab ihn aufgefangen. Er ist magisch. Pass ja gut drauf auf.«
»Mach ich, Opa, versprochen.«
08:31 Uhr
Ich fange den Blick von Zebra-Girl auf, tue aber so, als ob ich auf das Plakat hinter ihr schaue. Drei weitere Fans tauchen in einem roten Opel Corsa auf â ein zierliches, rothaariges Mädchen mit einer Tasche, die von Fotos übersät ist, ein blonder Junge in einem orangefarbenen Overall, der Weizenpops aus der Schachtel mampft, und ein schlaksiger Typ, der aussieht, als ob er sich seine Haare abgeschnitten und sie büschelweise an seine Backen geklebt hätte. Ist mir alles viel zu gewollt.
8:38 Uhr
Mac und ich sitzen auf der Mauer und spielen mit der Piano- und Dress-up-App seines iPods. Es geht ein kalter Wind, aber neben Mac in seiner Bomberjacke zu sitzen wärmt mich. Der haarige Typ aus dem Opel Corsa fragt Mac, ob er »Gras oder Crystal oder Uppers« habe und Mac sagt: »Nee, tut mir leid.« Dann fragt der Kerl, ob er Feuer habe, und wieder sagt Mac Nein. Mac raucht nicht wegen seiner Singerei.
9:00 Uhr
Leute in Anzügen und Röcken gehen mit klackernden Absätzen an uns vorbei. Ich bin froh, dass ich heute nicht zur Arbeit muss. Ich arbeite bei Bumblebees, dieses dreigeschossige Reihenhaus, das zu einer Kindertagesstätte umgebaut worden ist. Die einzigen Mitarbeiter dort, mit denen ich auskomme, sind Alice und Serena, denn die haben wenigstens schon mal von den Regulators gehört. Und ich mag nun mal nur über die Regs quatschen. Aber Alice züchtet Stabheuschrecken und Serena hält Gary Barlow für ein Genie. Und meistens unterhalten wir uns eben darüber.
9:31 Uhr
Wir proben Macs Schrittfolge zu einem seiner Rocky-Horror-Songs, The Time Warp .
10:12 Uhr
Der haarige Junge nimmt die kleine Rothaarige Huckepack. Danach knutschen sie eine Ewigkeit lang rum, mit Geschmatze und allem. Uäh! Noch mehr Fans stellen sich in die Schlange â Jungs in Shorts, dürre Mädchen in Strumpfhosen mit Weste. Es sind was, zehn Grad Minus? Ich kann mich nicht beherrschen und werfe ihnen böse Blicke zu. Ich frage Mac, was »Crystal oder Uppers« sind. »Drogen«, sagt er. »Was hast du denn gedacht, Waschpulver?« Er lacht. Ich lache, aber so was in der Art hatte ich tatsächlich gedacht, ja.
10:46 Uhr
Ein Bus fährt vor, lädt ein paar Fans ab und noch ein paar andere Leute in schicken Klamotten, die in die Stadt wollen. Als der Bus wegfährt, lehnen sich ein paar Typen aus dem Fenster, rotzen aufs Pflaster und brüllen »Ihr Opfer!« zu uns rüber. Ich nehme das Mondstück und streiche mir mit seiner glatten Seite über die Wange.
10:58 Uhr
Es gibt nichts weiter anzuschauen als die Kinoplakate auf der anderen StraÃenseite, drum müssen drastische MaÃnahmen her: Das OK! -Magazin. Wir bepissen uns eine Weile über die Promis und ihre »Schaut euch nur mein ellenlanges Sofa an«-Posen, dann fängt Mac aus dem Nichts an, mit Nummer 13 in der Schlange darüber zu quatschen, dass er schwangere Wetteransagerinnen ätzend findet. Nummer 13 sieht aus wie das Mädel aus Harry Potter, aber mit schwarzen Haaren und nicht ganz so schick.
11:44 Uhr
Eine Mädchengruppe und ein Junge mit Locken und grünem Schulblazer stellen sich hinten an. »Ist das hier die Reg-Schlange?«, fragt der Grüne Blazer mit gespielt besoffener Stimme. Dann merke ich, dass er in echt besoffen ist. Er holt eine Flasche Jack Daniels aus der Innentasche seines Blazers und nimmt einen Schluck, verzieht dabei das Gesicht, als würde er Säure trinken. Es ist Vormittag und er ist wie alt, vierzehn? Er lacht so wie alle Typen, die so sind wie er, Har, har, har, har.
11:45 Uhr
»Das warâs, ich muss jetzt mal los in die Stadt«, sagt Mac und klatscht in die Hände. »Sonst macht sich meine Visakarte noch ohne mich auf die Socken.
Weitere Kostenlose Bücher