Roeslein tot
bei uns umananderschleichn, auch wenn i boid fortziag.«
»Die Gräfin Lohberg hat behauptet, sie sei gekommen, um mit Herrn Schultes über die Rose zu verhandeln«, erklärt der Wellmann. »Der sei ja viel zugänglicher als der alte Herr Schladerer. Sie habe gewusst, dass er am Donnerstag zum Schafkopfen gehen würde, und eine Weile über den Zaun geschaut, aber Herrn Schultes nirgendwo gesehen. Da sei sie wieder weggefahren. Wir haben ihr lange nicht geglaubt. Am Ende wird es wohl die Wahrheit gewesen sein, denn die Fürstin haben wir ja auf einem Familiengrab der Sprengers gefunden und nicht auf ihrem. Und wegen der Kette kann ich Sie beruhigen. Herr Berglmaier hat damit nichts zu tun. Herr Sprenger hat sie aus dem offenen Fenster des fahrenden Wagens in Berglmaiers Hof geworfen, um den Verdacht des Rosendiebstahls auf ihn zu lenken. Die Kette ist rein zufällig im Misthaufen gelandet.«
»Zufälle gibt’s!«
»Ja, Zufälle gibt’s, und das, obwohl unsere Disziplin, die Kriminologie, schon seit ihrem Entstehen daran arbeitet, den Zufall auszurotten. Irgendwie will es nicht klappen. Aber manchmal kommt uns der Zufall auch zu Hilfe. Das spontane Geständnis von Herrn Fontane muss ein Schock für Sie gewesen sein. Ich hoffe, Sie sind einigermaßen darüber hinweggekommen.«
Spontane – Fontane, wie schön sich das reimt. Trotzdem ist es total falsch. Spontan? Da kann ich ja nur lachen! Der Fall ist gelöst, weil der gute Keim im Pfarrer erfolgreich mit Blut begossen wurde. Und zwar einzig und allein aufgrund unserer pflanzlichen Anstrengungen. Aber erzähl das mal einem Menschen.
Ich sehe die Anni zum Wellmann ins Auto steigen. Legt er da etwa den Arm um sie? Ich kann es nicht richtig erkennen.
Epilog
Das Leben hat die Anni schon arg gebeutelt in letzter Zeit. Doch allmählich ist Ruhe eingekehrt. Ein neuer Alltag. Sie werkelt fleißig in ihrer neuen Gärtnerei. Manchmal besucht sie ihren Vater im Gefängnis. Die zwei verstehen sich eigentlich nicht viel schlechter als vor dem Mord.
Große Neuigkeiten gibt es auch. Diesen Samstag wird aus der Frau Schultes die Frau Wellmann. Selbstverständlich ohne Pfarrer, als Geschiedene. Egal. Der, den sie gewollt hätte, ist sowieso nicht verfügbar. Ich bin leider nicht zur Hochzeit eingeladen. Trotzdem freue ich mich. Nachwuchs erwartet sie auch schon. Die konnten es halt nicht abwarten.
Um für die Familie Zeit zu haben, hat sich die Anni eine Gärtnermeisterin, mit der sie zusammen in der Berufsschule war, als Partnerin für die Rosenzucht geholt. Das alles erfahre ich bei ihren »ab-und-zu«-Besuchen, die leider immer seltener werden.
Die Anni ist fast immer weg, der Sepp ist für immer weg, und der Einzige, der bleibt, ist ausgerechnet der Jens. Wenn der wüsste, was er mir zu verdanken hat, er würde mir jeden Tag den Wurzelteller küssen. Aber der hat ja keine Ahnung. Die Welt ist schon ungerecht. Wenigstens lässt er mich in Frieden. Neuerdings läuft er immer so geschäftig herum, dass er mich überhaupt nicht mehr zur Kenntnis nimmt. Land hat er gekauft, jeden Tag werden neue Maschinen angeliefert, und Gespräche mit künftigen Angestellten hat er auch schon geführt. Alle aus Norddeutschland.
Die Anni fehlt mir sehr. Doch ich bin guter Dinge. Denn ein wahrhaft Liebender ist glücklich, wenn das geliebte Wesen glücklich ist.
Hannsdieter Loy
KIRCHWIES
Landkrimi
ISBN 978-3-86358-225-8
Leseprobe zu Hannsdieter Loy,
KIRCHWIES
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Kirchwies
Diese Geschichte berichtet vom Dorf Kirchwies, welches »Das Herzlichste« genannt wird. Sie erzählt von seinen Eigenheiten und von denen der Bewohner und schildert den Mord, der die Einwohner verschreckt aufscheuchte und kopflos werden ließ. Sie erzählt, wie es zu dem Mord kam, warum gerade diese Leiche gefunden wurde und nicht eine andere und welche Rolle der Bürgermeister Campari und der Pater Timo dabei spielten. In Kirchwies, einer Insel des Friedens im Voralpenland, ist dies alles wohlbekannt, sehr oft schon erzählt und ausgetratscht worden. Denn der Bayer, wenn er in Fahrt ist, neigt zu Übertreibungen.
Kirchwies ist ein etwas schief geratenes Gebirgsdorf und liegt an einem bauchigen Hang, einen kleinen See zu Füßen und einen dunklen Fichten- und Kiefern-Wald sowie den Berg im Rücken. Metzgerei, Bäckerei, der Uhrmacher, der Schmied, die Dorfwirtschaft, die bezaubernde, von Linden beschattete Dorfstraße mit lüftlbemalten Häusern – neben jedem wächst mindestens ein Obstbaum – reihen sich
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